Ödland - Thriller
vom Aussehen der Urne - es handelt sich um eine gewöhnliche, schwarze Plastikschachtel, die ein wenig an eine Schmuckschatulle für billiges Talmi erinnert. Er hat etwas wesentlich Massiveres erwartet, aus Marmor oder Stein vielleicht, und auf griechisch oder römisch getrimmt. Allerdings will er um jeden Preis vermeiden, Pamelas Aufmerksamkeit auf die in der Empfangshalle ausgestellten Urnen zu lenken, die wie Baseball-Pokale glänzen. Wilbur die ganze Zeit in einem Baseball-Pokal zu tausend Dollar das Stück auf dem Kaminsims ansehen zu müssen - nein danke! Er hat schon genug für den ganzen Zirkus hier blechen müssen, und das für einen Nichtsnutz, der den Preis seines Sarges nicht wert ist.
Fuller fühlt sich nervös, abgeschlagen und ziemlich gereizt. Zwar ist es ihm gelungen, während der Einäscherung auf der Toilette eine Calmoxan zu nehmen, doch die Pille scheint durch den Hormon- und Vitamincocktail, den er jeden Morgen zum Frühstück trinkt, ihre Wirksamkeit einzubüßen. Nach seinem Ausbruch ging die Zeremonie weiter, als ob nichts geschehen wäre, doch Fuller ist sich sicher, dass sämtliche Anwesenden ihn insgeheim tadelnd gemustert haben.
Pamelas Vettern begrüßen ihn mit einer dem Anlass entsprechenden Miene, murmeln banale Beileidsbezeugungen, reichen ihm lasche Hände und ziehen sich so hastig zurück, als könne er eine ansteckende Krankheit übertragen. Bei Pamela zeigen sie sich beredter, küssen sie, nicken und flüstern ihr etwas ins Ohr - bestimmt etwas gegen ihn. Anthony fällt auf, dass er ihre Namen noch immer nicht kennt. Doch als sein Vater ihn auf betont männliche Art umarmt, vergisst er sie sofort. Mit seinem glatten Erobererschnurrbart, den im Wind des Erfolgs wehenden weißen Haaren, dem perfekt sitzenden Maßanzug und der vergoldeten Remote Manager von Texas Instruments am Handgelenk gibt sich Richard III. auch im vorgerückten Alter noch wie ein Tycoon vergangener Jahrhunderte. Er hält sich übrigens tatsächlich dafür, obwohl er bei Exxon Hydrogen nur noch Ehrenvorsitzender ist und das Gehalt für seine Tätigkeit im Vorstand von Resourcing höchstens dafür reicht, seine Callgirls zu bezahlen.
»Nur Mut, mein Sohn. Du weißt ja, in Lawrence ersteht aus der Asche stets ein Phönix.«
Papa ist doch wirklich immer für einen Scherz gut, denkt Anthony, während er mit schmerzverzerrtem Gesicht die wuchtige Umarmung seines Vaters erträgt. Außerdem sind wir hier in Eudora, nicht in Lawrence.
Pamelas Eltern scheinen noch immer empört über sein Verhalten zu sein, denn sie würdigen ihn keines Blickes. Schließlich kommt der Abgesandte der K-State in Manhattan (Kansas) an die Reihe. Mit schüchtern an die Brust gedrücktem E-case tritt er zögerlich auf Anthony zu. Sofort entscheidet Fuller, dass ihm das Männlein unsympathisch ist und dass er bestimmt keinen müden Cent herausrücken wird.
»Mister Fuller? Darf ich Ihnen mein aufrichtiges Beileid aussprechen? Wilbur war ein ausgesprochen angesehener Student unserer Universität ...«
»Reden Sie kein dummes Zeug! Wil hat nicht ein einziges Mal auch nur den Fuß in Ihr Institut gesetzt.«
»In der Tat, Sir, und das macht mich unendlich traurig. Dennoch hätte er Herausragendes leisten können. Einigen Professoren ist er aufgefallen...«
»Hören Sie, Mister« - wie hieß der Kerl noch gleich? Scheiß-Gedächtnislücken! Ich muss unbedingt vorsichtiger mit dem Metacain sein! -, »ich habe meinen Sohn von der KU abgemeldet, weil es mich zu teuer kam und nichts brachte. In diese Kaschemme in Manhattan habe ich ihn doch nur geschickt, um ihn hier nicht am Hals zu haben. Sie brauchen sich also gar nicht erst die Mühe machen, mir vorzugaukeln, er hätte bei Ihnen seine Begeisterung für die Wissenschaft entdeckt. Worauf wollen Sie hinaus? Was versuchen Sie, mir zu verkaufen?«
Der kleine Mann sackt unter Fullers beißender Ironie sichtlich in sich zusammen.
»Mein Name ist Peter Lawson, und ich bin stellvertretender Rektor der zur Debatte stehenden Kaschemme, die mit Sicherheit nicht so viel Geld zur Verfügung hat, wie die Consulting ww sie der herausragenden Kansas University in Lawrence bewilligt. Wir bekommen nicht einmal finanzielle Unterstützung von einer der von world-wide gekauften Regierungen. Trotzdem schlagen wir uns einigermaßen durch und vermitteln unser Wissen an Studenten, die sich noch Gedanken um ihre Zukunft und die ihres Landes machen. Ihr Sohn allerdings gehörte nicht dazu, so leid es mir
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