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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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Ozean gelassenen weiblichen Bescheidwissens. Bunny wurde auf völlig neue Gedanken gebracht. War es möglich, dass spätes Heimkommen bei seiner Schwester dasselbe bedeutete wie seit Kurzem bei ihm? Wenn Bertie angeblich beim Tanzen war, kam sie danach dann immer sofort nach Hause, oder parkte sie auch am Straßenrand? Bunny hatte den Schock über Eunices geparktes Auto allmählich überwunden, aber es dauerte etwas, bis er sich an die Vorstellung gewöhnte, dass auch seine Schwester ihr Auto am Straßenrand anhielt. Wenn er abends die Highways entlangfuhr, fiel ihm auf einmal auf, wie viele Autos dort parkten!
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    All dies geschah kurz vor dem Ende des Streiks; es war auch die Zeit, als Amerika in den Krieg eintrat. So vermengte sich in Bunny die geschlechtliche Hochstimmung mit der patriotischen. Beides war nicht so weit voneinander entfernt, wie man glauben möchte, denn die Jugend des Landes schickte sich an, in die Schlacht zu ziehen, und das lockerte die Sexualmoral. Vielleicht würden sie nicht mehr zurückkommen, da machte es nicht so viel aus, was sie in der Zwischenzeit taten. Die Mädchen ließen sich leichter erweichen, und die Jungen wollten noch ein bisschen Vergnügen ergattern, ehe es zu spät war.
    Bunny war zu jung, um jetzt schon eingezogen zu werden, aber in der Schule nahm er an den Exerzierübungen teil, und das verlieh ihm einen militärischen Glorienschein. Das Highschool-Korps wurde mit alten Gewehren der Staatsmiliz ausgerüstet, und die Jungen marschierten gruppenweise über den Sportplatz: «Eins, zwei, eins, zwei! Rechts um, links um!» Sie traten sich gegenseitig auf die Zehen, doch der Blick in den jungen Gesichtern blieb unverändert wild entschlossen. Bald würden sie Uniformen bekommen, genau wie die Mädchen aus den Krankenpflegekursen. Jungen und Mädchen trafen sich in der Schulversammlung und sangen voller Inbrunst patriotische Lieder.
    Ja, es war Krieg! Ganze Flotten von Frachtschiffen transportierten Material nach England und Frankreich, dazu Brigaden von Ingenieuren und Arbeitern, die der Armee den Weg ebnen sollten. Der Präsident hielt Reden – wunderbare, glühende, ausdrucksstarke Reden. Das böse Volk der Hunnen habe sich erhoben, die Zivilisation zu bedrohen, doch das demokratische Amerika werde es kraftvoll bezwingen. Wenn dies erst einmal geschafft sei, habe alles Leid auf Erden ein Ende, daher sei es die Pflicht eines jeden Patrioten, seinen Teil zu diesem letzten aller Kriege beizutragen, dem Krieg gegen den Krieg, dem Krieg für die Demokratie. Große und kleine Staatsmänner fielen in den Chor ein, die Zeitungen folgten stündlich in millionenfachem Echo, und eine Unmenge von «Vierminutenmännern» 39 wurde ausgebildet, um in Fabriken, Kinos und überall da, wo sich Menschen versammelten, Amerika zu diesem Kreuzzug aufzurufen.
    Wie alle Familien im Land las, lauschte und stritt auch die Familie Ross. Bunny, der junge Idealist, sog jedes einzelne Wort der Propaganda auf, es war genau das, was er glauben wollte, seine Art von geistiger Nahrung. Er stritt mit seinem gelassenen, bedächtigen, insgeheim zweifelnden Vater. «Ja, natürlich», pflegte Dad zu sagen, «wir müssen den Krieg gewinnen, wir müssen jeden Krieg gewinnen, in den wir geraten. Aber was die Zukunft angeht, nun ja, darüber reden wir, wenn es so weit ist.» Fürs Erste war Dad vollauf damit beschäftigt, den Streik zu einem friedlichen Ende zu führen, um dann das Öl zu beständig steigenden Preisen zu verkaufen. Es zu verschenken wäre unsinnig, denn die Regierung wollte, dass weitere Löcher gebohrt wurden, und womit sollte man das finanzieren, wenn nicht mit dem Erlös für das Produkt? Die Regierung zahlte großzügig, und Dad war das Patriotismus genug; er kümmerte sich darum, dass seine Bohrlöcher in Fluss kamen, den Redefluss überließ er den Politikern.
    Tante Emma fand es schändlich, so mit einem Jungen zu reden, und schimpfte tüchtig, wie es das Privileg angeheirateter Verwandter ist. Tante Emma hörte in den Klubs patriotische Rednerinnen, die von belgischen Kindern mit abgeschnittenen Händen erzählten und von Munitionsdepots, die von deutschen Spionen in die Luft gejagt worden waren, und kam flammend vor Kriegsbegeisterung heim. Noch schlimmer war Bertie, denn der junge Mann, mit dem sie zu den Jazzpartys ging, war im «Heimatschutz» 40 aktiv, kannte die Namen aller deutschen Geheimagenten in Südkalifornien und wusste, welche Schurkereien sie planten, deshalb machte Bertie

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