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Öl-Connection

Öl-Connection

Titel: Öl-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ließ sich von der Zentrale, die alle Schiffsbewegungen seiner Flotte überwachte, die letzten Wettermeldungen aus der Nordsee bringen. Er studierte die Zeilen mit einem Lorgnon, als hänge er dem Stil seiner Vorfahren aus dem 18. Jahrhundert an. Sein Gesicht, das kaum Altersspuren zeigte, drückte Zufriedenheit aus. Er war ein mittelgroßer Mann, neigte nicht zu besonderer Fülle und achtete sehr auf seine Garderobe. Heute trug er einen hellgrauen Seidenanzug mit einem rosafarbenen Hemd und weißer Krawatte, weiße Strümpfen und weiße Lackschuhe, und wenn noch etwas seine Eitelkeit unterstrich, war es der überdimensionale Siegelring an seiner rechten Hand. Er zeigte, von Brillanten eingerahmt, die französische Lilie auf Onyx.
    Jeanmaire griff zum Telefon und rief wieder die Zentrale an. »Wo befindet sich die Unico II augenblicklich?« fragte er.
    Einen Moment Stille … der Gefragte blickte auf die riesige Schautafel, die elektronisch jede Position der TAS-Schiffe anzeigte.
    »Zweiundzwanzig Meilen von der Bohrinsel Meermaid entfernt, Sir.«
    »Gibt es eine Meldung von der Unico?«
    »Keine, Sir.«
    »Lassen Sie anfragen, ob alles in Ordnung ist. Verlangen Sie Kapitän Svensson selbst.«
    »Sir, in Europa ist es jetzt …«
    »Ich habe alle Zeiten im Kopf!« sagte Jeanmaire mit scharfer Stimme. »Ich habe Sie nicht nach der Zeit gefragt, sondern nach der Unico II. Ich will Kapitän Svensson persönlich sprechen.«
    Jeanmaire klappte sein Lorgnon zusammen und lehnte sich zurück. Von seinem Chefbüro aus konnte er den Hafen von Panama überblicken, die auf Reede liegenden Fracht- und Containerschiffe, die darauf warteten, ihre Ladungen löschen zu können. Es war ein beeindruckendes Bild. Ich habe es weit gebracht, sagte Jeanmaire dann zu sich. Ich kann stolz sein. Auf allen Meeren schwimmen meine Schiffe, und sie bringen mir Millionen ein. Ich werde nächstes Jahr einen neuen Supertanker bauen, einen von der VLCC-Klasse, mit 300.000 Tonnen Kapazität. 135 Millionen Dollar wird mich das Schiff kosten, und die Hälfte davon zahle ich aus eigener Tasche. Und bis zum Jahre 2000 werde ich vier dieser Riesen bauen lassen, darunter einen Giganten, einen Mammut-Tanker der ULCC-Klasse mit 450.000 Tonnen. Die TAS soll den Öltransport beherrschen.
    Er stand auf, holte aus einem großen, verspiegelten Barschrank eine gekühlte Flasche Weißwein, einen 1987er Montrachet, entkorkte sie, goß sich ein Glas ein und kehrte zu seinem Sessel zurück. Mit einem genußvollen Schluck blickte er wieder über den Hafen von Panama.
    Ich habe gearbeitet wie ein Kuli, dachte er. Ich habe viel gewagt, manchmal verloren, aber auf die Schnauze gefallen bin ich nie; ich bin ein reicher und angesehener Mann, aber darüber habe ich das Leben vergessen. Keine Frau, keine Kinder, keine Erben. Natürlich hat es Frauen genug gegeben … Gespielinnen im Bett, mal kürzer, mal länger, aber nie mehr als Monate. Alle sahen nur mein Geld, ihre geöffneten Schenkel wollten Millionen schlucken, und wenn eine sagte: »Ich liebe dich!«, war's eine Lüge, und ihre Zärtlichkeit war die einer Schlange. Ich hatte nie Zeit, eine anständige Frau kennenzulernen, die jetzt, im Alter, meine Einsamkeit verscheuchen könnte. Ich habe statt Blut vielleicht Öl in den Adern, und mein Herz klopft im Rhythmus der Schiffsmaschinen, aber ich habe Macht! Der kleine Raoul Dupêche, der heute Jeanmaire heißt, hat Macht! Ist das nun ein herrliches Leben?
    Er trank bedächtig das Glas aus und schrak auf, als das Telefon läutete. Es war kein schriller Ton. Das Telefon war eine Sonderanfertigung und spielte Frère Jacques … frère Jacques, das alte französische Kinderlied.
    »Jeanmaire«, meldete er sich.
    Weit weg, über Satellit, unterbrochen vom Knacken atmosphärischer Störungen, hörte er die rauhe Stimme von Kapitän Svensson.
    »Svensson … Habe ich Panama als meinen Wecker eingestellt? Ihr Idioten, lernt Uhren lesen! Wenn das euer Chef wüßte …«
    Jeanmaire lächelte. »Hier ist Jeanmaire«, sagte er. »Besten Dank für den Idioten. Wie geht es Ihnen, Käpt'n?«
    »Wie's einem geht, den man aus einem Traum gerissen hat, Sir.«
    »Was macht das Schiff?«
    »Es steuert Meermaid an.«
    »Ich höre, bei Ihnen gibt es Sturmwarnung.«
    »Wir haben jetzt mäßig hohe See, Sir. Windstärke sechs. Wir fahren mit voller Kraft.«
    »Und so bleibt es auch, Käpt'n.«
    »Wenn es wirklich ein Sturmtief gibt, Sir, und wir hineinkommen, ist volle Fahrt

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