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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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einiger politischer Prinzipien dieses Landes gewärtig sein, die Sie offenbar nicht wahrhaben wollen. Eines davon ist die Unabhängigkeit der Justiz. Selbst wenn Coleman und Turturo meine Brüder wären, könnte ich in meiner Eigenschaft als Präsidentin ihren Prozess weder verhindern noch beeinflussen. Wenn die beiden unschuldig sind, werden sie freigelassen, und wenn nicht, werden sie verurteilt. So einfach ist das.«
    »Ich fordere die sofortige ...«
    »Halten Sie den Mund, Jackson, und hören Sie mir zu. Das zweite Prinzip ist das der Solidarität. Sollten die Vereinigten Staaten sich tatsächlich entschließen, Burkina Faso anzugreifen, um zwei Spione freizubekommen und sich eines unterirdischen Wasservorrats zu bemächtigen - denn darum geht es doch eigentlich bei dieser Farce, nicht wahr? -, käme uns nicht nur ganz Afrika zu Hilfe, dessen interne Fehden in einem solchen Fall keine Rolle mehr spielen würden, sondern auch eine Menge nördlicher Länder wie zum Beispiel Europa oder China. Sehr bald schon stünde wieder einmal die ganze Welt gegen die Vereinigten Staaten. Denken Sie an den Zusammenbruch des Weltreichs. Begehen Sie nicht den gleichen Fehler ein zweites Mal.«
    Der Botschafter öffnet den Mund, um erneut zu protestieren, doch es gibt nichts zu erwidern: Jackson muss zugeben, dass die Präsidentin mit ihrer politischen Analyse nur allzu richtig liegt. Burkina ist das typische Opferland ohne Verteidigungsmöglichkeit und ohne Reichtum, während die Vereinigten Staaten nach wie vor als bösartiges Raubtier gelten, das zwar ein paar Haare gelassen hat, aber immer noch zubeißen kann. Die Weltgemeinschaft würde zwangsläufig die Verteidigung Burkinas übernehmen. Allerdings können sich die Vereinigten Staaten keinen weiteren unpopulären Krieg leisten; das desaströse Abenteuer gegen Mexiko im Jahr 2021 ist allen noch in überaus lebhafter Erinnerung.
    Als der indianische Präsident von Mexiko, Raul del Rio, Ende 2020 erklärte, das nordamerikanische Freihandelsabkommen ALENA mit Ablauf der Verträge verlassen und sich der ASEAN, dem asiatischen Äquivalent, anschließen zu wollen, fassten die Vereinigten Staaten diesen Schritt als Verrat und persönlichen Affront gegen Präsident Cornell auf. Die CIA zettelte einen Staatsstreich an, der allerdings scheiterte, und die Vereinigten Staaten nahmen die angebliche politische Instabilität zum Vorwand, das Land und damit die letzten noch bewirtschafteten Ölquellen zu »sichern«. Bereits im Irakkrieg im Jahr 2003 war man nach einer ähnlichen Methode vorgegangen. Dieses Mal jedoch lief alles schief. Nicht nur, dass sich die Mexikaner mit unerwartet gut bewaffneter Unterstützung wütend zur Wehr setzten, sondern ganz Südamerika erhob sich wie ein Mann gegen die Vereinigten Staaten. Nordamerikanische Fabriken wurden zerstört oder sabotiert, und Geschäfte, Banken, Gebäude, Niederlassungen und Botschaften auf dem gesamten Kontinent waren Ziele von Vergeltungsaktionen. Bald schon gab es Tausende von Toten auf beiden Seiten. Schließlich kamen China und der asiatische Block Mexiko offiziell zu Hilfe, während einige europäische Länder sich eher inoffiziell in Form von Waffenlieferungen sowie logistischer und humanitärer Unterstützung beteiligten. Den Vereinigten Staaten blieb nur die Wahl, sich entweder auf einen Krieg einzulassen oder sich einigermaßen würdevoll aus Mexiko zurückzuziehen. Cornell entschied sich für die harte Gangart. Darauf erhoben sich in fast allen großen amerikanischen Städten hispanische Guerillagruppen. Die spanischsprachigen Bundesstaaten Kalifornien und Neumexiko erklärten ihren Austritt aus dem Bund, erkannten die Bundesregierung nicht länger an und öffneten ihre Grenzen für die Flüchtlinge des »ungerechtfertigten Interventionskrieges«. Beim zehntausendsten getöteten GI gab sich Cornell geschlagen. Nicht etwa aus Menschlichkeit - dieses Wort existiert im offiziellen Sprachgebrauch nicht -, sondern wegen leerer Kassen. Das Land war ruiniert und zerstört. Die hispanischen Straßengangs legten Feuer an die letzten noch geöffneten Kaufhäuser in den großen Städten. Unternehmen machten ihre Fabriken dicht und verlagerten die Produktion in ruhigere Länder. Arbeitslosigkeit, Armut und Unsicherheit erreichten historische Rekordhöhen. Kreditgeber wurden unruhig und forderten die Rückzahlung der Anleihen. Es gab nicht mehr ausreichend Kerosin, um Tarnkappenbomber nach Mexiko zu schicken, und auch kein Geld, um die

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