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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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teilnehmen zu dürfen, bei der sie genau hinhören und sich später in aller Ruhe eine Meinung bilden wollte. Jetzt fühlt sie sich verraten. Am liebsten würde sie aufstehen und gehen.
    Doch es ist zu spät. Die letzten Teilnehmer sind angekommen und haben sich einen Platz gesucht, die Türen werden geschlossen und die Lichter gedimmt - bis auf einen einzigen Scheinwerfer, der auf den Altar gerichtet ist. Ein Mann betritt den Altarraum. Auch er ist ganz in Weiß gehüllt, überragt jedoch mit einer Körpergröße von mehr als zwei Metern alle Anwesenden.
    »Moses Callaghan höchstpersönlich«, flüstert Nelson Pamela aufgeregt zu. »Das ist wirklich eine hohe Ehre für Sie.«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das verdiene. Ich glaube, ich würde lieber verschwinden.«
    »Pst! Er wird gleich predigen.«
    Callaghan schlägt ein Kreuzzeichen. Alle anderen tun es ihm nach. Anschließend stimmt er mit sonorer, bis in den letzten Winkel hörbarer Stimme ein Gebet an, in das alle Anwesenden einfallen: »Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme...« Pamela schließt sich mit Inbrunst an. Hier bewegt sie sich auf bekanntem Terrain.
    Nach dem Gebet breitet Moses seine langen Arme weit aus und bittet um Ruhe. Im Nu wird es in der Kapelle mucksmäuschenstill. Seine Stentorstimme dröhnt unter den alten Deckengewölben.
    »Brüder und Schwestern, Soldaten Gottes, seid gesegnet.«
    »Amen«, antwortet die Gemeinde.
    »Ihr seid Gottes auserwähltes Volk. Ihr habt das schimpfliche Malzeichen des Tieres verworfen. Ihr habt der Schamlosigkeit und dem Laster entsagt. Ihr habt den Versuchungen des Teufels und seiner Bundesgenossen widerstanden und den vier Reitern geholfen, die große Hure Babylon zu Fall zu bringen. Ich werde eure Werke nicht über Gebühr loben, damit ihr nicht der Sünde des Stolzes verfallt. Und doch gab es einige unter euch, Gerechte unter den Gerechten, die nicht gezögert haben, ihr Leben in unserem ewigen Kampf gegen die Horden der Hölle zu opfern. Sie haben dazu beigetragen, eine Vielzahl von Ungläubigen, Drogensüchtigen, Ehebrechern, Negern und Homosexuellen in den See aus Schwefel und Feuer zu werfen. Jetzt sitzen sie zur Rechten des Herrn im Glanz seiner Glorie und herrschen tausend Jahre lang über das himmlische Reich und das Heer der Engel. Sagen wir ihnen Dank dafür!«
    Moses hebt die Arme. »Alleluja!«, ruft die Menge.
    »Doch Satan ist noch nicht besiegt. Das Tier ist noch nicht in den Abgrund gestürzt, und Babylon ist noch nicht gefallen!«
    Callaghans Stimme schwillt an und bekommt einen drohenden Klang.
    »Das Lamm hat die sieben Siegel geöffnet und die sieben Plagen über Sodomiten und Gottlose ausgeschüttet. Doch die Kräfte des Bösen grassieren weiter und untergraben den Glauben der Getreuen, die das Tier mit seinem Malzeichen zu besudeln versucht, damit sie das Goldene Kalb anbeten. Soldaten des Herrn, werdet nicht schwach! Der Sieg ist noch nicht unser! Die sieben Köpfe des Tieres tragen das Gesicht der sieben Todsünden, seine zehn Hörner haben die Zehn Gebote aufgespießt. Soldaten Gottes, werdet aktiv! Verdient euch den Lohn, zur Rechten des Herrn sitzen zu dürfen und viele Zeitalter über die Erde und den Himmel zu herrschen. Folgt dem Beispiel des Erzengels Michael, der den Drachen bekämpft und zu Fall gebracht hat. Schlagt die Köpfe der Hydra ab - einen nach dem anderen, mitleidlos und ohne zu zögern. Tötet die Gottlosen und die Häretiker, die Ehebrecher und die Homosexuellen! Unterjocht die Neger und die Gelben, die Roten und alle anderen minderwertigen Rassen! Folgt dem weißen Reiter mit dem goldenen Schwert und vollendet die göttliche Strafe. Zeigt euch des Herrn würdig. Zeigt euch auch seines Sohnes würdig, der sich für euch geopfert hat! Beweist allen, dass ihr das auserwählte Volk Gottes seid. Mögen das neue Jerusalem und die Herrschaft der tausend Jahre bald beginnen!!!«
    Ein donnernder Applaus begrüßt das hinausgebrüllte Ende von Callaghans Rede. Auch Pamela ist begeistert aufgesprungen und jubelt dem Prediger mit ausgestreckten Händen zu. Sie hat das Gefühl, innerlich zu brennen. Eine Welle der Verzückung durchläuft ihren ganzen Körper.
    Moses beruhigt die Menge, indem er erneut die Arme ausbreitet, als wolle er sie segnen. Unter dem leisen Rascheln ihrer Gewänder setzen die Anwesenden sich wieder auf ihre Plätze.
    »Die Hirten der einzelnen Herden kennen ihren Auftrag«, fährt Callaghan leiser fort. »Was die

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