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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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einer Generation. Die alten Religionen darbten. Die Vorster hatten etwas anzubieten, mit dem die anderen Kirchen nicht aufwarten konnten: die Annehmlichkeiten der Naturwissenschaften, die Sicherheit, daß jenseits vom spirituellen Dienst noch etwas anderes lag, das der Harmonie und Einheit diente, indem es bis in die tiefsten Geheimnisse vorstieß. Jeder Dollar, den man der örtlichen Vorster-Kirche stiftete, konnte helfen, eine Methode zu entwickeln, die die Unsterblichkeit ermöglichte, die Unsterblichkeit des Leibes. Das war es, worauf es ankam, und es funktionierte ausgezeichnet.
    Oh, natürlich, es gab auch Nachahmer, kleinere Kulte; manche von ihnen konnten für ihre Verhältnisse sogar beachtliche Erfolge aufweisen. Mittlerweile existierte sogar eine Gemeinschaft von Vorster-Häretikern, die Harmonisten, die Wichtigtuer von der Transzendentalen Harmonie, ein Ableger des Mutterkults. Mondschein hatte sich aber für die Vorster entschieden und verspürte sogar so etwas wie eine verhaltene Loyalität für sie, da er aus den Scharen der Gläubigen zum Blauen Feuer berufen worden war. Doch andererseits …
    „Oh, Verzeihung. Bitte tausendmal um Entschuldigung.“
    Jemand hatte Mondschein auf dem Gleitband angerempelt. Er spürte, wie eine Hand auf seinen Rücken krachte – ein Stoß, der ihn beinahe zu Fall gebracht hätte. Er schwankte etwas und rappelte sich wieder hoch. Er entdeckte einen breitschultrigen Mann in einer gewöhnlichen Arbeits-Tunika, der sich rasch von ihm entfernte.
    Tolpatschiger Idiot, dachte Mondschein. Es ist für jeden Platz genug auf dem Band. Wieso hatte der Kerl es bloß so höllisch eilig?
    Mondschein rückte seine Robe und seine äußerliche Würde wieder zurecht. Eine angenehme Stimme sagte: „Gehen Sie nicht in Ihre Wohnung, Mondschein. Gleiten Sie einfach weiter. In der Tarrytown-Station werden Sie von einem Schnellgleiter erwartet.“
    Niemand war in seiner Nähe. „Wer spricht da?“ fragte er verkrampft.
    „Bitte entspannen Sie sich, und machen Sie keine Schwierigkeiten. Ihnen wird kein Leid geschehen. Dies wird Ihnen vielmehr zum Vorteil gereichen, Mondschein.“
    Der Altardiener sah sich um. Die nächste Person war eine ältliche Frau, etwa fünfzig Meter hinter ihm auf dem Gleitband. Sie setzte rasch ein albernes Lächeln auf, als wolle sie von ihm einen Segen empfangen. Wer hatte da gesprochen? Einen kurzen Moment lang gab sich Mondschein der Vorstellung hin, er sei ein Telepath geworden; irgendeine latente Begabung war zur vollen Reife erblüht. Aber nein, es war eine Stimme gewesen, keine Gedankenbotschaft. Mondschein begriff: Der stolpernde Mann mußte mit dem Schlag auf dem Rücken bei ihm ein Zweiweg-Sendegerät befestigt haben. Eine winzige, metallische Funkplakette, die möglicherweise nur ein halbes Dutzend Moleküle dick war- ein unbegreifliches Wunder der Subminiaturisierung; Mondschein machte sich gar nicht erst die Mühe, danach zu suchen.
    Er sagte: „Wer sind Sie?“
    „Kümmern Sie sich nicht darum. Gehen Sie nur zu der Station. Man erwartet Sie dort.“
    „Aber ich trage meine Robe.“
    „Auch darum kümmern wir uns“, kam die gelassene Antwort.
    Mondschein nagte an der Unterlippe. Ihm war es nicht gestattet, das eigentliche Umfeld seiner Kirche zu verlassen, ohne von einem Inspektor die Erlaubnis dazu bekommen zu haben. Aber dazu blieb nun keine Zeit mehr. Und andererseits hatte er nicht die geringste Lust, so kurz nach seinem Anpfiff die Bürokratie erneut in Anspruch zu nehmen.
    Das Gleitband führte ihn geschwind fort.
    Bald schon näherte sich die Tarrytown-Station. Mondscheins Magen zog sich zusammen. Er konnte den ätzenden Geruch des Schnellgleiter-Treibstoffs riechen. Der frische Wind drang durch seine Robe. Sein Schütteln rührte nicht nur von seiner Unbehaglichkeit her.
    Er verließ das Gleitband und betrat die Station; ein schimmernder, gelblich-grüner Dom mit funkelnden Plastikwänden. Überfüllt war die Station eigentlich nicht. Für die Dauerkartenbesitzer aus den Vororten war es noch zu früh, und der Strom stadtauswärts würde erst später am Tag eintreffen, zur Mittagszeit.
    Leute näherten sich ihm. Die Stimme aus dem Gerät an seinem Rücken sagte: „Starren Sie die Leute nicht so auffällig an. Folgen Sie ihnen ungezwungen.“
    Mondschein gehorchte. Drei Personen befanden sich noch hier, zwei Männer und eine schlanke Frau mit einem eckigen Gesicht. Sie führten ihn gemächlich an der geschwätzigen Informationszelle vorbei,

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