Öffne deine Seele (German Edition)
war einfach …
M.: Ich denke, du hast diesen Punkt zur Genüge erläutert. Wie du weißt, warten in diesem Moment noch andere Freunde. Und nun ist der Himmel eingestürzt, wenn ich dich richtig verstehe?
(Schweres Atmen)
J.: Heute früh! Sie sagt, sie ist bei ihrer Mutter, hilft ihr die Wohnung sauber machen, fürs Kaffeekränzchen. Kommt später nach Hause deswegen. Ich sag: Kein Problem, Süße! Ich freu mich auf dich! Und geb ihr noch ein Küsschen. Aber dann, als ich zur Arbeit will, ist meine Arbeitshose weg. Echt, Marius, auch das kein Problem. Ich hab gelernt, ehrlich. Wenn du mir das nicht alles beigebracht hättest, wär ich auf der Stelle ausgeflippt. Aber so … Ich bin gewachsen ! Merkst du das? Ich war ganz ruhig, hab bei ihrer Mutter angerufen, um sie zu fragen … also Jen… Sie! Sie, meine Freundin.
M.: Und sie konnte dir auch nicht sagen, wo die Hose war?
J.: Sie war überhaupt nicht da! Ihre Mutter war erst in dem Moment wieder nach Hause gekommen! Das Kaffeekränzchen ist erst nächste Woche! Kannst du dir das vorstellen? Und vorhin, vorhin … Sie kommt einfach rein, als ob nichts wär, und lügt mir die Hucke voll, was sie alles gemacht hat in der Wohnung! Was denkst du, was ich mit der kleinen Drecksschlampe …
M.: Julian? Das war deine zweite Chance. Dritte Chancen vergebe ich nicht.
J.: Marius? Nein, echt, ich brauch dich jetzt. Ich weiß wirklich nicht, wie ich jetzt …
M.: Leb wohl, Julian.
(21:25 Uhr: Das Gespräch wird durch Marius beendet)
vier
W ir haben Schlimmeres überstanden», sagte Elisabeth Sieverstedt.
Sie befanden sich auf der Dachterrasse: der Konsul, seine Frau und Jörg Albrecht selbst.
Friedrich Sieverstedt trug denselben dunklen Anzug, weißes Hemd und Krawatte wie am Morgen.
Seine persönliche Uniform, dachte Jörg Albrecht. Er wird in ihr begraben werden.
Und dieser Zeitpunkt konnte nicht mehr fern sein.
Der Konsul saß unter einem Sonnenschirm und ging eine Akte durch. Im Moment ließ er seine Frau die Unterhaltung mit dem Ermittler bestreiten, er selbst hörte kaum richtig hin.
So hätte es auf einen Menschen wirken müssen, der Friedrich Sieverstedt nicht so gut kannte, wie Jörg Albrecht das tat.
«Wir haben Schlimmeres überstanden», wiederholte Elisabeth, noch leiser als beim ersten Mal. Wie ein Echo, das sich in der Leere verlor. «Aber da war immer Hoffnung.» Nur noch ein Flüstern.
Albrecht stand neben ihr an der Brüstung, die hinab auf den Garten blickte, über die Baumwipfel hinweg auf das Elbtal bis an den Rand der Schwarzen Berge am jenseitigen Ufer.
Eineinhalb Meter trennten den Hauptkommissar von Elisabeth Sieverstedt. Gerade ausreichend, dass er sie auch mit ausgestrecktem Arm nicht hätte berühren können.
Genau jene Art von unbedachter Geste, auf die der Konsul hinter seiner Sonnenbrille lauerte.
Albrecht schloss die Augen.
Er konnte diesen Fall nicht angehen wie jeden anderen. Unmöglich, die Sieverstedts mit den Augen eines Fremden zu betrachten, sein Vorwissen auszublenden.
Er musste einen Weg finden, seine scheinbare Schwäche in einen Vorteil zu verwandeln.
Ein meckerndes Lachen riss ihn aus den Gedanken.
«Denkst du an früher, Jörg?» Ein harter Laut erklang, als Friedrich Sieverstedt sein Cognacglas auf den Tisch stellte. «Als wir das letzte Mal genau hier gesessen haben?»
Der Hauptkommissar nickte, ohne sich umzusehen. «Ich denke daran», sagte er leise. «Und ich stelle fest, wie groß die Unterschiede sind. Damals warst du es, der in Gefahr war. Die Bremsschläuche deines Wagens, die Unbekannte durchgeschnitten hatten. Der Sprengsatz, der an dein Büro adressiert war.»
«Du siehst die Unterschiede.» Ein Schnauben. «Aber wieder übersiehst du das Offensichtliche. Das Ziel, Jörg Albrecht, ist ein und dasselbe. Das Ziel ist Sieverstedt Import/Export. Das Einzige, was sich verändert hat, ist das Vorgehen.»
Wieder nickte Albrecht.
Zu Beginn des Gesprächs hatte Friedrich Sieverstedt bereits mehrere Variationen zu ein und demselben Thema geliefert, zu ein und demselben Gedanken, der einleuchtend schien und sich doch nicht in das Schema fügen wollte, das der Hauptkommissar selbst nur undeutlich erahnte.
Er antwortete nicht, sondern hörte zu, wie der Konsul seine Theorie ein weiteres Mal erläuterte.
«Falk war unser einziger Sohn. Der letzte Sieverstedt, in dem Moment, in dem ich nicht mehr am Leben bin. Wer Falk tötet, vernichtet die Firma. Vernichtet das Erbe auf alle Zeit.» Ein schabendes
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