Ödland - Thriller
alles, was ich Ihnen dazu sagen kann.«
Ein Angestellter des Bestattungsinstituts lenkt Fullers Vater ab, weil er wissen will, wie die Rangordnung aussehen soll, in welcher der Konvoi den Verstorbenen zu seiner letzten Ruhestätte begleitet. Der alte Industriekapitän entfernt sich mit dem Bestatter, dessen Frage Rudy endlich zu der zündenden Idee verholfen hat, wie er sich in die Enklave einschmuggeln könnte. Während der Reise hat er sich am bordeigenen Computer über Eudora informiert und erfahren, dass die Enklave durch eine undurchdringliche Plasmabarriere geschützt wird, und es nur einen Zugang gibt, nämlich über die südliche Abfahrt des Kl0-Highways. Die Kontrollen am Checkpoint sind überdies ungleich strenger als am Flughafen. Für Rudy besteht nicht die geringste Aussicht, ohne eine offizielle, gewissenhaft überprüfte Einladung eines genau identifizierten Einwohners auf das Gebiet der Enklave gelassen zu werden. Lange hat er über dieses Problem nachgedacht, ohne allerdings eine vernünftige Lösung zu finden. Hier jedoch bietet sich wie aus heiterem Himmel eine Möglichkeit. Jetzt oder nie, denkt er. Einen in Tränen aufgelösten Autokonvoi, der eine lokale Berühmtheit zu Grabe geleitet, würde man hoffentlich weniger scharf kontrollieren.
Rudy geht zu Saibatou zurück, die ein wenig verloren in der metallisch kühlen Halle wartet.
»Madame Kawongolo, es tut mir wirklich leid, aber ich kann Sie nicht zur Klinik begleiten. Mir ist gerade etwas außerordentlich Wichtiges dazwischengekommen. Mit einem Taxi werden Sie es doch sicher auch schaffen, oder?«
»Machen Sie sich um mich keine Sorgen, Rudy. Ich komme sehr gut allein klar.«
Ihr unsicheres Lächeln allerdings straft ihre Aussage Lügen. Rudy, der ein ungutes Gefühl dabei hat, Saibatou im Stich zu lassen, geht zum nächstgelegenen Schalter und spricht die junge Dame an.
»Könnten Sie mir bitte helfen, Miss? Wären Sie so freundlich, jemanden zu rufen, der sich um diese blinde Dame dort kümmert? Sie braucht ein Taxi.«
»Das nehme ich gleich selbst in die Hand, Sir«, antwortet sie und steht auf.
»Sehr freundlich von Ihnen. Könnten Sie mir vielleicht auch noch sagen, wo ich eine Autovermietung finde?«
»Gleich da hinten am Ende der Halle. Sehen Sie das Logo von Hertz?«
»Ach ja, vielen Dank!«
Während die Bodenstewardess in jener mitleidigen Haltung zu Saibatou tritt, die Gesunde häufig Behinderten gegenüber annehmen, läuft Rudy mit großen Schritten ans Ende der Ankunftshalle und stützt sich auf den Schalter der Autovermietung. Der Vermieter ist überglücklich, endlich einmal etwas zu tun zu haben, und regelt alles in kürzester Zeit. Er knöpft Rudy die Hälfte seiner verbliebenen Euros ab und stellt ihm für das Wochenende einen mit Wasserstoffzellen angetriebenen Toyota Cosma zur Verfügung, der Montagabend wieder am Flughafen stehen muss.
»Wie komme ich am besten nach Eudora?«, erkundigt Rudy sich.
»Über die K10. Der Wagen verfügt über ein stimmgesteuertes Navigationsgerät und zeigt Ihnen den Weg. Das Passwort ist ›Cosma‹. Sie können das Auto auch so programmieren, dass es ohne Ihr Zutun fährt. Die Gebrauchsanweisung befindet sich im Handschuhfach.«
»Vielen Dank.«
Zehn Minuten später saust Rudy über die städtische Umgehungsstraße in Richtung der K10. Wobei sausen eine gnadenlose Übertreibung ist, denn der Toyota weigert sich standhaft, die Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten. Wenn Rudy das Gaspedal tritt, schrillt ein durchdringender Alarm auf, und eine synthetische Frauenstimme mahnt:
» Piep. Sie sind nicht autorisiert, die Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten. Wünschen Sie, dass ich den Fahrvorgang übernehme?«
»Nein, Cosma«, knurrt Rudy.
Er sucht nach einer Möglichkeit, den Bordcomputer außer Gefecht zu setzen, findet aber nichts und stößt einen entnervten Seufzer aus. Schließlich sagt er sich resigniert, dass er Fullers Begleitzug vermutlich auch so noch einholen kann, weil sich diese Art von Prozession meist recht langsam fortbewegt, auch wenn sie motorisiert ist - es ist, als befürchte man, dem Toten Angst zu machen, wenn man sich zu schnell fortbewegt.
Tatsächlich holt er den Konvoi wenige Meilen nach der Autobahnauffahrt von Lawrence ein. Rudy überholt die vier letzten Wagen, ordnet sich in der Mitte des Trauerzuges ein und passt seine Geschwindigkeit dem allgemeinen Schleichtempo an. Der Toyota meldet sich natürlich sofort.
» Piep. Ihre Geschwindigkeit
Weitere Kostenlose Bücher