Odyssey 01 - In die Dunkelheit
haben von sich aus nachgeforscht, wo die Archangels abgeblieben sind?«
»Ja, Sir«, erwiderte Roberts ungerührt.
»Gut.« Weston schwieg auffällig lange, dann nickte er. »Sehr gute Arbeit, Commander.«
Roberts wandte den Kopf, weil in diesem Augenblick ein leises Rumpeln im Hangar zu hören war. »Das wird wohl das erste Shuttle sein, das durch die Luftschleuse kommt, Sir.«
»In Ordnung, Commander, kehren Sie jetzt zur Brücke zurück. Ich komme bald nach.«
»Ja, Sir.« Commander Roberts machte sofort kehrt und hielt auf den Ausgang zu.
Während Weston darauf wartete, dass das Shuttle andockte und er die Neuankömmlinge begrüßen konnte, war er körperlich zwar präsent, aber geistig völlig abwesend, denn ihn beschäftigte der Tod der Pilotin, die er gut gekannt hatte.
Zwangsläufig waren Kampfjägerstaffeln sehr kleine militärische Einheiten. Im letzten Krieg war es den Archangels gelungen, ihre Verluste so gering zu halten wie es kaum eine andere Einheit geschafft hatte. Und wenn jemand ihres Trupps im Gefecht fiel, traf es alle verdammt schwer.
Sobald alle Archangels wieder an Bord waren, würde Weston gemeinsam mit Stephanos etwas sehr Wichtiges erledigen.
17
Nachdem sich Milla vergewissert hatte, dass alle Überlebenden ihre provisorischen Unterkünfte bezogen hatten, schlenderte sie gedankenverloren durch die Gänge der Odyssey . Der Capitaine hatte sehr deutlich gemacht, dass die Flüchtlinge die ihnen zugewiesenen Bereiche nicht verlassen durften. Nur für Saraf und sie galten Ausnahmegenehmigungen. Milla wusste nicht genau, wo sie hin wollte. Sie hatte lediglich den Drang verspürt, sich die Beine zu vertreten.
Irgendwann blieb sie an einem der unauffälligen Terminals des Schiffs stehen und stellte dem Computer eine Frage: »Wo kann ich Commander Stephanos finden?«
»Im Personenverzeichnis des Schiffs ist kein Commander Stephanos aufgeführt.«
Milla überlegte einen Augenblick, bis ihr das frühere Gespräch mit Stephanos einfiel. »Dann sag mir bitte, wo sich Commander Michaels derzeit aufhält.«
»Commander Michaels befindet sich gegenwärtig auf Deck acht, im zweiten Habitat. Im Trainingsraum.«
Sie brauchte zwar dreißig Minuten dazu, aber schließlich fand Milla den Ort, den der Computer ihr genannt hatte. Am Trainingsraum angekommen, drückte sie auf den Türsummer.
»Es ist offen!«, rief eine durch die Tür gedämpfte, dennoch gut verständliche Stimme.
Zögernd trat Milla ein, da sie nicht sicher war, was hier auf sie wartete. Vielleicht Fitness-Geräte und anderes Trainingszubehör? Stattdessen sah sie einen lang gestreckten Raum vor sich, der ihr für eine Trainingseinrichtung an Bord eines Schiffes sehr großzügig bemessen vorkam. Stephanos stand untätig ein paar Meter von ihr entfernt und hielt lässig ein klobiges schwarzes Gewehr in der Hand.
»Ich … Ich wusste nicht, dass Sie …«, stammelte Milla. Waffen, die man von Hand bediente, waren ihr trotz ihrer Erfahrung mit Bordgeschützen ziemlich fremd. Es kam ihr irgendwie unmittelbarer, persönlicher – und endgültiger – vor, mit einer Waffe, die man selbst in den Händen hielt, auf einen Gegner zu schießen.
»Keine Sorge, ich will nur etwas Dampf ablassen.« Stephanos, auf dessen Stirn Schweißperlen glänzten, wirkte zwar entspannt, aber sie vermisste das ihr vertraute Lächeln.
»Mit einer Waffe?« Milla schauderte es. Ihr fiel auf, dass sich Stephanos’ Miene veränderte. Aus Ärger?
»Für manche Menschen ist das Abfeuern einer Waffe die wirksamste Therapie. Damit kann man in sehr kurzer Zeit Aggressionen abbauen. Sie können ruhig dableiben, wenn Sie möchten. Ich werde noch eine ganze Weile hier sein.«
Fasziniert sah Milla zu, wie Stephanos seine »Therapie« fortsetzte und die Aufmerksamkeit wieder der Waffe zuwandte.
Sie war genauso konstruiert wie die Waffen, die die Soldaten der Spezialeinheit mitnahmen, wenn sie einen Planeten erkundeten. Relativ kurz für ein Gewehr, eine kompakte Mehrzweckwaffe. Mit dem Daumen bediente Stephanos den Auswurfhebel für den Ladestreifen, der laut scheppernd auf dem Boden aufschlug. Danach ging er zu einer kleinen Werkbank hinüber und klappte die Waffe so auf, dass zwei lange blaugrüne Magazine sichtbar wurden, die er ebenfalls auswarf. Nach sorgfältiger Untersuchung der Magazine setzte er sie wieder ein und ließ sie einrasten. Schließlich nahm er einen neuen Ladestreifen von der Werkbank, knallte ihn an der dafür vorgesehenen Stelle in
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