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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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Gesichter. Ich gesellte mich zu ihnen und wir standen da, ernst, schweigend, starrten in das halbherzig brennende Feuer, lauschten dem Wellenschlag und bemerkten, wie das Geräusch, das die Wellen machten, auf eigenartige Weise dem Rumpeln in unseren Mägen glich, warteten und hofften, dass das Boot zurückkehrte, rechneten aber nicht damit.
    Gegen Mitternacht aber kam es, glitt stumm über das Wasser, und nur das sanfte Eintauchen des Ruders verriet, dass es sich näherte.
    »Es ist da!«
    Inzwischen war der Mond aufgegangen, sein silbernes Licht wanderte düster über das Wasser. Es war ein Kanu, und im umwandelnden Licht des Monds sah es größer aus, als es in Wirklichkeit war, endlos lang beinahe, das Heck mit dem Wasser verschmelzend.
    »Das ist nicht unser Boot!«
    Wir stierten ins Dunkel, standen wie scheue Hengstfohlen dicht beieinander, da stieg ein Mann aus dem Kanu und zog es auf den Strand. Dann kam er auf uns zu, das Ruder noch in den Händen und wie einen Schild bis auf Brusthöhe angehoben. Im Boot saß eine zweite Gestalt mit einer Sturmlaterne, ihr schummriges, fast unsichtbares Flackern hob und senkte sich mit den Wellen. In diesem schwachen Licht war nur der ungefähre Umriss des Mannes sichtbar: Er sah dünn und zerbrechlich wie ein Waldgeist aus. Das Ruder reichte ihm bis an die Schulter, sein Hemd war weißlich und man konnte selbst im Dunkeln ausmachen, dass es von jener groben und formlosen Art war, in die sich die Fischer in dieser Gegend kleideten. Langsam kam er näher, vielleicht, weil er nicht sicher war, welchen Empfang er erwarten durfte, doch war klar, dass er nicht zufällig hier vorbeikam, dass er unseretwegen hier war.
    »Wer bist du?«
    Unser Führer trat ihm drohend entgegen, baute sich mächtig vor dem winzigen Alten auf, suchte seine verlustig gegangene Autorität wieder herzustellen.
    »Ich hier für bringen euch nach Irikefe. Die mich schicken.«
    »Wer hat dich geschickt?«
    Eine überflüssige Frage. Es war klar, dass die Rebellen unser Boot behalten und den Bootsführer überzeugt hatten, mit Geld, wahrscheinlicher aber mit Gewalt und Schrecken, uns irgendwohin zu bringen, wo wir Unterschlupf für die Nacht finden konnten. Es überraschte uns nicht, dass die Rebellen unser neues und geräumiges Boot behalten hatten, doch dass sie den Bootsführer geschickt hatten uns abzuholen, kam völlig unerwartet. Immerhin, sie waren keine Unmenschen. Ich war froh, dass wir die Nacht nicht auf dieser unheimlichen, kalten und verwüsteten Insel zubringen mussten. Irgendwie passten wir alle acht in den Einbaum mit den zwei brettartigen Querbänken. Ich hockte auf dem nassen Boden, den Rücken gegen irgendjemandes Knie gelehnt, meine Knie bis an das Kinn hochgezogen, und während wir uns langsam vom Ufer entfernten, senkte ich den Kopf und lauschte dem rhythmischen Klang des in das Wasser schneidenden Ruders und der gelegentlichen, ängstlichen Frage, die dem wortkargen Bootsführer zugeworfen wurde. Er hatte auf alle unsere Fragen dieselbe Antwort.
    »Ja, Sah. Irikefe Island. Nich weit, nur bisschen. Bald da.«
    Der kleine Junge in seiner Begleitung war ungefähr zehn Jahre alt, sein Sohn vielleicht, und redete während der gesamten Überfahrt kein einziges Wort. Im Boot hatte noch keiner je von Irikefe gehört, und so entwarfen wir in unserer Fantasie zahllose Versionen dessen, was uns erwartete. Ich stellte mir ein Hotel vor, mit sauberem Wasser und sauberem Bett und einem ausgiebigen Mahl; ich sah einen langen, erholsamen Schlaf vor meinem geistigen Auge und eine frühe Abreise am kommenden Morgen; ich rechnete mir aus, dass wir vor Mittag schon Port Harcourt erreichen konnten, wo uns Kollegen und Redakteure einen heldenhaften Empfang bereiteten; ich sah meine Story bereits auf der Titelseite und mich selbst zu guter Letzt wieder auf meinen angestammten Platz als Reporter versetzt. In den kommenden Wochen würden wir uns in unseren Presseclubs umsonst betrinken können, während wir immer neue Einzelheiten der ohnehin schon überstrapazierten Story unseres mutigen Abenteuers zum Besten gaben. In meinem Kopf hatte ich den Entwurf meiner Story bereits fertig und in meiner digitalen Autofokus-Sony-Kamera waren die Abbilder der ausgeweideten Leiber, die halb versteckt hinter Büschen lagen, für die Nachwelt eingefangen, die abgedeckten, niedergebrannten Hütten, die von Kugeln zerfetzten Palmen und das spektakuläre Feuer, das eine Rauchwolke über die hohen Bäume spuckte. Die Bewegung

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