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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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heiraten. Er wird mich nach London mitnehmen, wenn sein Vertrag hier ausläuft.«
    Salomon wusste nicht, was geschah; er sagte, er sah sich mit erhobener Faust über ihr stehen. Er musste sie geschlagen haben, aber sie weinte nicht. Im Gegenteil, ihre Augen glühten im Triumpf und sie zischte immer noch. Sie sagte, wenn er sie noch einmal berührte, würde er nicht nur seine Arbeit verlieren, sie würde auch dafür sorgen, dass der Oga ihn verhaften ließ. Langsam ließ er die Hand sinken. Er ging in eine Bar in der Nähe und trank bis sie schlossen, und als er zurück kam, war sie nicht mehr da – sie hatte eine Tasche gepackt und war gegangen.
    »Am nächsten Morgen beschloss ich, zur Madam zu gehen und ihr zu erzählen, was passiert war. Sie war sehr freundlich, anders als andere
Oyinbo
-Frauen, für die ich gearbeitet hatte und die einem nur Befehle zuschrien. Ich erinnere mich noch an den Tag, an dem sie ankam. Ich hatte sie am Flughafen abgeholt und sie erzählte mir, wie mühsam es war, durch den Zoll zu kommen, und dass man sie aufgefordert hatte, alle Taschen zu öffnen, und wie sie alle ihre Sachen durchwühlten, einschließlich der Unterwäsche, und einige Sachen zur weiteren Prüfung einzogen. Sie sagte mit ihrer weichen englischen Stimme zu mir: Ich bin sicher, die sehe ich nie wieder. Oder, was meinen Sie? So war sie immer, wenn wir durch die Gegend fuhren, stellte Fragen, beugte sich auf der Rückbank nach vorn und unterhielt sich mit mir.
    Beim Haus angekommen, erzählten mir die Wachen am Tor, dass die Madam nicht zu Hause war, und ich beschloss, im European Club nachzusehen, obwohl ich es war, der sie immer dorthin gefahren hatte. Als ich sie fand, schien sie sehr traurig, und mir war klar, dass sie sich mit demselben Problem herumschlug wie ich. Später aber, im Motel meines Onkels, erkannte ich, dass sie nicht wusste, dass ihr Mann sie wegen Koko verließ.«
    Plötzlich unterbrach er seine Erzählung und starrte an mir vorbei in die Sonne, die am Himmelsrand zu hängen schien, ganz orange und rot und lila, nur eine Armlänge entfernt.
    »Reporter …«
    »Sagen Sie Rufus.«
    »Wissen Sie, warum ich Ihnen das alles erzähle, Rufus? Weil einige von uns hier vielleicht nicht mehr lange genug leben, um noch einmal so einen Sonnenuntergang wie diesen zu sehen.«
    »Es wird sich alles fügen. Und es ist richtig, dass Sie mir alles erzählen.«
    »Sie müssen alles so aufschreiben, wie ich es sage; denn ich bin der einzige, der weiß, wie sich alles zugetragen hat. Zu Anfang war ich an der Entführung beteiligt, aber später habe ich mich sehr um sie gekümmert, sonst … sie wäre jetzt nicht mehr am Leben.«
    »Wie ging es weiter, nachdem Sie sie die Nacht über bei Ihrem Onkel gelassen hatten?«
    »Das ist eine lange Geschichte …«
    »Ich höre zu.«
    »Ich kehrte in mein Zimmer zurück, fand aber keine Ruhe. Ich war immer noch völlig durcheinander. Später, als mein Nachbar Bassey nach Hause kam, setzten wir uns hin und tranken etwas, und als er fragte, wo Koko wäre, erzählte ich ihm alles. Als ich ihn verließ, ging er zu seinem Freund Jamabo, einem Polizisten, und erzählte es ihm, und es war Jamabo, der die Idee zur Entführung hatte. Spät nachts klopften sie an meine Tür. Sie entwickelten den Plan und ich hörte zu. Jamabo sagte, als Polizist hätte er schon viele Entführungsfälle erlebt und dass es wäre, als pflückte man das Geld von einem Geldbaum – so hat er es bezeichnet. Und als ich fragte: ›Was, wenn man uns erwischt?‹, antwortete er, dass diese Gefahr nicht bestünde: Normalerweise hält sich die Polizei da raus und überlässt es der Ölgesellschaft, die Angelegenheit auf ihre Weise zu bereinigen, was der ohnehin lieber ist.
    ›Aber was wird mit der Frau?‹, fragte ich nach. ›Sie hat nichts Unrechtes getan, wird ihr auch nichts passieren?‹
    Jamabo antwortete, dass ihr nichts zustoßen würde. Sie sollte im Hotelzimmer bleiben, wir wollten sie gut behandeln, und sobald wir das Geld hätten, wollten wir sie freilassen. Das sollte insgesamt nicht länger als zwei Tage dauern. Er meinte, technisch gesehen wäre es nicht einmal eine Entführung; ich würde nur die Bezahlung für den Schmerz kassieren, den diese Leute mir zugefügt hatten, einen Ausgleich für all meine Investitionen in Koko. Und das war es, was mich schließlich überzeugte. Der Oga hatte mich schwer beleidigt, er hatte mir meinen Stolz genommen, meine Würde, meine Männlichkeit, und das, obwohl ich

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