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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Esper.“
    „Vielleicht besitze ich aber latente Gene. Oder zumindest könnte irgendeine Art von Bio-Manipulation durchgeführt werden, damit meine Gene sich für das Programm als wertvoll erweisen würden. Sir und Bruder, du mußt doch einsehen, daß ich das nicht nur aus purem Eigennutz geschrieben habe. Ich möchte meinen Beitrag zum großen Projekt leisten.“
    „Du kannst deinen Beitrag leisten, Mondschein, indem du deinen täglichen Pflichten nachkommst, indem du betest und indem du andere bekehrst. Wenn es in deinen Sternen stehen sollte, daß man dich nach Santa Fe beruft, wird man dir schon früh genug Bescheid sagen. Meinst du nicht, daß es andere gibt, Personen, die viel älter sind als du und gerne nach Santa Fe möchten? Ich zum Beispiel? Bruder Ashton? Sogar Inspektor Kirby? Du kommst von der Straße hier hereinspaziert, um es einmal so auszudrücken, und verlangst schon nach wenigen Monaten eine Fahrkarte ins Paradies. So einfach geht das aber nicht, Altardiener Mondschein.“
    „Und was soll ich jetzt tun?“
    „Reinige deine Seele. Befreie dich von Stolz und Ehrgeiz. Werde bescheiden und bete. Verrichte deine tägliche Arbeit. Und erwarte keine allzu eiligen Beförderungen. Briefe wie dieser sind der beste Weg, das nicht zu bekommen, wonach du so sehr strebst.“
    „Vielleicht könnte ich mich ja für den Missionsdienst bewerben“, schlug Mondschein vor. „Mich der Gruppe anschließen, die zur Venus geht …“
    Langholt seufzte. „Da haben wir es ja schon wieder! Befreie dich von deinem Ehrgeiz, Mondschein!“
    „Ich sehe diesen Entschluß als Buße an.“
    „Aber natürlich. Du denkst dir, aus diesen Missionaren werden ganz sicher Märtyrer. Und du denkst dir weiter, daß, falls du durch irgendeinen glücklichen Zufall auf die Venus gelangst und dort nicht gleich die Haut bei lebendigem Leibe abgezogen bekommst, du hierher auf die Erde als bedeutendes Mitglied der Bruderschaft zurückkehren wirst und man dich gleich wie einen Helden nach Walhalla nach Sante Fe schicken wird. Mondschein, Mondschein, du bist so leicht zu durchschauen! Du bewegst dich am Rand der Häresie, Mondschein, wenn du dich weiter weigerst, dich zu bescheiden.“
    „Sir, ich hatte niemals Umgang mit Häretikern. Ich …“
    „Ich werfe dir das auch gar nicht vor“, sagte Langholt schwer. „Ich warne dich lediglich davor, daß du dich auf einem unseligen Pfad bewegst. Ich habe Angst um dich. Paß mal auf …“ Er warf den belastenden Brief an Kirby in ein Abfallgerät, wo er verbrannt wurde, so daß absolut nichts mehr von ihm übrig blieb. „Ich werde vergessen, daß sich der ganze Vorfall überhaupt ereignet hat. Aber vergiß du es nicht. Übe dich mehr in Demut, sage ich dir. Jetzt geh und bete. Du kannst gehen.“
    „Vielen Dank, Bruder“, murmelte Mondschein.
    Seine Knie fühlten sich ziemlich weich an, als er das Büro verließ und das spiralförmige Gleitband zum Allerheiligsten der Kirche hinunterfuhr. Alles in allem war er noch einmal sehr glimpflich davongekommen. Er hätte auch öffentlich getadelt werden können. Oder man hätte ihn an einen Ort versetzen können, der sich keiner großen Beliebtheit erfreute, wie Patagonien oder die Aleuten. Man hätte ihn auch ganz aus der Bruderschaft ausstoßen können.
    Es war ein schwerer Fehler gewesen, Langholt zu übergehen, gestand sich Mondschein ein. Aber man mußte sich nur einmal in seine Lage versetzen: tagtäglich kam er seinem Tod ein Stück näher, während man gleichzeitig in Santa Fe diejenigen aussuchte, die ewig leben sollten – es war einfach unzumutbar, davon ausgeschlossen zu sein. Mondscheins Bewußtsein kam zu der deprimierenden Erkenntnis, daß er sich nun den Weg nach Santa Fe ganz sicher verbaut hatte.
    Er schlüpfte in eine der hinteren Bänke und starrte feierlich auf den Kobalt-60-Würfel auf dem Altar.
    Laß das Blaue Feuer mich überströmen, bat er. Laß mich ihm gereinigt und gesäubert entsteigen.
    Manchmal hatte Mondschein, während er vor dem Altar kniete, das geisterhafte Flackern einer spirituellen Erfahrung gespürt. Das war allerdings das Bedeutendste, was er je verspürt hatte; denn obwohl Mondschein ein Altardiener der Bruderschaft der Immanenten Strahlung und ein Mitglied der zweiten Generation dieses Kults war, konnte man ihn nicht gerade als religiös veranlagten Menschen bezeichnen. Sollen die anderen doch ihre religiösen Ekstasen vor dem Altar haben, dachte er sich. Mondschein sah den Kult so, wie er wirklich war:

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