Öl auf Wasser - Roman
von denen wir fast erwarteten, dass sie plötzlich über uns herfielen. Am Ende dieses Geländes konnten wir eine offene Tür erkennen, in der eine Lampe leuchtete. Der Bootsführer verschwand in der Hütte und wir warteten draußen, bemühten uns angestrengt zu verstehen, was leise von drinnen herausdrang, brauchten aber nicht lange zu warten. Er kam kurz darauf wieder heraus, gefolgt von einem Mann, der sich auf einen Stock stützte und ein Tuch um die Schultern geschlungen hatte.
»Wir haben Sie erwartet.«
Er sprach Englisch, langsam und präzise, und schaute, während er redete, von einem zum anderen.
Nkem baute sich verwegen, geradezu herausfordernd und die Hände in die Hüften gestemmt, vor dem Mann auf.
»Ihr habt uns erwartet?«
»Ja. Ich bin Naman, der Assistent der Oberpriesterin. Entschuldigen Sie bitte, der Oberpriesterin geht es nicht gut, sodass sie nicht hier sein und Sie empfangen kann. Man hat uns angewiesen, uns diese Nacht um Sie zu kümmern. Morgen können Sie dann die Fähre zurück in die Stadt nehmen.«
Die Stimme des Mannes erhob sich mühelos über unsere Köpfe und die offene Lichtung in unserem Rücken, eine Stimme, die da ran gewöhnt war, bei Zusammenkünften zu sprechen. Selbstbewusstsein sprach aus der Art, wie er beim Sprechen die Hand hob und die Brust herausdrückte, wenn er sich bewegte, und doch blieb seine Stimme gleichmäßig, klar, höflich.
»Treten Sie ein.«
Er trat zur Seite und winkte uns mit einem Lächeln durch. Die Hütte war überraschend geräumig und konnte problemlos uns sechs aufnehmen. Abgesehen von einigen Strohmatten, die auf dem Lehmfußboden verteilt lagen, war sie unmöbliert. Wir zogen die Schuhe aus und setzten uns glücklich auf den harten Boden, die Rücken gegen die unebenen Wände gelehnt.
»Sie werden die Nacht über hier bleiben. Wir entschuldigen uns jetzt schon für alle Unannehmlichkeiten, aber mehr können wir so kurzfristig nicht bereitstellen.«
Und dann verließ er uns, bevor wir noch weitere Fragen stellen konnten, trat, sobald er das letzte Wort gesagt hatte, in die Nacht hinaus. Wir ließen die Tür und das einzige Fenster offen, um an flüchtiger Brise einzufangen, was wir irgend konnten, aber Zaq, der neben mir saß, zitterte trotz der drückenden Hitze stark, hatte die Arme um den Leib geschlungen und versuchte, sich warm zu halten. Er lag auf der Seite, den Kopf fast auf dem Boden. Ich hoffte, dass er einfach einschliefe und erst morgen wieder aufwachte, wenn es Zeit war abzureisen. Ich hatte das Gefühl, als hätte man mich allein für ihn verantwortlich gemacht, und fühlte mich versucht, die anderen zu fragen:
»Wisst ihr nicht, wer Zaq ist?«
Sie kannten ihn bestimmt alle, vor allem die Reporter aus Lagos. Schließlich war er einmal einer der ihren gewesen. Aber diese überheblichen Gesichter sahen jung aus, unwissend – der eine schien sogar noch jünger als ich – und ich beobachtete, wie ihre verwirrten Blicke durch den Raum reisten, nacheinander auf allen Gesichtern ruhten und versuchten herauszubekommen, ob wir in ernsten Schwierigkeiten steckten oder ob es sich nur um eine kleine Unannehmlichkeit handelte, die bei Tagesanbruch verschwand. Nein, sie waren eindeutig zu jung, um Zaq kennen zu können.
Zaqs Lagoser Zeit hatte vor fast fünf Jahren ihr Ende gefunden, und das bedeutete in diesem Geschäft eine ganze Generation. Eine Generation Zeitungen, seine Generation, war in dieser Zeit eingegangen und von einer anderen ersetzt worden, meiner Generation. Liberaler, glatter, schmissiger, großspuriger.
Kurz nachdem der Priester gegangen war, kam eine Frau herein, die eine große Schüssel Wasser brachte und sie an der Tür abstellte. Dann forderte sie uns lächelnd auf, uns die Hände zu waschen, und während wir das taten, traten zwei weitere lächelnde Matronen ein, die eine mit einer Schüssel, die mit dampfendem Bohnenbrei gefüllt war, die andere mit einem Tablett voller Scheiben klumpigen, selbstgebackenen Brots. Nicht unbedingt ein Drei-Gang-Gourmet-Menü, aber es schmeckte mir in diesem Augenblick wie das beste Essen, das ich je bekommen hatte. Naman, der Priester, tauchte nicht wieder auf; nur die beiden Frauen kamen, um das Geschirr abzuräumen. Wir tranken Wasser aus einem Plastikkrug und bald wurde uns schläfrig zumute. Einige hatten sich schon ausgestreckt und schnarchten, nachdem wir unsere Glieder so gut es ging umeinander gelegt hatten. Ich hatte die ganze Nacht über ein Auge auf Zaq, dem es
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