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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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die Luft, wie zufällig fast, und seine Freunde jubelten ihm kurz zu, bevor sie wieder aufnahmen, womit sie gerade beschäftigt waren. Salomon saß immer noch ein Stück von mir entfernt und hielt den Kopf gesenkt. Schließlich stand ich auf und trat zu den Wachen, und augenblicklich kam einer mit angelegtem Gewehr auf mich zu.
    »Ich muss die Beine bewegen, ich habe Krämpfe.«
    Ich ging zu ihm hinüber.
    »Ich heiße Rufus. Ich bin Reporter. Es ist sehr wichtig, dass ich mit dem Professor rede – ich habe eine dringende Nachricht für ihn.«
    Er sah mich an, und ich konnte sehen, dass er sich nicht schlüssig war, ob ich scherzte oder nicht. Er war noch jung, um die zwanzig, schielte, und ich konnte nicht genau sagen, ob er mich oder etwas anderes anstarrte, aber sein Gewehr war ohne Zweifel auf meine Eingeweide gerichtet. Er sah nicht bedrohlich aus, und als ich ihn nach seinem Namen fragte, lächelte er sogar.
    »Joseph. Man nennt mich Joe. Für welche Zeitung arbeitest du?«
    »Für den
Reporter

    »Du bist also Reporter und schreibst für den
Reporter

    »Ja, das ist lustig.«
    Er nickte und lächelte breit.
    »Ich muss wirklich mit dem Professor sprechen.«
    »Keine Angst, das wirst du. Ist nur ziemlich beschäftigt jetzt.«
    Joseph starrte unentwegt über meine Schulter und zielte mit dem Gewehr auf meinen Unterleib. Als ich nicht länger herumstehen wollte, setzte ich mich wieder hin. Einer der Männer schleppte sich herüber, stützte sich vorsichtig auf einen Ellbogen, und als ich ihm den Rücken zukehrte, stupste er mich an die Schulter. Dieses plötzliche Interesse überraschte mich.
    »Bist du wirklich Journalist?«
    »Ja.«
    Ich hob den Blick und sah eine Reihe von ungefähr zehn Männern den Pfad herunter kommen – sie redeten aufgeregt und trugen allesamt Säcke auf der Schulter.
    »Die bereiten irgendetwas Großes vor.«
    »Und was?«
    Jetzt drehte ich mich zu dem Mann um und sah ihn zum ersten Mal genauer an. Seine tief liegenden Augen hatten etwas von einem heiligen Einsiedler, der tagelang gefastet und jenes Stadium der Gefühllosigkeit erreicht hat, aus dem es kein Zurück gibt. Außer vielleicht durch Elektroschocks. Ohne zu überlegen stand ich auf und ging auf den schmalen Pfad zu. Die überraschten Wachen reagierten erst, als ich schon einige Meter zurückgelegt hatte; dann kam Joseph auf mich zugerannt und packte mich, das breite Lächeln immer noch im Gesicht, an der Hand.
    »Ich muss zum Professor.«
    Die zweite Wache, ein kleiner, untersetzter Kerl mit geröteten, gnadenlosen Augen, der sich mir in den Weg stellte, stieß Joseph grob zur Seite. Er warf die Zigarette in das Unterholz und kam näher, bis seine Gewehrmündung auf meiner Brust aufsetzte.
    »Was glaubst du, wohin du gehst?«
    »Ich muss den Professor sprechen. Ich bin Reporter …«
    »Setz dich, bevor ich dich zur Hölle schicke!«
    Ich ging an meinen Platz zurück. Wieder tippte mir der auf dem Ellbogen lümmelnde Mann auf die Schulter.
    »Du bist sehr mutig, Mann.«
    Er starrte mich unverwandt an, und das Licht fiel durch die wenigen Äste auf sein Gesicht und hinterließ Flecken aus Licht und Schatten an den Stellen, an denen sich das Licht mit dem Schatten mischte.
    »Wie meinst du das?«
    »Du scheinst keine Angst vor ihren Gewehren zu haben.«
    »Wer bist du? Warum bist du hier? Seid ihr Gefangene, Geiseln?«
    »Wir sind Rebellen, genau wie die.«
    »Und warum bewachen sie euch dann?«
    »Wir haben ein kleines Problem, das ist alles. Jeder von uns ist aus einem anderen Grund hier. Die beiden, die da direkt am Fuß des Baums sitzen, kommen aus einer anderen Gang und wollen sich dieser Gang anschließen, und so beobachtet man sie ein oder zwei Tage, um sicher zu gehen, dass sie auch die sind, die sie vorgeben zu sein. Der im blauen Hemd daneben sitzt eine Strafe ab. Er gehörte zu den Topleuten des Professors, der ihn losgeschickt hat, bei einem ausländischen Händler Boote zu kaufen, und bei der Transaktion irgendwie viel Geld eingebüßt hat. Wie viel, das weiß ich nicht, aber der Professor ist sehr wütend auf ihn, sehr, sehr wütend. Siehst du den da drüben, gleich neben dem Pfad, der da allein sitzt? Nun, der hat einen Fehler gemacht. Er hat die falsche Geisel entführt.«
    Er zeigte auf einen Mann, der am Rand des schattigen Fleckens saß, den die wenigen Blätter des Baumes spendeten. Er war hellhäutig, sein Schädel wurde kahl, er trug einen zerrissenen und schmutzigen Tarnanzug, hatte den Kopf auf

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