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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Burkina Faso verdursten die Menschen. Laurie und ich bringen ihnen eine Bohrausrüstung, um einen Grundwassersee zu erschließen, der kürzlich entdeckt wurde. Aus diesem Grund ist es uns auch so wichtig, dass unser Lkw nicht gestohlen wird.«
    »Das wissen wir alles, mein Freund. Wir leben zwar ein gutes Stück abseits der Zivilisation, aber in meinem Haus gibt es Satellitenfernsehen und natürlich auch einen Computer. Wir wissen, wer ihr seid und was ihr vorhabt, und wir finden es gut und mutig. Dein Lkw wird heute Nachmittag ins Dorf gebracht, inch'Allah. Unsere Leute sind dabei, ihn zu entsanden und zu reparieren. Und mein Sohn hält Wache, das darfst du nicht vergessen.«
    Und tatsächlich: Nach einem geradezu königlichen Festmahl, an dem der ganze Stamm teilnahm, und der anschließenden obligatorischen Siesta wird der Mercedes ins Dorf gebracht. Eine ganze Prozession von Menschen folgt ihm, die Trommeln schlagen, Flöten blasen, mit einer Art Kastagnetten klappern und ihre Stammesfahnen schwenken.
    Von der zunächst stattfindenden Zeremonie, die auf der Terrasse der qobba stattfindet, bleiben Rudy und Laurie ausgeschlossen. Wie jedes Jahr wird eine frische Kalkschicht auf das Gebäude aufgetragen. Dabei zitiert man Suren aus dem Koran, eine Elegie auf den Heiligen und Lobpreisungen Allahs. Wieder nehmen die Frauen Laurie unter ihre Fittiche, weil sie der Meinung sind, dass es unpassend für eine Frau wäre, in Shorts und T-Shirt an dem folgenden Fest teilzunehmen. Sie wird mit angemessener Kleidung ausgestattet. Rudy nimmt indessen den Lkw unter die Lupe. Er stellt fest, dass nicht nur nichts fehlt, sondern dass der Wassertank mit frischem Wasser aufgefüllt, der Ölstand kontrolliert, die Klimaanlage repariert und die Windschutzscheibe ordentlich verklebt worden ist. Und neben der unter dem Sitz versteckten Luger liegen drei volle Magazine. Am liebsten hätte Rudy ein Dankgebet zu Allah gesprochen, weil er und Laurie auf diese guten und großzügigen Menschen getroffen sind, doch er fürchtet, ein Sakrileg zu begehen; in den Augen der Chaamba ist er ein kafir, ein Ungläubiger.
    Völlig beruhigt schließt er sich dem Festzug an, der mit Fahnen und Musik von der qobba zurückkommt. Nach neuerlichen Lobeshymnen und Gebeten, die mit hoch in den langsam dämmrig werdenden Himmel erhobenen Händen abgehalten werden, wird der erste Tanz angestimmt, der hadra. Alle stehen Hand in Hand eng beieinander im Kreis und wiegen sich zu Trommelrhythmen. Während des Tanzes kommt auch Laurie zurück. Rudy lacht hell auf. Die Frauen haben sie in eine echte Araberin verwandelt. Sie trägt eine reich bestickte Gandoura, ein mit Silbermünzen geschmücktes Tuch auf dem Kopf, und einen Seidenschleier, der zur Hälfte ihr Gesicht verbirgt. Ihre Augen sind mit Kajal geschwärzt und die Hände mit Hennamustern verziert.
    »Mach dich bloß noch lustig«, faucht sie. »Ich darf die Klamotten während des ganzen Festes nicht ausziehen, obwohl ich darunter fast ersticke.«
    »Ach, weißt du, mit Einbruch der Dunkelheit wird es schnell ziemlich kalt. Es wird nicht lange dauern, bis du den Frauen dankbar bist, dass sie dich so toll angezogen haben. Und außerdem siehst du supergut aus. Die Sachen stehen dir wirklich.«
    »Danke«, brummt Laurie, lächelt aber. Sie weiß das Kompliment zu schätzen.
    Als es dunkel wird, gehen rings um den Platz Scheinwerfer an, und die Männer tanzen den baroud. Sie stellen sich mit ihren Gewehren im Kreis auf und singen zu den Klängen von Trommeln und Flöten, wobei sie sich langsam seitwärtsbewegen und entweder mit zu Boden gerichteten Gewehrläufen Verbeugungen machen oder ihre Waffe in die Luft werfen. Allmählich steigert sich der Rhythmus, bis alle Männer auf ein diskretes Zeichen des Zeremonienmeisters hin gleichzeitig in die Luft schießen. Wenn einer zu früh oder zu spät schießt oder eine Ladehemmung hat, dürfen alle Zuschauer ihn auslachen.
    Nach einer neuerlichen Mahlzeit mit Unmengen von Couscous und Strömen von Pfefferminztee und einem weiteren Tanz - dem qarqabou, so benannt nach den Metallkastagnetten, die alle in die Hand gedrückt bekommen; es handelt sich um eine Art Quadrille, bei der die Trommler ihr Bestes geben, ohne jedoch den metallischen Lärm übertönen zu können - schlägt endlich die Stunde des ahellil. Abderrahmane und Yacine begleiten ihre Gäste durch ein Labyrinth überdachter Altstadtgässchen zu einer großen Terrasse, wo bereits die Sänger Platz genommen haben.

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