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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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vollendet wie seine Überschrift von lockeren Schrauben und genagelten Wäscherinnen, aber, wortwörtlich genommen, viel ansprechender.
    Es war ein flaches Grab, zu flach, um einen Körper zu bedecken. Das sah ich auf den ersten Blick. Ich hatte mich gedanklich schon auf den Geruch nach verwesendem Fleisch eingestellt, auf den Anblick eines von Würmern durchsetzten Körpers, doch fanden wir lediglich einen Stein. Einen riesigen, runden Felsbrocken, der gefühllos und seelenlos wie ein Leichnam dort lag. Wer immer dieses falsche Grab ausgehoben hatte, besaß offensichtlich Sinn für Humor. Als meine Schaufel mit dumpfem, metallischem Geräusch, das in der stillen Nachtluft wie ein Gewehrschuss klang, auf den Stein traf, schnellte Zaq nach vorn. Ich brach auf dem Erdhügel zusammen, den ich aufgeschüttet hatte, und atmete keuchend durch den Mund. Die Wärme der frischen Erde breitete sich in mir aus, tröstlich, beruhigend. Die demütigende Graberei war vorbei. Ich sah ihm zu, wie er die Sturmlaterne absetzte und sich wie ein Hund auf Knie und Hände niederließ und vorsichtig die sandige Erde um den Stein wegschob.
    »Mach Bilder.«
    Ich fotografierte.
    »Du hast gewusst, dass es hier keine Leiche gibt?«
    Wir waren auf dem Rückweg.
    »Ich hab es vermutet.«
    Seiner Stimme, seinem flotten Schritt war sein Hochgefühl anzumerken. Nachdem wir uns in unserem Zimmer gewaschen und auf die Matten gelegt hatten, warf er sich noch lange von einer Seite auf die andere und stand schließlich auf und ging hin und her. Erst spät legte er sich wieder hin und schloss die Augen.
    »Ich sollte zusehen, dass ich schlafe. Morgen hauen wir ab. Es könnte sein, dass wir hier nicht mehr sicher sind.«
    »Ich glaube nicht, dass uns der Priester etwas antun würde …«
    »Nein, der Priester nicht. Was aber, wenn er überwacht wird?«
    Er lag auf dem Rücken, starrte zur Decke hinauf, nahm ab und zu einen Schluck aus der Whiskyflasche.
    Endlich löschte er die Sturmlaterne.
    »Schlaf ein bisschen, Rufus.«

14.
    Als die Sonne über dem Land unterging, brachten uns die Soldaten in den Knast. Mit erhobenen Gewehren gingen sie hinter uns und zielten auf einen Punkt zwischen meinen Schulterblättern; Zaq ging einen Schritt vor mir auf dem schmalen Pfad, der zu der kleinen Hütte führte. Der Knast befand sich im hintersten Winkel des Platzes, unmittelbar am Wasser; im Näherkommen konnten wir sehen, wie die Moskitos in einer dichten Wolke über dem Wasser tanzten. Ich sorgte mich um Zaq. Seine Munterkeit vom frühen Morgen war im Laufe des Tages nach und nach einer übellaunigen Erschöpfung gewichen, und jetzt schlurfte er mit hängenden Schultern vor sich hin und sogar hinter ihm gehend konnte ich hören, wie ihm der Atem aus der Nase pfiff. Ich hatte versucht, ihn davon zu überzeugen, dass ich allein ins Gefängnis gehe, aber davon wollte er nichts wissen.
    »Deshalb bin ich hierhergekommen. Außerdem: Wie wolltest du ihnen erklären, dass ich nicht dabei bin?«
    »Ich würde ihnen sagen, dass es dir nicht gut geht.«
    »Nein, das würde nicht funktionieren. Wir dürfen nichts dem Zufall überlassen. Außerdem fühl ich mich gut.«
    Und ohne ihm unverblümt zu sagen, dass er sterben musste, fehlten mir die Argumente, und selbst wenn ich dies tat, garantierte das noch lange nicht, dass er nachgab. Die Soldaten schlossen auf und warfen uns hinein, dann schlossen sie wieder ab. Wir tasteten uns zur Wand vor und setzten uns, den Rücken an die Wand gelehnt. Sofort sackte Zaq auf mich, sein Kopf rutschte auf meine Schulter und er lallte hilflos. Und einen Augenblick lang fragte ich mich: Was, wenn er jetzt starb, hier? Am besten schien es, so zu tun, als wäre alles wie immer, dass es Zaq gut ging und wir diese Leute interviewten, um anschließend zurückzukehren und unsere Story zu schreiben. Ich versuchte sogar, mir eine Schlagzeile einfallen zu lassen, die einer solch großen Geschichte angemessen wäre, die berühmte perfekte, unausweichliche Überschrift, die deine Story auf die Titelseite bringt, zweieinhalb Zentimeter hoch, und sogar den gleichgültigsten Leser zwingt, innezuhalten und die Zeitung zu kaufen.
    Als sich meine Augen an die Finsternis gewöhnt hatten, die in diesem Verschlag herrschte, und ich einigermaßen mit dem Schwindel erregenden, widerlichen Benzingestank klar kam, der von den Körpern und Kleidern der Männer ausging und einen giftigen Schatten über den winzigen Raum legte, sah ich Tamuno und Michael

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