Öl-Connection
unmöglich.«
»Svensson …« Jeanmaires Stimme wurde fast väterlich gütig. »Sie wissen doch, das Wort kenne ich nicht. Alles ist möglich, wenn man nur will.«
»Ein Orkan kümmert sich einen Dreck um Ihre Philosophie. Er schlägt uns Wellenberge auf den Buckel! Denken Sie daran, daß ich nach der letzten Bohrinsel 110.000 Tonnen Öl in den Tanks habe. Randvoll. Die Unico liegt dann bis zum Füllstrich im Wasser. Jeder Brecher trifft uns voll.«
»Was denken Sie, was Sie tun könnten?«
»Ich bleibe bei Seewolf in Deckung und warte ab.«
»Svensson, das ist unmöglich!«
»Ha! Jetzt kennen Sie das Wort doch, Sir?«
»Ich verbiete Ihnen jede Verzögerung, Kapitän! Hören Sie! Sie bleiben nicht eine Minute länger als nötig bei der Bohrinsel und fahren weiter mit voller Geschwindigkeit. Sie haben zwei Tage früher in Rotterdam zu sein!«
»Dann sprechen Sie mit dem lieben Gott, daß er das Sturmtief abdrehen läßt. Er ist für's Wetter verantwortlich, ich für das Schiff.«
»Sie fahren das Schiff, Svensson. Die Verantwortung liegt bei der Reederei.«
»Oh! Seit wann?!« Svenssons Stimme wurde laut, wie immer, wenn ihm die Erregung die Kehle abschnürte. »Bisher hieß es immer: Der Kapitän trägt die Verantwortung.«
»Bei dieser Fahrt gelten Ausnahmebedingungen.«
»Wieso? Ich bitte um nähere Erklärungen, Sir.«
Jeanmaire wurde unwirsch. Auch seine sonst sanfte Stimme hob sich. »Erstens bin ich Ihnen keine Erklärungen schuldig, zweitens verstehen Sie sie sowieso nicht und drittens ist das ein Befehl!«
»Erstens –« schrie Svensson zurück, »kann ich als Kapitän Erklärungen verlangen. Zweitens: Wenn ich so ein Idiot bin, daß ich sie nicht verstehe, warum vertrauen Sie mir dann die Unico II an? Und drittens habe ich – auch nicht von Ihnen – Befehle entgegenzunehmen, sondern höchstens eine Empfehlung. Maßgebend ist die Lage, in der sich das Schiff befindet, und Entscheidungsfreiheit hat der Kapitän. Da Sie die Lage hier nicht kennen, entscheide also ich!«
»Danke für den Schnell-Lehrgang.« Jeanmaires Stimme schwelgte in Spott. »Also entscheiden Sie, Kapitän … aber wenn Sie zu spät in Rotterdam ankommen, können Sie sich in Zukunft um Ihr Gärtchen kümmern und Küchenkräuter züchten. Ich verspreche Ihnen, daß kein Reeder Sie mehr als Kapitän engagiert. Es sei denn, Sie steuern ein Ausflugsboot in Ihrem schönen Fjorden.« Jeanmaire räusperte sich und goß sich noch ein Glas Montrachet ein. »Es bleibt dabei: Volle Fahrt …«
Er legte auf. Weitere Worte waren nutzlos. Svensson knallte den Hörer auf die Gabel und überlegte, was er zuerst tun sollte. Er entschloß sich, zunächst einen Whisky zu trinken und dann eine seiner teuflischen Zigarren zu rauchen.
Warten wir ab, bis wir in Rotterdam sind, dachte er. Dann schlage ich auf den Tisch, daß die Platte springt. Und dann werde ich zu Jeanmaire sagen: Leck mich kreuzweise mit deinen Rostlauben – es gibt noch andere Reeder. Er dachte dabei an den deutschen Reeder Dr. Wolffers in Hamburg, dem neben zehn Containerschiffen auch zwei Tanker von je 60.000 Tonnen gehörte. Registriert auf den Bahamas.
Was Svensson nicht wußte: Auch Dr. Wolffers gehörte zur Öl-Connection. Ein unzerstörbares Spinnennetz, das die ganze Welt umspannte und das doch niemand sah.
An ein Weiterschlafen war nicht zu denken. Svensson zog sich an, gurgelte kurz mit Whisky, was das Zähneputzen ersetzte, und stieg hinauf auf die Kommandobrücke. Dort stand Hogar Andersen am Ruder; Karl Pusenke schlief auf einem Lehnstuhl und hatte die Beine auf einen anderen Stuhl gelegt.
»Zustände wie in einem Asyl!« sagte Svensson bitter. »Was ist bloß aus der guten, alten Seefahrt geworden?!«
»Pusenke fiel fast um, Kapitän.« Andersen hob resignierend die Schultern. »Was blieb mir anderes übrig?« Er nickte zum Radar hin. Der kreisende Balken hatte die Bohrinsel Meermaid deutlich erfaßt … ein dicker Punkt auf dem flimmernden Bildschirm. »Noch circa eine Stunde. Wir haben eine gute Telefonverbindung mit der Bohrinsel. Sie bezweifeln, ob wir bei der unruhigen See bunkern können.«
»Wir werden, Andersen«, knirschte Svensson. »Jetzt noch … was bei Seewolf los ist, wird sich herausstellen.«
»Seewolf meldet Windstärke acht, Kapitän. Sehr hohe See. Da läuft nichts mehr.«
»Abwarten, Andersen. Ich lasse mir nicht nachsagen, ein Feigling zu sein.«
»Ein Ankoppeln an die Festmacher ist ausgeschlossen, Kapitän!«
»Schlüpf
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