Öffnet den Himmel
kannst?“
„Als ich es zum ersten Mal tat.“
„Und du weiß nicht, wie du …“ Martell hielt inne. Hatte es überhaupt einen Sinn? Konnte denn ein zehnjähriger Junge die richtigen Worte finden, um eine telekinetische Handlung zu beschreiben? Er tat es einfach; er tat es so natürlich wie das Atmen. Martell hätte ihn eigentlich auf ein Schiff zur Erde bringen müssen und dort nach Santa Fe, um ihn im Noel-Vorst-Zentrum für biologische Forschungen untersuchen zu lassen. Allerdings war das ausgeschlossen. Der Junge würde niemals gehen wollen, und es würde kaum möglich sein, ihn wegzuzaubern.
„Sing mir das Lied“, beharrte der Junge.
„In der Kraft des Spektrums, der Quanten und des heiligen Angström.“
Die Kirchentür flog auf, und drei Venusier kamen herein: der Polizeichef und zwei Polizisten. Der Junge drehte sich blitzschnell herum, wieselte an den dreien vorbei und war durch den Hinterausgang verschwunden.
„Faßt ihn“, grollte der Polizeichef.
Martell protestierte lautstark. Aber es war sinnlos. Die Polizisten hetzten hinter dem Jungen her in den Garten. Martell und der Polizeichef folgten.
Die zwei Polizisten kreisten den Jungen ein. Ganz abrupt segelte der dickere von beiden durch die Luft. Wild strampelte er mit den Beinen, als er kopfüber auf die tödliche Mulde des Unheilspilzes im Gebüsch zuschnellte. Hart kam er auf. Ein gedämpftes Grunzen ertönte. Unheilspilze waren sehr schnell, wußte Martell aus eigener Beobachtung. Das fleischfressende Ungeheuer war ein Freund alles Organischen. Seine klebrigen Fasern, die mit furchterregender Geschwindigkeit herausgeschossen kamen, machten sich unverzüglich an die Arbeit. Der Polizist war in einem Fasernetzwerk gefangen; die klebrigen Enzyme begannen sofort zu wirken. Sein Strampeln verschlimmerte nur noch die Lage des Mannes. Der Polizist zerrte und zog, aber die Anzahl der Fasern erhöhte sich immer mehr, und sie zwangen ihn zu Boden. Jetzt traten die Verdauungsenzyme auf den Plan. Ein süßlicher, übelkeitserregender Geruch stieg aus dem Gehölz des Unheilspilzes auf.
Martell blieb keine Zeit, den Zersetzungsprozeß zu beobachten. Der Mann, der in den fatalen Schleimfasern gefangen war, stand kurz vor seinem Ableben. Der überlebende Polizist hatte sein Messer gezückt und auf den Jungen gerichtet. Sein Gesicht war fast schwarz vor Ärger und Furcht.
Elwhit entriß ihm per Geisteskraft das Messer. Er bemühte sich, genügend Kräfte zu sammeln, um erneut einen Transport in den Pilz zu bewerkstelligen. Doch das Gesicht des Jungen war schweißbedeckt, und das Zucken der Muskeln auf seinen Wangen verriet, welchen inneren Anstrengungen der Junge ausgesetzt war. Der Polizist ruckte und zuckte, als er sich gegen die PSI-Kräfte zur Wehr setzte. Martell stand wie erstarrt da. Mit gezücktem Messer stürmte nun der Polizeichef vor.
„Elwhit!“ schrie Martell.
Selbst ein Telekinet kann sich nicht gegen einen Messerstich in den Rücken wehren. Die Klinge fuhr tief hinein. Der Junge brach zusammen. Im gleichen Moment, da der Druck von ihm abließ, verlor der Polizist seine Balance und fiel auf das Gesicht. Der Polizeichef packte den tödlich verwundeten, zuckenden Jungen und warf ihn in den Unheilspilz. Er kam neben dem aufgelösten Körper des toten Polizisten auf. Entsetzt beobachtete Martell, wie die bösartigen Fasern Elwhit sofort umschlossen. Übelkeit schüttelte den Vorster. Er mußte erst das halbe Beruhigungsritual beten, bevor sein Verstand wieder zu einem klaren Gedanken fähig war.
Zu diesem Zeitpunkt hatten auch die zwei anderen Polizisten sich wieder in der Gewalt. Ohne die beiden zersetzten Körper eines Blickes zu würdigen, ergriffen sie Martell und zerrten ihn in die Kirche zurück.
„Sie haben einen Jungen ermordet“, sagte Martell, während er sich aus dem Griff befreite. „Sie haben ihn hinterrücks erstochen. Haben Sie denn gar kein Ehrgefühl?“
„Das werde ich schon vor unseren Gerichten zu bereinigen wissen, Priester. Der Junge war ein Mörder. Und er stand unter dem Einfluß von gefährlichen Lehren. Elwhit wußte, daß wir Ihre Kirche schließen wollten. Von daher war es seinerseits ein verbrecherischer Akt, sich hier aufzuhalten. Warum ist der Reaktor noch nicht abgestellt?“
Martell suchte nach Worten. Er wollte sagen, daß er nicht widerspruchslos aufgeben wolle, daß er hierbleiben wolle und bereit sei, dafür zu kämpfen, selbst wenn er dabei den Märtyrertod sterben müßte; aber er würde
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