Ödland - Thriller
Es ist ein völlig aufgelöster Bruder Ezechiel.
»Pamela, äh ... Schwester Salome, wissen Sie schon das Neueste?«
»Über meinen Mann? Ja, ich habe die Nachrichten gesehen«, gesteht Pamela errötend.
Ezechiel geht nicht auf die Missachtung der Regeln ein.
»Das ist fantastisch, Salome! Gott hat Sie erhört und all Ihre Probleme gelöst. Ihr Haus gehört uns - ich meine natürlich, das es von jetzt an ganz und gar Gott geweiht ist.«
»Glauben Sie wirklich? Und wenn Anthony zurückkehrt? Wenn er befreit wird?«
»Er kommt nicht zurück.«
»Wieso sind Sie sich dessen so sicher, Ezechiel?«
»Reverend Callaghan hat es mir gesagt. Der Herr ist ihm erschienen und hat verkündet, der Sünder Fuller würde im Wüstensand sterben.«
Wieder erschauert Pamela. Sie dreht sich zu Junior um, der seinen Sessel gewendet hat und sie intensiv mit brennenden Augen anstarrt.
»Hi, hi, hi«, feixt er.
»Was ist los, Pamela?«, fragt Nelson auf dem kleinen Bildschirm. »Sie sind ja ganz blass geworden.«
»Ach nichts. Es ist ... es ist nur die schreckliche Nachricht, die Sie mir da überbringen, Bruder Ezechiel.«
»Schrecklich, meinen Sie? Ich finde sie eher fantastisch! Ich habe übrigens noch eine gute Nachricht auf Lager. Ich gehe nicht nach Montana. Reverend Callaghan hat mich auserwählt, mich persönlich um den Nachlass zu kümmern - ich meine, Ihnen bei der Regulierung aller im Zusammenhang mit dem Verschwinden Ihres Mannes auftretenden Probleme zu helfen, vor allem hinsichtlich seiner Geschäfte.«
»Das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen, Bruder Ezechiel. Aber jetzt möchte ich beten, um mich von all der Aufregung zu erholen und die Ausgeglichenheit wiederzufinden, die sich für die Mutter des Messias geziemt.«
»Das verstehe ich natürlich sehr gut, Pamela. Dann überlasse ich Sie jetzt Ihrer Andachtsübung und rufe einfach später noch einmal an.«
»Gut, einverstanden. Bis später.«
Nachdem sie das Bildtelefon abgeschaltet hat, tritt Pamela vorsichtig an Tony Junior heran, rückt den Rollstuhl wieder zurecht und murmelt mit zitternder Stimme:
»Mein Sohn, mein Schatz ... ist es wirklich Christus, der in dir wiedergeboren ist? Oder etwa ... der Antichrist?«
ELFTES KAPITEL
Stimmen im Wind
»Herr Doktor Moore, Sie haben die Gesellschaft Euthanasie für alle gegründet, deren Slogan ziemlich beunruhigend klingt: ›Keine Überlebenden auf der Erde‹. Ziel der Gesellschaft ist nicht, so viele Individuen wie möglich oder eine bestimmte Elite zu retten, sondern den Menschen beim Sterben zu helfen. Warum wollen Sie beim Sterben und nicht beim Überleben helfen, Herr Doktor?«
»Weil Sterben nicht leicht ist, Überleben aber unmöglich wird. Unser Ziel ist es, Schmerz und Leiden zu vermeiden und den Todeskampf weitestgehend zu verkürzen.«
»Sehen Sie die Zukunft der Menschheit tatsächlich so hoffnungslos?«
»Nicht hoffnungslos, nur realistisch. Wir sehen jeden Tag deutlicher, dass unsere Ära dem Ende entgegensteuert. Wir werden von der Erdoberfläche verschwinden, wie vor Millionen Jahren die Dinosaurier und vor kurzer Zeit die Wale. Die Dinosaurier müssen sehr gelitten haben, die letzten Wale haben den Freitod gewählt. Ihrem Beispiel sollten wir folgen. Inzwischen gibt es sanfte und völlig schmerzfreie Sterbehilfetechniken. Wir sollten sie nutzen.«
»Was bringt Sie zu der Annahme, dass es keine ›Überlebenden auf der Erde‹ geben wird?«
»Die Kurve der Sterbefälle steigt deutlich schneller als die der Geburten. Die Todesrate, die unmittelbar mit ökologischen Ursachen zusammenhängt - also klimatisch bedingte Katastrophen, Hautkrebs, Verdursten, Hitze, Kälte, Umweltverschmutzung und so weiter -, liegt im Augenblick bei 35 Prozent und steigt um etwa 3 bis 5 Prozent pro Jahr. Die Todesrate bei umweltabhängigen Ursachen - ich rede von Hungersnöten, Unterernährung, Genuss verunreinigten Wassers oder vergifteter Lebensmittel und alle damit zusammenhängenden Krankheiten - erreicht die 25-Prozent-Marke. Fügen Sie 10 Prozent für Unfälle, 20 Prozent für Kriege und 5 Prozent für Freitod hinzu und rechnen Sie einmal nach. Übrig bleiben 5 Prozent der Menschen, die an einer natürlichen Todesursache wie etwa Altersschwäche sterben. 5 Prozent! Glauben Sie ernsthaft, dass Sie zu diesen 5 Prozent gehören?«
»Bei diesen Zahlen kann einem ganz schlecht werden, Herr Doktor Moore.«
»Und dabei habe ich Ihnen das Schlimmste bisher vorenthalten. Wenn wir diese Zahlen nämlich
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