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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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Hüften nackt, und arbeiteten an einem Boot, dichteten die Löcher mit Teer ab und kratzten den Schlamm vom Boden. Auch andere Männer waren in ähnlicher Weise damit beschäftigt, die Boote auf die Abfahrt vorzubereiten. Der Alte ergriff meine Hand und schüttelte sie energisch. Der Junge schlang die Arme um meine Hüften, und einen Augenblick lang fühlte ich mich daran erinnert, wie er das bei Zaq gemacht hatte, nachdem Zaq versprochen hatte, ihn mit nach Port Harcourt zu nehmen. Jetzt fragte ich mich, ob dieses Versprechen je gehalten werden würde.
    »Aber wo ist Oga Zaq? Bist du allein?«
    Ich setzte mich zu ihnen und erzählte ihnen von Irikefe, über die gefallenen Statuen und niedergebrannten Häuser, über die verletzten Glaubensanhänger, die von den Besatzungstruppen mehr oder weniger gefangen gehalten wurden. Während ich sprach, arbeiteten sie weiter, und das Wasser im Fluss strömte dahin, und die Männer kamen und gingen, riefen einander etwas zu, und einen Augenblick lang glaubte ich, dass mein Abenteuer zu Ende wäre und ich morgen um diese Zeit in Port Harcourt sein könnte und vielleicht schon an meiner Story schrieb, sicher, und durch meine Erfahrungen ein wenig klüger.

19.
    Aber das war ein gefährlicher Gedanke, eine Illusion – als gäbe ein Ertrinkender beim Anblick des Ufers, vom Versprechen der Sicherheit getäuscht, alle Anstrengung auf und ginge unter. Wir befanden uns immer noch tief im Rebellengebiet, und als sollte ich daran erinnert werden, tauchten die Rebellen auf. Sie mussten uns beobachtet und wie wir bis zum Anbruch der Nacht gewartet haben. Sie lauerten, bis wir die Boote beladen hatten und alles sich an Bord befand und zur Abfahrt bereit war, bevor sie kamen. Das Dröhnen ihrer Schnellboote war ohrenbetäubend, das grelle Leuchten ihrer Scheinwerfer blendete uns und trieb die Frauen und Kinder in Panik und Verwirrung. Einige Frauen und Kinder sprangen in das seichte Wasser, andere verkrochen sich unter den Sitzbänken, doch dann erhob sich eine Stimme über die Schreie und Klagelaute der Frauen und auch der Männer und versuchte zu beruhigen – es war Chief Ibirams Stimme, die aus dem Führungsboot ertönte. Ich konnte seine Gestalt ausmachen, als er aufstand und die Arme in die Luft streckte.
    »Beruhigt euch. Setzt euch hin. Alle. Setzt euch hin.«
    Von den Rebellen war kein Laut zu hören, sie umkreisten uns weiter und versperrten alle möglichen Auswege, und als sich schließlich der Lärm ein wenig gelegt hatte, stand in einem Boot ein Mann auf und rief über das Wasser:
    »Wir wollen die Weiße. Sofort. Übergebt uns die weiße Frau und ihren Fahrer, und euch geschieht nichts. Wenn nicht, versenken wir eure Boote und zünden eure Sachen an. Und wenn ihr denkt, ich mach Spaß, dann lasst es drauf ankommen.«
    Ich befand mich mit Isabel und Salomon zusammen in Tamunos Boot. Wir saßen nebeneinander und hinter uns kauerten Vater und Sohn und beobachteten schweigend das Geschehen. Ich wartete. Und dann begann der Mann zu zählen:
    »Eins, zwei, drei …«
    Die dritte Zahl wurde von einer Gewehrsalve in den wolkenverhangenen Nachthimmel begleitet. Isabel stand auf, stützte sich auf meine Schulter, um das Gleichgewicht zu halten, und ich konnte fühlen, wie ihre Hand zitterte. Und als sie sprach, waren ihre Worte beinahe ein Schluchzen:
    »Hier … bin ich. Bitte … nicht schießen. Hier bin ich.«
    Der Scheinwerfer erfasste sie. Sie zog den schwarzen Schal herunter, der ihr kurz geschnittenes Haar bedeckte, und schirmte mit der anderen die Augen vor dem blendenden Scheinwerferlicht ab.
    »Bringt sie her. Sofort!«
    Dieser Befehl wurde erneut von einer wilden Salve in die Luft begleitet. Der Alte senkte sein Ruder ins Wasser und ruderte, und langsam glitten wir an den anderen Booten vorbei durch die neutrale Zone zwischen den Unseren und den Rebellen und dann waren wir bei ihnen angelangt. Zwei Männer sprangen aus einem Boot, zielten immer noch auf uns, halfen Isabel hinaus und an Bord ihres Bootes.
    »Wo ist der Fahrer?«
    Salomon stand auf und fiel, als er versuchte, aus dem Boot zu steigen, ins Wasser, ging unter, kam wieder hoch und schnappte nach Luft. Die beiden Männer zogen ihn heraus und schoben ihn auf den Sitz neben Isabel, und dann, als wir alle schon glaubten, es wäre vorüber, schoss der Anführer der Rebellen noch einmal in die Luft.
    »Chief Ibiram, warum hast du das gemacht? Bist du jetzt auf deren Seite? Versuchst du etwa, sie zurückzubringen, um eine

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