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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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kniete und nach seinem Handgelenk langte, bemerkte sie es auch. Und sie entdeckte die Whiskyflasche neben seinem Kopfkissen. Sie streckte den Arm aus und hob sie auf.
    »Sie haben getrunken. Ihr Puls geht ganz schwach. Ich kann Ihnen nicht erlauben zu trinken.«
    Und sie schleuderte die Flasche zur offenen Tür hinaus ins Dunkel. Zaq protestierte nicht, sehr zu meiner Überraschung. Er sah sie mit stierem Blick an.
    »Ah, Schwester. Sie sehen heute großartig aus.«
    »Und Sie sehen heute betrunken aus, Mr. Zaq.«
    »Ist sie nicht sehr hübsch, Rufus?«
    Die Strenge wich aus ihrem Gesicht, und einen Augenblick lang glaubte ich, sie wäre verunsichert – sie hob die Hand, um ihren Schal zu richten – doch dann wurde sie wieder so ernst wie zuvor. Ich ging hinaus und setzte mich auf einen Baumstumpf neben der Tür. Von dort konnte ich den Skulpturengarten sehen; die erstarrte Gemeinschaft, die die Nacht beaufsichtigte, das Böse abwehrte, die Ohren gespitzt für das Passwort der Nacht, wie immer es auch lauten mochte. Sie kam heraus und blieb schweigend neben mir stehen. Ich wollte mit ihr reden, aber sie hatte etwas Stilles an sich, das ich nicht zerstören wollte. Schließlich wandte sie sich mir zu und sah mich an.
    »Hier ist es so friedlich, findest du nicht?«
    Sie setzte sich neben mich auf den großen Baumstamm, und ich spürte, wie ihr Handrücken kurz über meinen strich. Lange saßen wir schweigend da und schauten der Dunkelheit zu.
    »Es war mein Fehler. Ich hab ihm den Schnaps mitgebracht. Ich dachte, das würde ihn aufmuntern.«
    »Du hast ihn ja nicht gezwungen zu trinken. Er ist alt genug, um zu wissen, was gut für ihn ist.«
    »Er ist ein guter Kerl. Ein großer Reporter.«
    Darauf erwiderte sie nichts. Nach einer Weile erhob sie sich.
    »Ich muss jetzt los. Ich wohne im Dorf gleich neben dem Anlegesteg. Wenn du morgen noch hier bist, solltest du dir den Steg unbedingt ansehen. Besonders abends, wenn die Boote hereinkommen, ist es sehr schön da.«
    »Das werde ich.«
    Sie ging, und ich sah ihr nach, bis ihre Gestalt eins wurde mit der Nacht, unsichtbar.
    »Ich glaub, die mag dich, Rufus, mein Lieber.«
    Zaq war heraus ins Gras gekommen und tastete auf Händen und Knien herum, bis er seine Whiskyflasche gefunden hatte. Jetzt trank er in großen Zügen und spuckte zwischendurch immer wieder Grasstückchen.
    »Nein, woher denn.«
    »Sie mag dich. Glaub mir. Ich seh vielleicht nicht so aus, aber mit Frauen kenn ich mich aus. Mir ist aufgefallen, wie sie dich angesehen hat. Völlig klar. Sie mag dich. Du bist doch nicht verheiratet, oder?«
    »Nein. Noch nicht.«
    »Aber du hast sicher eine Freundin in Port Harcourt? Wenn man dich so ansieht, ein richtig feiner junger Mann, und da du Journalist bist, müssen die Mädchen nur so hinter dir her sein.«
    »Naja, so wild ist es auch wieder nicht. Außerdem muss ich zu viel arbeiten.«
    Da gab es Mary, die ich an der Journalistenschule kennengelernt hatte, doch darüber erzählte ich ihm nichts. Mary, die sich so sehr wünschte, geheiratet zu werden. Sie hatte alles fix und fertig geplant, und nachts, in dem kleinen Zimmer unweit des Campus, das wir miteinander teilten, ging sie die Pläne mit mir wieder und wieder durch. Es war ein Mietshaus, eins von denen, die sich dicht an dicht gegenüberstanden. Ich seh dich – du siehst mich, nannten wir die. Nach und nach zog ich bei ihr ein, mal mit einem Hemd, dann kam ein Schuh und schließlich die Zahnbürste. Es wäre billiger, wenn wir zusammen wohnten, meinte sie. Rückblickend nehme ich an, dass sie von dem Tag an geplant haben muss, mich zu heiraten, an dem wir uns kennenlernten. Sie war so ein Mädchen. Vorausschauend.
    Sie war Fernsehjournalistin, und ihr Arbeitgeber hatte sie auf die Journalistenschule geschickt, damit sie sich auf Nachrichtenaufbereitung spezialisierte. Manchmal fuhr sie übers Wochenende weg, und ich wusste, dass sie die Tage mit ihrem ehemaligen Freund aus dem Büro verbrachte. Sie erzählte nie von ihm, und ich fragte sie auch nie – warum sollte ich auch, wo ich sie doch eigentlich gar nicht liebte? Sie war hübsch und gescheit und der Sex war gut, aber ich sah mich nicht den Rest meines Lebens mit ihr verbringen. Immer, wenn sie von ihren kleinen Ausflügen zurückkam, klammerte sie sich die ganze Nacht an mich, fest, und manchmal weinte sie auch, nur um mir zu zeigen, wie sehr sie mich vermisst hatte.
    Einmal besuchte sie ihre Eltern in Ibadan und war völlig verändert, als sie

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