Öl!
recht geben; Männer waren eben so, und wenn man sein Eigentum in einer Notsituation bewacht haben wollte, musste man nehmen, was man bekam. Bunny war mit diesem Einwand nicht zufrieden, aber Bunny war ein «Idealist», und solche Leute sind in dieser rauen Welt selten zufriedenzustellen.
Bunny ging Ruth und Meelie besuchen – dort gab es immer Neuigkeiten. Die Mädchen waren fleißig mit Backen beschäftigt, da aber der Mund dabei nichts zu tun hat, ergoss sich über Meelies Lippen eine Flut von Klatsch. Dick Nelson lag im Krankenhaus, weil ihm ein Teil seines Kiefers weggeschossen worden war – dieser hübsche junge Kerl, Bunny erinnerte sich an ihn, er hatte am Bohrloch Nr. 11 gearbeitet. Er hatte einen Wachmann niedergeschlagen, weil der seine Schwester angepöbelt hatte, und da hatten zwei andere Wachmänner auf ihn geschossen. Und Bob Murphy saß im Gefängnis; er war festgenommen worden, als man die Streikbrecher aufs Victor-Gelände brachte. Und so ging es weiter, ein Name nach dem anderen, den Bunny kannte. Meelie riss die Augen auf vor Entsetzen, und dennoch merkte man, dass sie jung war und dies aufregender fand als alles, was sie bisher erlebt hatte. Wäre auf einmal der Teufel mit Hufen, Hörnern, Dreizack und brenzligem Gestank auf einer Versammlung im Tempel der Dritten Offenbarung erschienen – Meelie hätte die Aufregung genossen, und genauso genoss sie diesen Haufen von saufenden, fluchenden Raufbolden, die die Unterwelt der großen Stadt unversehens in ihr friedliches, frommes, frühlingsgeschmücktes Dorf gespien hatte.
Bunny erkundigte sich nach Paul und erfuhr, dass er ins Streikkomitee aufgenommen und Redakteur einer kleinen Gewerkschaftszeitung geworden war. Die sei hübsch, ob Bunny sie schon gesehen habe? Sie zogen ein Exemplar hervor, ein aus Kostengründen beidseitig bedruckter Doppelbogen mit einem kleinen Bohrturm auf der ersten Seite neben dem Titel «The Labor Defender». Es enthielt Streiknachrichten, Ermahnungen und eine Beschwerde beim Gouverneur von Kalifornien über die Gewalttätigkeit der Hilfssheriffs und die Weigerung des Sheriffs, ihnen den Whiskey wegzunehmen. Auch ein Gedicht stand drin: «Arbeiter, erwache!» von Mrs Weenie Martin, «Ehefrau eines Turmschmieds». Paul sei soeben von einem Besuch auf einem anderen Ölfeld zurückgekommen, wo er die Männer beschworen habe, sich dem Streik anzuschließen; in Oil Center hätten sie versucht, ihn festzunehmen, aber er sei rechtzeitig gewarnt worden und habe über eine Nebenstraße entkommen können.
Amerika zog in den Krieg, und alle waren begeistert; in der Schule wurden patriotische Lieder gesungen und Drillteams 33 aufgestellt. Im Vergleich dazu war der Ölkrieg so unbedeutend, dass ihm niemand mehr Beachtung schenkte; nur Bunny ließ er nicht los, für ihn war das der große Krieg. Dieser Machtdünkel, diese offene Verachtung von Gesetz und Anstand und diese elenden Lügen über die Arbeiter! Hier erfuhr Bunny die Wahrheit, erfuhr sie unmittelbar von den Männern und Frauen, die er kannte; er musste an die Schauermärchen in den Zeitungen denken und hasste sich selbst, weil er von Geld lebte, das mit solchen Mitteln erwirtschaftet wurde. Sein Vater zahlte die «Beiträge» an den Verband und damit auch den Sold dieser Schufte, er bezahlte ihre Waffen, die Munition und die Whiskeyflaschen, ohne die sie nicht hierbleiben wollten!
Was bedeutete das? Was steckte dahinter? Nur eins – die Gier einer kleinen herrschenden Sippschaft von Unternehmern, die ihren Arbeitern keinen ausreichenden Lohn zahlen wollten und sie zwölf Stunden am Tag schuften ließen. Sie vertrieben die Männer mit Revolvern und Gewehren, hielten sie von den Bohrlöchern fern, der einzigen Quelle ihres Lebensunterhalts, und ließen sie so lange hungern, bis sie wieder zu den alten, unfairen Bedingungen arbeiteten. Das war die Geschichte, so einfach war sie, und hier, in Ruths kleiner Küche, sah man von Nahem, wie sie ablief. Die Mädchen mussten den Brotpreis heruntersetzen, weil einige Leute sich sonst das Brot nicht mehr hätten leisten können.
Ölarbeiter sparen nie viel, weil sie herumziehen und ihre Familien nachholen oder ihnen Geld schicken müssen. Jetzt waren ihre Ersparnisse aufgezehrt, und die Hilfszahlungen von anderen Ölfeldern reichten nicht aus. Paul, der Geld zurückgelegt hatte, um zu studieren und Wissenschaftler zu werden, unterstützte damit nun hungernde Familien, Ruth und Meelie opferten all ihre Zeit, und selbst die alte
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