Ödland - Thriller
Arbeitskollegen herum, durchforstet das Intranet des Dienstes und macht sich einen Spaß daraus, Backdoors zu überwinden und die geheimen Codes des Hauses zu dechiffrieren - die dazu benötigten Tools finden sich samt und sonders in seinem Quantum Physics. Never Say Anything - so umschreibt man spaßeshalber das Kürzel NSA. Hier wird man zu Neugier, Risikobereitschaft und Eigeninitiative ermutigt; waren die besten Spione nicht früher einmal Hacker?
Pausenzeiten hat Yann im Augenblick mehr als genug. Nachdem er mit dem Sammeln von Daten für den Auftrag Fuller gegen Burkina Faso - Codename: Aqua™ - beauftragt wurde, hat er viele Wochen damit verbracht, im Computer der Präsidentin herumzuschnüffeln, die Netze von Burkina Faso auszubaldowern, die Webseite der Regierung und die E-Mails der Minister unter die Lupe zu nehmen und stundenlang Telefone abzuhören. Seine Ergebnisse hat er den vier Agenten zukommen lassen, die ins Land geschickt werden sollten. Seit sie aber mit eigenem Material vor Ort sind, hat Yann sozusagen nichts mehr zu tun - es sei denn, für seine privaten Zwecke herauszufinden, was sie vorhaben.
Auf diese Weise kam Yann dahinter, dass ein Staatsstreich vorbereitet wurde.
Ganz schön heftig! Und alles nur, um in den Besitz eines Grundwassersees zu gelangen. Na, dieses Wasser soll den verdammten Fuller teuer zu stehen kommen! Als Yann aber die E-Mails und Anrufe der Präsidentin noch einmal genauer untersucht, wird ihm plötzlich klar, dass das Bohrmaterial, das man in Burkina erwartet, von seiner eigenen Schwester dort hingebracht wird. Yann kennt keinerlei politisches Gewissen. Ihm ist es gleich, ob ein Großkonzern ww sich mit unlauteren Mitteln des Lebenselixiers eines ganzen Volkes bemächtigt und er selbst einen guten Teil dazu beiträgt; ihm macht es einfach nur Spaß, Quellcodes zu entziffern, sich durch Backdoors einzuschleichen, in verbotenen oder reservierten Netzwerken herumzuschnüffeln und das Kainsmal der virtuellen Welten zu sein, zu denen ein Normalsterblicher nicht nur keinen Zutritt hat, sondern von denen er in aller Regel noch nicht einmal weiß. Ein Putsch allerdings - das übersteigt nun wirklich auch die Risikobereitschaft eines Hackers. Denn ein Putsch bedeutet Gewalt, Schießerei, Exekutionen, Gefangene, Verwundete und Tote. Und Laurie sitzt mittendrin in dieser Intrige.
Aus diesem Grund ist er das Risiko eingegangen, eine Nachricht an die Präsidentin zu schicken. Normalerweise sollte er als Einziger Zugang zu ihrem Rechner haben, denn nur er allein war in Fort Meade mit der Operation Aqua™ befasst. Außerdem hat er seine Nachricht doppelt verschlüsselt - zu diesem Zweck hat er eigens die Fingerabdrücke der Präsidentin in den Arbeitsspeicher des Flughafens von Mopti geladen - und sie über 72 Router laufen lassen; damit hat sie den Globus insgesamt achtmal umkreist. Es ist also fast unmöglich, die Quelle der Nachricht zu finden, es sei denn, man setzt jemanden daran, der sich mit nichts anderem beschäftigt. Außerdem hat sich die Nachricht nach dem Lesen sofort selbst vernichtet. Es gibt also nicht die geringste Spur, nicht einmal Reste; darauf hat Yann sorgfältig geachtet.
Trotzdem fühlt er sich ein wenig unsicher. Könnte es möglich sein, dass man ihn auf die eine oder andere Weise doch entdeckt hat? Er ist zwar sehr durchtrieben, aber die NSA ist es noch mehr. Jedenfalls hat Yann seither nicht mehr gewagt, in den Computer der Präsidentin, das Mobiltelefon von Nummer 3 oder das Telefon der Botschaft zurückzukehren. Vielleicht sollte er es trotzdem tun. Wenn man ihn jetzt entdecken würde, was könnte ihm schon groß passieren? Immerhin war Aqua™ sein Job, und es ist völlig normal, wenn man sich für den Ausgang einer solchen Arbeit interessiert.
Also gut. Womit fange ich am besten an? Nehmen wir doch einfach das Mobiltelefon von Nummer 3. Yann gibt den Zugangscode zum internen Netz ein und will gerade sein Login eintippen, als das Telefon klingelt.
»Yann, der Chef will dich sprechen«, sagt eine weibliche Stimme.
»Mich?« Sein Herz setzt einen Schlag aus.
»Du bist doch Yann Prigent, oder?«
»Okay, bin schon unterwegs«, erklärt er so cool wie möglich, schafft es jedoch nicht, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken.
Er schließt alles ab und macht sich auf den langen Weg zum Büro von Big Boss Cromwell. Cromwell ist eine Art patriarchalischer Bulle, den Yann erst ein paar Mal gesehen hat und der seine Angestellten unterschiedslos
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