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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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wurde.
    »Also, was willst du wissen?«
    »Erzähl mir von der Frau. Du hast dich um sie gekümmert, als man sie hierher gebracht hat.«
    »Stimmt. Sie lag in dem Zimmer, in dem ihr jetzt wohnt.«
    »Naman hat uns ihr Grab gezeigt. Ist sie eines natürlichen Todes gestorben?«
    »Sie war schwach und dehydriert. Aber daran wäre sie nicht gestorben.«
    »Hat sie dir etwas erzählt, etwas im Vertrauen vielleicht oder überhaupt etwas?«
    »Nein, ich habe nur einmal nach ihr gesehen. In dem Zimmer waren immer Männer mit Gewehren. Sie trugen Masken. Ich hatte zu viel Angst, sie richtig zu untersuchen. Und wenn sie mir noch einmal über den Weg liefe, würde ich sie kaum erkennen.«
    »Und was passierte dann?«
    »Naja, einer von den Männern brachte mich hinterher hinaus und sagte, dass der Dorfgemeinschaft schreckliche Dinge zustoßen würden, wenn ich irgendjemandem von der Frau oder den Männern erzählte, und dass das dann alles meine Schuld wäre.«
    »Wie viele waren es denn? Haben sie mit dir geredet?«
    »Ungefähr zehn. Sie blieben nur zwei Nächte und blieben immer unter sich. Sie haben nur mit Naman geredet. Sie sind weg, kurz bevor ihr zum ersten Mal hier aufgetaucht seid.«
    »Ich habe keine Ahnung, wie deine Pläne aussehen, aber ihr Tod könnte der Dorfgemeinschaft ziemliche Schwierigkeiten eintragen. Sobald wir darüber Meldung machen, werden Polizei und Armee hier aufkreuzen. Und sie werden mit Sicherheit einige von deinen Leuten als Komplizen verhaften. Denk drüber nach, von hier wegzugehen, zumindest so lange, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Denk drüber nach.«
    Von den Entführern und der Weißen zu reden, schien ihr nicht gut zu tun.
    »Es ergibt einfach keinen Sinn.«
    »Was?«
    »Ihr Tod. Er kam so plötzlich. Sie sah nicht so aus, als ob sie sterben würde.«
    »Vielleicht haben sie sie aus Versehen getötet. Vielleicht hat sie versucht zu fliehen. Ich muss jetzt los. Zaq wartet auf mich. Wir müssen beraten, was wir tun wollen.«
    »Seh ich dich später?«
    »Ja.«
    Zaq weckte mich in der folgenden Nacht, es mochte Mitternacht sein, und hielt mir eine Sturmlaterne ins Gesicht. Dann setzte er sich neben mich.
    »Unsere Aufgabe ist es, die Wahrheit herauszufinden, auch wenn sie tief in der Erde begraben liegt.«
    Ich sah ihn aufmerksam an, und in meiner Brust machte sich ein unheilvolles Gefühl breit. Er hatte so einen irren Blick. Sein Atem roch nach Alkohol, und ein Schluckauf unterbrach wiederholt seine kleine Rede.
    »Das ist etwas, das wir tun müssen. Wir haben keine Wahl. Wenn wir es nicht tun, erfüllen wir unseren Auftrag nicht. Los, komm mit.«
    Und ich folgte ihm, halb aufgeregt, halb wie gelähmt. Die Nacht war still, nur der ferne Laut der an das Ufer schlagenden Wellen störte neben dem, was vielleicht der Ruf der Fledermäuse oder Eulen oder anderer Nachtvögel war, das Schweigen. Wir schritten durch die Reihen der starrenden Statuen, was eigentlich mehr einem Spießrutenlauf glich, einem Spiel mit den stieren, bewegungslosen Gestalten, bei dem der verlor, der zuerst zwinkerte. Am Rand des Skulpturengartens befand sich eine Werkzeughütte, deren rostiges Schloss Zaq mit einer Drehung aufbrach. Er gab mir eine Spitzhacke und eine Schaufel, und wir machten uns auf den Weg zum Friedhof. Mir war kalt. Ich war nicht sicher, ob von der kühlen Luft oder wegen der angespannten Nerven. Zaqs stattliche Erscheinung schritt entschlossen vor mir aus und hielt die Sturmlaterne hoch, als wäre sie eine Sichel, die sich durch das dichte Laubwerk der Nacht schnitt. Als wir die Grabstätte der Weißen erreichten, hockte er sich, die Sturmlaterne immer noch in der Hand, daneben hin.
    »Los, grab.«
    Während ich grub, holte er die Whiskyflasche aus seiner Tasche und füllte sich den Mund, und als ich innehielt, um Atem zu schöpfen, reichte er mir die Flasche.
    »Trink.«
    Ich trank.
    Ich trank, damit ich gegenüber den vorwurfsvollen Geisteraugen am Rande des Laternenscheins unempfindlich wurde, Augen, die sich glühend in meinen Körper zu bohren schienen, bis in das Innerste meiner Seele, und mit jedem Schluck, jeder Schaufelladung, wurde ich so erregt wie Zaq, und in Gedanken wiederholte ich seinen Satz ein ums andere Mal: Unsere Aufgabe ist es, die Wahrheit herauszufinden, selbst wenn sie tief in der Erde begraben liegt. Ich kicherte in mich hinein. Ich konnte mir schon die zentimeterhohe Schlagzeile vorstellen: ENTFÜHRTE BRITIN IN FLACHEM GRAB ENTDECKT. Ästhetisch nicht so

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