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Öffne deine Seele (German Edition)

Öffne deine Seele (German Edition)

Titel: Öffne deine Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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beging er nicht.
    Stahmke hatte sich in den Jahrzehnten vor ihrem Tod ein Standing erworben, das sie in der Journaille nach und nach zur Legende hatte werden lassen.
    Dewies dagegen musste sich einen solchen Ruf erst noch erarbeiten.
    Und die Umstände von Falk Sieverstedts Tod boten sämtliche Zutaten, nach denen der Boulevardjournalismus gierte: eine Persönlichkeit der Gesellschaft, die die Zuschauer kannten – und eine ausreichende Portion Ekel und Voyeurismus.
    «Die Geschichte der Familie Sieverstedt.» Dewies strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Ein tiefer Blick Richtung Kamera.
    Keine Frage, dachte Albrecht. In ästhetischer Hinsicht war gegenüber Stahmke eine Verbesserung eingetreten.
    «Eine Geschichte voller atemberaubender geschäftlicher Erfolge», fuhr die Moderatorin fort. «Seit mehr als einem Jahrhundert hat der Name Sieverstedt einen einzigartigen Klang, weit über die Grenzen Hamburgs hinaus. Staatsmänner und Nobelpreisträger sind in diesem Haus zu Gast gewesen. Die rauschenden Feste der Sieverstedts sind legendär.»
    Die Stimme wurde um eine Winzigkeit gesenkt.
    «Doch heute wird nicht gefeiert auf dem Falkenstein in Blankenese. Heute …» Kunstpause. «Heute wird geweint.»
    Nach dem, was er bisher erlebt hatte, bezweifelte der Hauptkommissar die letzte Aussage.
    Doch es war nicht die Einschätzung der Journalistin, die ihn im Augenblick interessierte.
    Während Dewies ihren Sermon von sich gegeben hatte, war es ihm gelungen, sich ein Stück durch die Menge zu schieben, in die ersten Reihen der Gaffer vorzudringen, nur noch wenige Schritte von der Moderatorin und dem verschlossenen Gittertor der Zufahrt entfernt.
    Fast unmerklich nickte Dewies ihrem Kameramann zu und trat ein kleines Stück zur Seite.
    Nun waren Blumensträuße zu sehen, in einer langen Reihe längs der Auffahrt niedergelegt. Noch kein solches Meer wie nach dem Tod von Lady Diana, aber auf jeden Fall eindrucksvoll.
    Albrecht beobachtete, wie sich die Kamera auf ein kleines Mädchen richtete, das sich an der Hand seines Vaters dem Rand der Zufahrt näherte, eine Sekunde mit kritischer Miene stehen blieb, um dann an einer freien Stelle einen Strauß Margeriten abzulegen.
    Dewies beugte sich mit ihrem Mikro zu der Kleinen. «Bist du auch traurig, dass Falk Sieverstedt nicht mehr lebt?», fragte sie.
    Professioneller Journalistenton, dachte Albrecht. Auf der Stelle hatte die Frau die Macht des Bildes erkannt. Wenn es nicht ohnehin ihre Mitarbeiter gewesen waren, die Vater und Tochter genau in diesem Moment vor die Kamera getrieben hatten.
    Das kleine Mädchen sah kurz hoch zu seinem Vater, nickte dann ernst und wortlos.
    Dewies richtete sich auf und hielt dem Mann das Mikro hin. «Was hat Falk Sieverstedt für Sie bedeutet?»
    Der Vater schien einen Moment zu zögern. Er trug eine dunkle Hornbrille, wie sie zu Zeiten von Albrechts Vater in Mode gewesen war und augenblicklich offenbar eine Auferstehung erlebte.
    «Ich habe ihn natürlich nicht persönlich gekannt», schränkte der Mann vorsichtig ein. «Aber selbstverständlich kennt man Falk Sieverstedt als Hamburger. Seine … sportlichen Leistungen. Fast als ob er ein bisschen zur Familie gehört. Hat er sich nicht auch für soziale Zwecke eingesetzt?»
    Dewies nickte, zustimmend offenbar – anders als Albrecht, für den diese Information neu war und der an ihren Wahrheitsgehalt nicht recht glaubte, nach allem, was er über den Jungen erfahren hatte.
    Doch der Mann war noch nicht fertig.
    «Auf jeden Fall hatte er es nicht verdient, so zu sterben», sagte er leiser. «So früh.» Ein kurzer Blick auf seine Tochter. «Wie müssen seine Eltern sich jetzt fühlen?»
    Zustimmendes Gemurmel aus den ersten Reihen.
    «Ich meine …» Dewies war eben im Begriff gewesen, das Mikrophon wegzuziehen, doch die Unterstützung hatte den Mann anscheinend in Fahrt gebracht. «Sie haben doch selbst mit diesen beiden Männern gesprochen im Studio. Die tun wenigstens was. Warum wird so etwas immer erst zum Thema, wenn etwas passiert ist?»
    «Sie meinen die Vorgänge im Park?», warf Dewies ein.
    Ein entschlossenes Nicken. «Die Behörden wissen ganz genau, was da vorgeht, und niemand greift ein. Seit Jahren haben Familien Angst um ihre Kinder, und jetzt, wo es zu spät ist, will keiner schuld sein. Da fragt man sich doch, was unsere Polizei den ganzen Tag tut!»
    Sie steht fünf Schritte von dir entfernt, dachte Jörg Albrecht. Und prägt sich dein Gesicht gerade sehr genau

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