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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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eine Krankenschwester hier, die sich um Sie kümmern wird. Vielleicht brauchen Sie sie auch gar nicht. Die Luft allein wird Sie heilen. Ich habe das schon erlebt. Trotzdem muss ich Sie warnen: Die Fähre kommt erst in ein paar Tagen wieder her.«
    »Macht mir nichts.«
    »Hör mal, Zaq … bist du sicher?«
    Er sackte zusammen, alle Kraft wich aus seinen Schultern.
    »Nimmst du eine Nachricht von mir mit, Rufus? Sie ist für meinen Chefredakteur bestimmt, für Beke Johnson. Hier hast du seine Karte. Ruf ihn an und sag ihm, dass ich in einigen Tagen wieder da bin.«
    Ich nahm die Karte. Er hatte, zum ersten Mal seit unserer Ankunft in dem zerstörten Militärlager, ein Lächeln auf dem Gesicht. Er winkte mich näher zu sich heran, und als ich mich vorbeugte, konnte ich den schalen Alkohol in seinem Atem riechen und direkt in seine wässrigen und rot unterlaufenen und gelb geränderten Augen sehen.
    »Ich mag die Luft hier. Sie ist rein. Wer weiß, vielleicht verschreibe ich mich ja sogar irgendeiner Art Religion.«
    Ich nickte, weil ich nicht genau wusste, ob er es ernst meinte oder seinen Spaß trieb. Der Lastwagen hupte zwei Mal und die Journalisten winkten ungeduldig, damit ich mich beeilte.
    »Komm gut nach Hause.«
    Der Priester geleitete mich zum Wagen.
    »Ihr Freund wird es gut bei uns haben. Machen Sie sich keine Sorgen.«
    Ich gab ihm die Nummer meines Büros und die Nummer von Zaqs Chefredakteur, nur für den Fall, dass Zaq ernstlich krank wurde.
    »Wir haben hier aber kein Telefon.«
    »Behalten Sie sie trotzdem. Nur für den Notfall.«
    Während sich der Lastwagen schaukelnd seinen Weg durch die taugesättigte Morgenvegetation zum Pier am anderen Ende der Insel bahnte, kehrten meine Gedanken immer wieder zu Zaq zurück. Ich sah ihn vor meinem geistigen Auge: allein in dieser Hütte, schwitzend, nach einem Drink gierend, gepeinigt von den Erinnerungen, die ihn verfolgten. Als wir uns der Dorfmitte näherten, veränderte sich die Landschaft: Die Hütten verschwanden und graue Ziegelhäuser mit verwitterten Zinkdächern säumten nun die einzige, unbefestigte Piste. Mauern aus Lehm und Stroh schlossen die Häuser zu Gehöften zusammen, und hinter jedem Gehöft war ein kleines Gemüse- und
Kassava
-Feld zu sehen, deren Ranken sich umeinander wanden, himmelwärts drängten, mit schlanken Stäben als Krücken, die in der Erde steckten. Kinder sangen, wischten sich den Schlaf aus den Augen, und Frauen mit langstieligen Besen fegten vor den Häusern. Die Zeit schien hier angehalten und bedeutungslos, und einen Augenblick dachte ich, dass Zaq die bessere Wahl getroffen hatte, indem er hier blieb und sich nicht beeilte, nach Port Harcourt zurückzukehren.

ZWEITER TEIL

8.
    »Es tut mir leid, dir sagen zu müssen, dass dein Freund sterben wird.«
    Der Doktor war ein übergewichtiger Cherub, und wenn er atmete, dann mit schmerzvoller Anstrengung durch den Mund; das damit einhergehende keuchende und prustende Geräusch war laut und unangenehm. Er trug immer noch diese Tarnkleidung, diesmal fehlte aber die schmuddelige weiße Jacke, und jedes Mal, wenn er sich vorbeugte, drohten die Hemdknöpfe über seinem problembeladenen Schmerbauch abzuspringen. Unter den Achseln war das Hemd schweißnass. Er rauchte ohne Unterlass, und wenn er sprach, drangen die Worte in Zigarettenrauch gehüllt aus ihm heraus. Wie schaffte er es, inmitten dieser Trockenheit und Unfruchtbarkeit und dieses Mangels derart fett, derart unappetitlich auszusehen? Doch während er redete und ich zuhörte, vergaß ich seine körperliche Erscheinung schnell. Er war intelligent und anteilnehmend, beinahe philosophisch, seine winzigen Augen schienen sich tief in die Seele seines Zuhörers zu bohren und versuchten herauszufinden, was ihn bedrängte.
    Aus einem vagen Taktgefühl heraus hatte er mich nach draußen geführt, fort von den fiebrigen Augen der Soldaten und fort vom schlafenden Zaq, um mir das zu sagen. Er bot mir eine Zigarette an, und als ich den Kopf schüttelte, nickte er zustimmend. Jetzt gingen wir am Strand auf und ab und schlugen unablässig nach den Fliegen und Mücken, die aus dem Gras zu unseren Füßen aufflogen.
    »Was hat er eigentlich, Doktor?«
    »Haben Sie schon mal vom Dengue-Fieber gehört?«
    Hatte ich nicht.
    »Das ist ein hämorrhagisches Fieber, sehr gefährlich. Es führt sehr schnell zum Tod, wenn es nicht sofort behandelt wird.«
    »Und das hat er?«
    »Nein. Es ist etwas Ähnliches, ziemlich neu, noch ohne Namen. Ich hab

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