Öffne die Augen: Thriller (German Edition)
schwaches Lächeln zu entlocken, die ihr über die Wange strich.
» Also gut! Ich sause schnell nach Hause und komme dann wieder. Wann musst du von hier los?«
» Spätestens um siebzehn Uhr. Ich muss zum Flughafen, das Einchecken dauert.«
» Dann hast du gerade mal drei Stunden mit deiner Tochter. Mein Gott, das ist ja wie im Besuchszimmer eines Gefängnisses…«
Kapitel 41
Nachdem er Lucie abgesetzt hatte, war Sharko zum Hauptkommissariat in Nanterre gefahren. Die junge Ermittlerin hatte in seinem Gehirn eine glühende Spur hinterlassen, eine unauslöschliche Präsenz, derer er sich nicht zu entziehen vermochte. Er sah sie, in ihr Duschtuch gewickelt und bedeckt mit Schaum in SEINEM Badezimmer. Wer hätte sich vorstellen können, dass eines Tages eine Frau dort duschen würde, wo Suzanne zu duschen pflegte? Wer hätte gedacht, dass sein Herz beim Anblick des leicht entblößten Körpers einer Frau erneut höher schlüge?
Momentan lief er im Büro seines Chefs auf und ab. Lucie war fern, und seine Gedanken waren anderswo. Wütend stellte er sich vor Leclerc, der an seinem Schreibtisch saß.
» Wir können nicht einfach so klein beigeben. Es gab schon andere vor uns, die sich mit der Fremdenlegion angelegt haben.«
» Und dabei auf die Schnauze gefallen sind… Péresse und der Boss sind auch meiner Meinung. Wir werden auf deinen unbürokratischen Weg verzichten und uns auf Handfestes konzentrieren müssen. Josselin ist bereit, zwei Ermittler der Kripo einzusetzen, die der Spur von Mohamed Abane seit dem Verschwinden aus der Wohnung seines Bruders nachgehen sollen. Das ist der einzige legale Weg, der uns bleibt.«
» Das wird ewig dauern und zu nichts führen, und das weißt du ganz genau.«
Leclerc deutete auf eine Mappe, die vor ihm lag.
» Wie ich dir bereits am Telefon gesagt habe– bevor du Péresse in die Parade gefahren bist–, habe ich die Liste mit den humanitären Organisationen, die zur Zeit der Morde an den drei Mädchen in Ägypten im Umkreis von Kairo tätig waren. Wir haben einige Namen, vor allem die der Verantwortlichen der Mission. Dabei gibt es etwas wirklich Interessantes, und zwar die SIGN -Konferenz. Sieh dir das mal an…«
Martin Leclercs Miene war finster und verschlossen. Umständlich legte er die Papiere zusammen und wich dabei Sharkos Blick aus. Der Hauptkommissar griff nach dem Dokument und begann zu lesen:
» Sourire pour les orphelins du monde, ungefähr dreißig Personen, Planète urgence, über vierzig. SOS Afrique, sechzig… Ich überspringe mehrere. Und hier die besten…« Er kniff die Augen halb zusammen. »März 1994 Jahresversammlung der SIGN für die Sicherheit von Injektionen. Über dreitausend Personen aus der ganzen Welt! WHO , OMS , UNICEF , UNAIDS , Organisationen, die nicht der Regierung nahestehen, Universitäten, Ärzte, Wissenschaftler, Vertreter der Gesundheitsbehörden und der Industrie… Über fünfzehn Länder. Aber was soll ich damit anfangen?«
» März 1994, das ist doch wohl das Jahr der Morde, oder?«
Kurzes Schweigen. Sharko nahm die Seiten aufmerksamer in Augenschein.
» Mist, du hast recht.«
» Natürlich habe ich recht. Wir sind dabei, die komplette Teilnehmerliste der SIGN -Konferenz zusammenzustellen, sie müsste noch heute eintreffen. Über den Daumen gepeilt waren es zwischen hundertfünfzig und zweihundert Franzosen.«
» Zweihundert…«
» Wie du selbst feststellen kannst, sind wir weit von Rangers und Drillichkampfanzügen entfernt. Also lassen wir die Legion zunächst einmal beiseite. Mit Kanada, den Computerausdrucken und den Ermittlungen zu diesem Abane haben wir sowieso genug zu tun.«
Sharko stützte sich mit beiden Händen auf die Schreibtischplatte.
» Was ist los mit dir, Martin? Sonst haben wir doch immer an einem Strang gezogen. Und heute versuchst du, die Sache mit deinen Listen zu ersticken. Früher hättest du Tempo vorgelegt.«
» Ja, früher…«
Martin Leclerc seufzte. Seine Finger legten sich um ein Blatt, das er zusammenknüllte und in den Papierkorb warf.
» Es ist wegen Kathia, Shark. Ich bin im Begriff, sie zu verlieren.«
Sharko war tief getroffen, im Grunde aber hatte er seit Tagen so etwas wie eine Vorahnung gehabt. Kathia und Martin Leclerc hatten immer als unerschütterliches Paar gegolten. Sie hatten so viele Stürme bewältigt, dass man glaubte, ihnen könne nichts mehr etwas anhaben.
» Es hat mit dem Fall Huriez angefangen, ja? Warum hast du mir nichts gesagt?«
» Weil es nun mal so
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