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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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sagte Martell.
    „Ziemlich genau wie Vorst. Beide sind geborene Führer“, sagte Mondschein. Er erhob sich. „Gute Nacht, Brüder.“
    Martell blieb mit Bradlaugh und Lazarus allein. Eine ungemütliche Stille setzte ein. Nach einer Weile stand auch Bradlaugh auf und sagte kühl: „Ich zeige Ihnen Ihr Zimmer.“
    Das Zimmer war klein und enthielt eine einfache Pritsche. Martell war damit zufrieden.
    Die Zahl der religiösen Symbole, die es hier gab, war kleiner, als man das hätte erwarten können, und immerhin hatte er einen Platz zum Schlafen. Rasch erledigte Martell seine Andacht und schloß dann die Augen. Nach einer Weile übermannte ihn der Schlaf: eine dünne Schlummerschicht über einem Abgrund an innerem Aufruhr.
    Dann wurde die oberste Schicht durchbrochen.
    Das Geräusch von brüllendem, rauhem Gelächter erreichte ihn. Etwas donnerte an die Kirchenwände. Martell bemühte sich wach zu werden, als er eine kraftvolle Stimme rufen hörte: „Gebt uns den Vorster!“
    Er setzte sich aufrecht hin. Jemand betrat sein Zimmer; er erkannte Mondschein. „Sie sind betrunken“, flüsterte der Harmonist. „Die ganze Nacht schon ziehen sie randalierend durch die Gegend. Jetzt wollen sie hier Ärger machen.“
    „Den Vorster!“ kam ein Brüllen von draußen.
    Martell spähte durch das Fenster. Zuerst sah er gar nichts; dann entdeckte er dank des Scheins der Lichtzellen, die an den Außenwänden der Kirche angebracht waren, sieben oder acht titanische Gestalten, die im Vorgarten unsicher hin und her schwankten.
    „Hochstehende!“ keuchte Martell.
    „Einer unserer Esper hat vor einer Stunde die Nachricht gebracht“, sagte Mondschein. „Es ließ sich nicht vermeiden, daß es früher oder später soweit kommen würde. Ich gehe nach draußen und beruhige sie.“
    „Man wird Sie töten.“
    „Mich wollen sie nicht“, sagte Mondschein und verließ das Zimmer.
    Martell sah, wie er aus dem Gebäude trat. Wie ein Zwerg stand er inmitten des Kreises der betrunkenen Venusier. Die Art, wie sie ihn umringten, ließ Martell zu der Erkenntnis kommen, daß sie Mondschein doch etwas antun wollten. Aber der Vorster zögerte. Mondschein trat ihnen unerschrocken entgegen. Die Entfernung war zu groß, als daß Martell hätte hören können, was sie sagten; wahrscheinlich wurde dort irgendwie verhandelt. Die großen Männer waren bewaffnet und schwankten. Irgendeine leuchtende Kreatur flog über die Ansammlung hinweg und ermöglichte es Martell, einen kurzen Blick auf die Gesichter der Hochstehenden zu werfen: fremdartige, verzerrte, erschreckende Gesichter. Ihre Wangenknochen sahen aus wie Messerklingen; ihre Augen waren bloß noch Schlitze. Mondschein stand jetzt mit dem Rücken zum Fenster, gestikulierte und sprach ohne Zweifel schnell und ernsthaft auf sie ein.
    Ein Venusier hob einen zwanzig Pfund schweren Stein hoch und drohte, ihn gegen die geweißte Wand der Kirche zu werfen. Martell nagte an den Knöcheln. Gesprächsfetzen drangen zu ihm hoch, Worte, die wenig erfreulich waren: „Überlassen Sie ihn uns … Wir könnten euch alle fertigmachen … Wäre an der Zeit, euch Kröten allesamt zu zermalmen …“
    Mondschein hatte nun die Hände erhoben. Bat er inständig, fragte sich Martell, oder wollte er damit lediglich die Venusier beruhigen? Martell dachte daran zu beten. Aber das wollte ihm als eine hohle, nichtige Geste erscheinen. In der Bruderschaft betete man nicht persönlicher Vorteile wegen. Man lebte den Regeln gemäß und kam seinen Aufgaben nach, dann erwartete einen die Belohnung von ganz allein. Martell fühlte sich ganz gelassen. Er zog seine Robe an und ging nach draußen.
    Noch nie zuvor war er einer Gruppe von Hochstehenden so nahe gewesen. Ein ranziger Geruch strömte von ihnen aus, ein Geruch, der ihn an das Rad erinnerte. Sie blickten ungläubig drein, als Martell auftauchte.
    „Was wollen die?“ fragte der Vorster.
    Mondschein starrte ihn an. „Gehen Sie wieder nach drinnen! Ich verhandle gerade mit ihnen.“
    Ein Venusier zog sein Schwert. Er stieß es dreißig Zentimeter tief in die Erde, stützte sich darauf und sagte: „Da ist ja endlich unser Priesterlein! Worauf warten wir noch?“
    Mondschein sagte hilflos zu Martell: „Sie hätten nicht herauskommen sollen. Es hätte die Möglichkeit bestanden, die Gemüter zu beruhigen.“
    „Nein, es hätte keine Chance gegeben. Sie werden Ihre Kirche zerstören, wenn ich nicht mit ihnen fertig werden kann.“
    „Sie sind unser Gast“, erinnerte

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