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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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ihn Mondschein.
    Martell hatte kein Interesse, die Freigebigkeit der Häretiker in Anspruch zu nehmen. Er war in der Hoffnung zu den Harmonisten gekommen, wie sie es auch sofort erraten hatten, dort zu spionieren. Das war ebenso gescheitert wie alles andere im Zusammenhang mit seiner hiesigen Aufgabe. Jetzt wollte er sich nicht hinter Mondscheins grüner Robe verstecken. Er packte den älteren Mann am Arm und sagte: „Gehen Sie hinein, und zwar schnell!“
    Mondschein zuckte die Achseln und verschwand. Martell drehte sich herum, um den Venusiern direkt ins Gesicht zu sehen.
    „Warum sind Sie hier?“ fragte er.
    Eine Ladung Speichel traf ihn mitten im Gesicht. Ohne ihn direkt anzusprechen, sagte ein Venusier: „Wir spießen ihn auf und werfen ihn in den Ludlow-Weiher, was?“
    „Hackt ihn zusammen! Spuckt ihn an!“
    „Bindet ihn dort an Stöcke, wo ein Rad vorbeikommt!“
    Martell sagte: „Ich kam in Frieden hierher. Ich bringe euch das Geschenk des Lebens. Warum wollt ihr mich nicht anhören? Wovor habt ihr Angst?“ Er erkannte, daß die Venusier große Kinder waren, die zuviel überschüssige Kraft besaßen und sich einen Spaß daraus machen wollten, eine Ameise zu zerquetschen. „Wir wollen uns alle zusammen unter diesen Baum dort setzen. Gestattet mir, mit euch zu reden. Ich kann euch von der Trunkenheit befreien. Ihr braucht mir nur eine Hand zu reichen …“
    „Paßt auf“, rief ein Venusier. „Er sticht!“
    Martell streckte eine Hand zu dem ihm am nächsten stehenden Riesen aus. Der Mann sprang zurück und bot dabei einen wenig beeindruckenden Anblick. Einen Augenblick später – wohl um seine Ängstlichkeit wieder wettzumachen – zückte er sein Schwert: ein glitzernder Anachronismus, fast so groß wie Martell. Zwei Venusier zogen ihre Dolche. Sie torkelten auf ihn zu, und Martell atmete tief die fremde Luft in seine angepaßten Lungen ein. Er wartete darauf, daß sein Blut, das nicht mehr rot war, herausspritzte.
    Plötzlich war er jedoch nicht mehr da.
     
    „Wie sind Sie denn hierhergekommen?“ fragte Botschafter Nat Weiner.
    „Das wüßte ich selbst gern“, sagte Martell.
    Die unerwartete Helligkeit im Büro des Marsianers stach Martell in die Augen. Er hatte immer noch das Bild von den furchterregenden Klingen vor sich; der Eindruck der Irrealität durchfuhr ihn, als habe er einen Traum verlassen, um in einen neuen zu treten, wo eine andere Bedrohung auf ihn wartete.
    „Dieses Gebäude unterliegt der höchsten Geheimhaltungsstufe“, sagte Weiner. „Sie haben kein Recht, sich hier aufzuhalten.“
    „Ich habe noch nicht einmal das Recht zu leben“, antwortete Martell leise.

 
6
     
     
     
    Niedergeschmettert überlegte Martell, ob er nicht besser auf die Erde zurückkehren und in Santa Fe alles berichten sollte, was er erfahren hatte. Er konnte das Vorst-Zentrum aufsuchen, wo er vor einem Jahr als Erdmensch einen Raum betreten hatte und von wirbelnden Messern und schneidenden Laserstrahlen in ein fremdartiges Wesen verwandelt worden war. Er konnte um ein Gespräch mit Reynolds Kirby nachsuchen und dem ergrauten, dünnlippigen Hundertjährigen davon berichten, daß die Venusier die Telekinese beherrschten, daß sie ein Radwesen umdrehen, einen Angreifer in einen Unheilspilz werfen und ein menschliches Wesen sicher über acht Kilometer transportieren und selbst durch feste Wände befördern konnten.
    Santa Fe mußte davon erfahren. Die allgemeine Lage sah nicht allzu rosig aus. Die Harmonisten hatten sich recht bequem auf der Venus eingenistet, und der ganze Planet wimmelte von Telekineten – das konnte sich als verheerende Bedrohung von Vorsts großem Plan erweisen. Natürlich machten die Vorster auf der Erde große Fortschritte. Sie waren die Herren der Welt. In den Labors hatte man Lebenserwartungen simuliert, die im Schnitt drei- bis vierhundert Jahre betrugen; ohne Organaustausch, sondern lediglich durch eine körpereigene Regeneration von innen heraus. Diese Erfolge konnten im Endeffekt in das ewige Leben münden. Aber die Unsterblichkeit war nur ein Ziel der Vorster. Das andere richtete sich darauf, eine Transportmöglichkeit zu den unerreichbaren Sternen zu finden.
    Und auf diesem Gebiet befanden sich die Harmonisten unschlagbar in Führung. Sie verfügten über Telekineten, die wahre Wunder vollbringen konnten. Nach ein paar Generationen genetischer Forschungen konnten sie vielleicht Expeditionen zu anderen Sternsystemen schicken. Sobald man erst einmal einen Menschen

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