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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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den Verstand verloren haben, wenn er ihn freigeben würde.
    Später am Tag erschien noch ein Besucher, der sich als kaum freundlicher als der Hornfrosch erwies. Es handelte sich um einen kräftigen Venusier aus der niedrigen Kaste, auf dessen Brust zwei Messergriffe sichtbar waren, die aus den Achselhalftern herausragten. Er kam keineswegs zur Andacht. Er deutete nur auf den Reaktor und sagte: „Stellen Sie das Ding ab, und lassen Sie das ganze spaltbare Material innerhalb der nächsten zehn Stunden verschwinden.“
    Martell runzelte die Stirn. „Das ist aber unverzichtbar für unsere Kirchengemeinde.“
    „Es ist spaltbares Material. Der Betrieb von privaten Reaktoren ist auf der Venus nicht gestattet.“
    „Der Zoll hat keine Einwände erhoben“, warf Martell ein. „Ich habe das Kobalt-60 als solches dort angegeben und erklärt, wozu ich es benötige. Man hat mir die Einfuhr erlaubt.“
    „Zoll ist eben Zoll. Aber jetzt befinden Sie sich in der Stadt, und ich sage: kein spaltbares Material. Sie brauchen eine Erlaubnis für das, was Sie tun.“
    „Wo bekomme ich denn eine Erlaubnis?“ fragte Martell sanft.
    „Bei der Polizei. Ich bin die Polizei. Und Ihr Antrag ist hiermit abgelehnt. Schalten Sie das Ding aus.“
    „Und wenn nicht?“
    Einen Augenblick lang dachte Martell, der Polizist würde ihn auf der Stelle niederstechen. Der Mann fuhr zurück, als habe der Vorster ihm ins Gesicht gespuckt. Nach einer unerträglichen Pause sagte er: „Soll das eine Drohung sein?“
    „Es ist nur eine Frage.“
    „Kraft meiner Autorität sage ich Ihnen, Sie sollen den Reaktor verschwinden lassen. Wenn Sie meiner Autorität trotzen, bedrohen Sie mich, klar? Sie sehen nicht gerade wie ein Kämpfer aus. Seien Sie schlau, und tun Sie das, was ich Ihnen sage. Zehn Stunden. Klar?“
    Er verschwand.
    Martell schüttelte traurig den Kopf. War die Durchsetzung eines Gesetzes hier eine Frage des persönlichen Stolzes? Nun, da konnte man nur raten.
    Mal auf einen Nenner gebracht: Sie wollten, daß er den Reaktor abschaltete; und ohne Reaktor war seine Kirche keine Kirche mehr. Ob er Beschwerde einlegen konnte? Aber bei wem? Wenn er sich dem Störenfried zum Kampf stellte und ihn besiegte, würde er damit das Recht bekommen, den Reaktor weiterhin in Betrieb zu halten? Wie dem auch sei, es war ihm kaum möglich, einen solchen Schritt zu tun.
    Martell entschloß sich, nicht kampflos aufzugeben. Er suchte die Behörden auf – oder was man hier so Behörden nannte –, und nachdem er vier Stunden darauf gewartet hatte, in das Büro eines subalternen Beamten vorgelassen zu werden, wurde ihm kühl und nur zu deutlich erklärt, er habe die Reaktoranlage unverzüglich abzubauen. Seine Proteste waren gar nicht zur Kenntnis genommen worden.
    Auch Weiner konnte ihm nicht weiterhelfen. „Packen Sie den Reaktor ein“, riet der Marsianer.
    „Ohne ihn kann ich wirklich alles seinlassen“, sagte Martell. „Wie ist der Kerl bloß an das Gesetz gekommen, das die private Nutzung von Reaktoren verbietet?“
    „Man hat es wahrscheinlich nur gemacht, um sich mit Ihnen befassen zu können“, warf Weiner freundlich ein. „Aber es bleibt Ihnen gar keine andere Möglichkeit; Sie müssen den Reaktor abstellen.“
    Martell kehrte zur Kirche zurück. Dort erwartete ihn Elwhit auf den Stufen. Der Junge wirkte beunruhigt.
    „Packen Sie ihn nicht weg“, sagte er.
    „Das werde ich auch nicht.“ Martell bat ihn herein. „Hilf mir, Elwhit. Erkläre es mir. Ich muß es wissen.“
    „Was?“
    „Wie du mit deinem Verstand Gegenstände bewegen kannst.“
    „Ich greife in sie hinein“, sagte der Junge. „Ich bekomme das zu fassen, was in ihnen steckt. Das ist eine Art Kraft, aber es läßt sich schwer erklären.“
    „Ist es vielleicht eine Fähigkeit, die man dir beigebracht hat?“
    „Es ist wie das Gehen. Warum bewegen sich die Beine? Was bringt sie dazu, sich unter einem auszustrecken?“
    In Martell wallte die Frustration auf. „Kannst du mir nicht sagen, wie es sich anfühlt, wenn du es tust?“
    „Es ist warm. Oben, an der Oberfläche meines Kopfs. Mehr weiß ich auch nicht. Besonders viel fühle ich nicht. Erzähl mir doch etwas über die Elektronen, Bruder Nicholas. Sing mir das Lied der Photonen vor.“
    „Gleich“, sagte Martell.
    Er ging in die Hocke, um dem Jungen direkt in die Augen zu sehen. „Können deine Mutter und dein Vater auch Dinge bewegen?“
    „Ein wenig. Ich kann mehr.“
    „Wann hast du herausgefunden, daß du es

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