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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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Wunder also, dass die Nachrichten über den Erdölstreik in Paradise verdrängt wurden. Ab und zu fanden sich ein paar Zeilen versteckt auf der letzten Seite: Drei Streikende waren festgenommen und bezichtigt worden, in dunkler Nacht einen Streikbrecher verprügelt zu haben; die Ölbosse behaupteten, die Ausständler hätten in dem Gebiet Feuer zu legen versucht, und unter den Unruhestiftern seien deutsche Geheimagenten tätig. Nur ein paar solche Kurzmeldungen erinnerten daran, dass dreitausend Männer, zum Teil mit Frauen und Kindern, einen verzweifelten Kampf gegen das Verhungern führten.
    Dad ließ sich natürlich täglich berichten, was vor sich ging, und dadurch erfuhr auch Bunny, was es Neues gab. Nach und nach hatten die Unternehmer Aushilfsleute, denen sie Lohnaufschläge zahlten, zum Gelände geschafft. Selten waren es Facharbeiter, und es ereigneten sich viele Unfälle; trotzdem wurde die Förderung an mehreren Bohrlöchern wieder aufgenommen und in zwei, drei Fällen sogar gebohrt. Nur auf dem Ross-Gelände stand alles still, und Bunny merkte, dass dies seinen Vater verdross. Er büßte täglich ein Vermögen ein und verlor gleichzeitig an Ansehen bei seinen Verbündeten, die noch nicht wussten, ob sie ihn für einen Verrückten oder für einen Verräter halten sollten. Natürlich gefiel es den Großen Fünf, dass einer der Unabhängigen sich selbst ruinierte, dabei spielten sie die Empörten und brachten Gerüchte und Propagandameldungen zuungunsten ihres Rivalen in Umlauf und bauschten das Unheil auf, das er auf seinem Ölfeld verursachte.
    Das alles sah Bunny und bekam es schmerzhaft zu spüren durch den Klatsch, den Tante Emma aus den Klubs und Bertie von den Partys und Bällen mit nach Hause brachten. Dann dachte er an die bedauernswerten Männer, die sich an ihre Hoffnung auf ein besseres Leben klammerten, und es zerriss ihm das Herz. Nur eins konnte Dads Handlungsweise rechtfertigen: ein Sieg der Arbeiter. Sie mussten einfach gewinnen! Es war dasselbe Gefühl, wie wenn Bunny bei einem Footballspiel zuschaute und sich für seine Mannschaft heiser brüllte. Er verspürte den Drang, aufzuspringen, aufs Spielfeld zu laufen und seiner Mannschaft zu helfen, aber leider verboten das die Regeln!
    Wieder hatte es auf dem Ross-Gelände Ärger mit den Wachmännern gegeben, deshalb fuhr Dad zum Ölfeld, und Bunny kam übers Wochenende mit. Es war Frühling, die Berge waren grün, und die Obstbäume blühten – ach, wie schön, wie schön! Doch die Menschen waren zu Millionen unglücklich; warum lernten sie nicht, in einer solchen Welt glücklich zu sein? Im ganzen Land war Frühling, und dennoch bereiteten sich alle darauf vor, in den Krieg zu ziehen, riesige Heere aufzustellen und andere Menschen umzubringen, die ebenfalls nach Glück strebten! Jedermann sagte, das müsse sein, doch in Bunny gab es etwas, was unbeirrbar von einer Welt träumte, in der die Menschen einander nicht verstümmelten und töteten, womit sie nicht nur ihr eigenes Glück, sondern auch das der anderen zerstörten.
    Sie kamen nach Paradise, und dort bot sich ihnen ein merkwürdiger Anblick: müßig auf den Straßen herumlungernde Arbeiter und Wachmänner an den Zugängen zu den Ölfeldern. Auf einem leeren Grundstück hielt jemand eine Rede, und eine Menschenmenge hörte zu. Es war eine herrliche Zeit für Spinner aller Art, die etwas zu verkünden hatten, Wanderprediger, fliegende Patentmedikamentenhändler 32 und sozialistische Redner – die Leute hörten allen unvoreingenommen zu. Bunny stellte fest, dass sein Leseraum nun besucht wurde, es gab Männer, die alle Zeitschriften bis hin zu den Anzeigen gelesen hatten!
    Dad hatte eine Unterredung mit einer Arbeiterdelegation. Die Lage sei unzumutbar, berichteten sie, die Wachmänner machten vorsätzlich Ärger, seien zeitweise betrunken und wüssten dann nicht, was sie täten oder getan hätten. Daher habe die Gewerkschaft weitere Zelte aufgestellt, und die Männer würden aus der Schlafbaracke ausziehen. Wer Familie habe und in einem Haus wohne, versuche zu bleiben, wenn Mr Ross das erlaube, es gebe keinen Ort, wo Familien hingehen könnten, und sie wagten es nicht, die Frauen und Kinder in der Nachbarschaft der Wachmänner allein zu lassen. Dad sprach mit dem Hauptmann der Wachleute und erhielt die Auskunft, dass die Männer natürlich Schnaps tränken, ob er etwa meine, dass sie ohne Schnaps in einem so gottverlassenen Nest wie diesem überhaupt bleiben würden? Dad musste ihm

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