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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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mochte er schon hinter sich gebracht haben: acht, zehn? Er war in einem Zustand, wo er, wenn nötig, ewig weiterlaufen konnte. Die Kraft dazu fühlte er in sich.
    In seinem Bewußtsein summten die verschiedenen Vorhaben und Pläne herum. Er wollte eine kleine Kirche errichten und den ganzen Planeten wissen lassen, was die Bruderschaft anzubieten hatte: das ewige Leben und den Schlüssel zu den Sternen. Die Venusier würden ihm vielleicht drohen, ihn zu töten, wie sie das schon mit vielen seiner Vorgänger aus der Bruderschaft gemacht hatten. Aber Martell wollte sterben, falls sich das nicht vermeiden ließ, um damit anderen den Weg zu den Sternen zu öffnen.
    Sein Glaube war unerschütterlich. Vor seiner Abreise hatten die höchsten Würdenträger der Bruderschaft ihm persönlich alles Gute gewünscht: der grauhaarige Kirby, mittlerweile Hemisphärenkoordinator, hatte ihm sogar die Hand gegeben. Und eine noch viel größere Überraschung hatte Martell bevorgestanden: Noel Vorster höchstpersönlich, der Gründer, eine legendäre Figur, schon älter als ein Jahrhundert, war vorgetreten und hatte ihm mit sanfter, federleichter Stimme erklärt: „Ich weiß, daß deine Mission Früchte tragen wird, Bruder Martell.“
    Martell fühlte sich auch heute noch ergriffen, wenn er an diesen glorreichen Moment zurückdachte.
    Und er schritt kräftiger aus. Der Anblick von einigen Ansiedlungen, die etwas abseits von der Straße lagen, erfüllte ihn mit neuem Mut. Er hatte also die Ausläufer der Stadt erreicht. Auf dieser Pionierwelt hatten sich die Lebensgewohnheiten der Grenzer erhalten: Kolonisten wohnten nicht dicht an dicht beieinander. Sie ließen sich weiträumig im Umkreis um die Verwaltungszentren nieder. Die mannshohen Mauern, die die ersten Häuser umfaßten, die er zu Gesicht bekam, überraschten ihn nicht; diese Venusier waren eben ein solcher Menschenschlag, der um seinen ganzen Planeten eine Mauer bauen würde, wenn das nur irgendwie möglich wäre. Aber bald würde der Vorster die Stadt erreichen und dann …
    Martell blieb abrupt stehen, als er sah, wie das Rad auf ihn zurollte.
    Zuerst glaubte er, irgendein Fahrzeug habe das Rad verloren. Dann begriff er, worum es sich wirklich handelte: nicht um ein Fragment eines venusischen Wagens, sondern um eine venusische Lebensform. Es überwand eine Steigung in der Straße und raste wild mit einer Geschwindigkeit von etwa einhundertsechzig Stundenkilometern auf ihn zu. Einen kurzen Moment lang konnte Martell das Wesen genau erkennen: zwei Räder aus einer hornartigen Substanz, orange und gelb gesprenkelt, die von einem kistenförmigen Gebilde zusammengehalten wurden. Die Räder besaßen einen Durchmesser von mindestens drei Metern.
    Das Verbindungsstück war kleiner, so daß die Kanten der Räder zu beiden Seiten hochragten. Die Kanten waren messerscharf. Das Wesen bewegte sich, indem es ständig sein Gewicht über das mittlere Zentralgebilde verlagerte; es entwickelte eine erschreckende Antriebskraft, mit der es auf den Missionar zurollte.
    Martell tat einen Satz zurück. Das Rad sauste an ihm vorbei und verfehlte seine Zehenspitzen nur um wenige Zentimeter. Der Vorster konnte die Schärfe der Radkanten aus nächster Nähe sehen, und ein ätzender Geruch stieg ihm in die Nase. Wäre er nur ein wenig langsamer gewesen, hätte das Rad ihn in zwei Hälften zerteilt.
    Es rollte hundert Meter weiter. Dann vollführte es – wie ein Gyrogleiter, der Amok läuft – in einem erstaunlich engen Wendekreis eine Drehung und schoß auf Martell zurück.
    Das Ding jagt mich, dachte der Missionar.
    Er kannte zwar eine Menge vorsterscher Kampftechniken, aber keine, die ihm geholfen hätte, mit einem solchen Ungeheuer fertig zu werden. Martell blieb nichts anderes übrig, als ständig rechtzeitig zurückzuspringen und zu hoffen, daß das Rad während seiner Bewegung nicht zu plötzlichen Kursänderungen fähig war. Es rollte näher. Der Missionar atmete tief ein und wich erneut zur Seite aus. Aber dieses Mal führte das Rad eine leichte seitliche Drehung aus. Seine linke Radkante durchtrennte das herabhängende Ende von Martells blauem Mantel; ein Stoffetzen flatterte auf die Straße. Keuchend beobachtete Martell, wie das Ding wiederum wendete, um einen erneuten Angriff zu versuchen. Jetzt wußte der Vorster, daß es wirklich seinen Kurs während der Fahrt verändern konnte. Noch ein paar weitere Attacken, und es würde ihn erwischt haben.
    Das Rad stürmte zum dritten Mal

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