Öl!
Großmama, obgleich sie sie doch nie kennengelernt hatte. Ruth fand alle Kriege schlimm und wollte niemals mit einem zu tun haben. Natürlich merkte man, worum es ihr in Wirklichkeit ging: Sie wollte nicht, dass Paul ihr weggenommen und getötet wurde! Als Paul seine Nummer in der ersten Einberufungsliste las, geriet Ruth völlig außer sich und ließ sich durch nichts mehr beruhigen. Sie klammerte sich an Paul, schwor, ihn nicht ziehen zu lassen, wollte vor Kummer sterben, wenn er ginge, und als sie merkte, dass er tatsächlich gehen würde, kehrte sie blass und schweigsam an ihre Arbeit zurück.
Paul begab sich in ein Ausbildungslager, und von da an wurden Blässe und Schweigsamkeit zu Ruths vorherrschenden Eigenschaften. Sie übernachtete wieder im Haus ihres Vaters, und das hieß, dass sie sonntags mit der Familie in die Kirche gehen, stillsitzen und sich auf die Lippen beißen musste, wenn Eli predigte. Eli war ein Prophet nach dem Geschmack des Alten Testaments, er rief das Gericht auf die Feinde des Herrn herab, auf dass Er sie an Schultern und Lenden schlüge 41 und keinen am Leben ließe, nicht einmal die Kinder, diese «Teufelsbrut». Als Prediger musste Eli das Töten nicht selbst übernehmen, er war vom Wehrdienst befreit, und seine Schwester Meelie hatte das Kriegsproblem für sich dadurch gelöst, dass sie einen jungen Bohrarbeiter heiratete und Dad bewog, ihn zum Vorarbeiter zu machen, damit er zu Hause bleiben durfte. Meelie, ein Plappermaul und frisches junges Ding, sagte zu Bunny, Ruth solle sich lieber einen Ehemann suchen, statt Paul nachzutrauern, vielleicht wünsche sich eines Tages auch Bunny, vom Wehrdienst befreit zu werden, und dann könnten sie beide das Problem auf einen Schlag lösen!
5
Bunny erlebte einen heißen Sommer zwischen Krieg und Liebesrausch. Er verbrachte viel Zeit in Beach City, denn er konnte sich mit den Übungen für den Krieg entschuldigen, und Eunice war in ihren Forderungen sehr gebieterisch. Tatsächlich bekam ihr Glück den ersten Riss, als er darauf bestand, von Zeit zu Zeit nach Paradise zu fahren, wohin Eunice nicht gut mitkommen konnte. Sie griff Berties Formulierung vom «kleinen Ölzwerg» auf. «Was willst du mit so viel Geld?», fragte sie. «Mein Gott, ich kann doch von Papa welches bekommen, wenn du etwas brauchst!» Tommy Hoyt hatte offenbar einen «Riesenreibach» gemacht, indem er unten am Hafen kurz vor Kriegseintritt alte Kähne aufgekauft hatte; es hieß, er habe glatte drei Millionen eingeheimst. Es stand viel darüber in den Zeitungen – alles sehr schmeichelhaft, denn von solchem Ruhm träumte jeder.
Wie konnte Bunny ihr erklären, dass es nicht ums Geld ging, sondern darum, dass das Land Öl benötigte und er seinen Teil dazu beitragen wollte? Was war das für ein abartig feierlicher Ernst für einen Achtzehnjährigen? Er schob die Schuld auf Dad, dem es nicht gut gehe und der seinen Sohn brauche, und so wurde es zur Streitfrage, wer Bunny mehr am Herzen liege, sein Vater oder seine Liebste. Eunice packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn; sie brauchte jemanden, der mit ihr zum Tanzen ging, und wenn er wegfuhr und sich in der Wüste verkroch, würde sie sich einen anderen suchen.
Sie war unersättlich, gierte nach Vergnügen, wusste nie, wann sie aufhören musste, gleichgültig, worum es ging. «Nur noch ein Tanz! Ein einziger!», flehte sie, und dann hieß es, noch einen Kuss, noch einen Schluck. Immer bat sie Bunny, etwas zu trinken, und war gekränkt, wenn er sich weigerte. Warum zählte für ihn das dem Vater gegebene Versprechen mehr als sein Versprechen, ihr Freund zu sein? Und wie sollte sie mit ihm und ihrer Clique ausgehen, wenn er den Spielverderber mimte?
Sie gab sich nicht lange damit zufrieden, in den Sanddünen zu verschwinden und ihr Geheimnis nur mit dem Mond zu teilen. Eunice liebte den Lichterglanz, in dem sie mit beiden Händen und für alle sichtbar Papas plötzlichen Reichtum durchbrachte. Sie fuhren nach Angel City in vornehme Hotels, wo Scharen von Nachtschwärmern in palastähnlichen Speisesälen zum Klang der Jazzorchester die jüngsten Vertragsabschlüsse und die jüngsten Finanzcoups feierten. Die Räume waren geschmückt mit den Flaggen der Alliierten, und die Männer trugen die Uniformen aller Waffengattungen. Für Eunice bedeutete Krieg, sich in dieser glanzvollen Gesellschaft zu bewegen, aufzustehen, wenn das Orchester «The Star-Spangled Banner» spielte, und danach die ganze Nacht durchzutanzen, wenn
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