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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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Geschäftsleuten und Akademikern; Bunny wollte wissen, wer sie waren und wie sie über das Leben, die Liebe und den Krieg dachten. Er exerzierte, bis ihm der Rücken wehtat, er lernte fast so viel wie in der Schule, aber er lebte jetzt in einem Zelt, aß voller Heißhunger und entwickelte sich in alle Richtungen.
    Ab und zu erkundete er mit einem Kameraden die Umgebung, doch aus sexuellen Abenteuern, mit denen die meisten beim Militär während ihrer Freizeit beschäftigt waren, hielt er sich raus. Man hatte hier keine Hemmungen, sich unverblümt zu äußern. Die Vorgesetzten nahmen als selbstverständlich an, dass man sich eine Frau suchte, wenn man Ausgang hatte; sie erklärten, was zu tun war, wenn man zurückkam, und es gab eine Behandlungsstation, wo man sich anstellen musste und mit den andern Jungs herumwitzelte, wo man gewesen war und was es gekostet hatte. Bunny wusste genug, um sich klarzumachen, dass die Frauen in der Umgebung des Lagers, die für ein Abenteuer zu haben waren, nach einem Jahr ziemlich verkommen sein mussten, deshalb zeigte er wenig Interesse an ihren Blicken und den hübschen, seidenbestrumpften Knöcheln.
    Er hatte sich für die Artillerie beworben, aber man befahl ihm, «Militärtransportwesen» zu studieren, aufgrund seiner Kenntnisse rund ums Öl. Er akzeptierte dies arglos und wäre nie auf den Gedanken gekommen, Dad könne mit seinen weitreichenden Beziehungen hier vielleicht ein Wörtchen mitgeredet haben. Dad hatte stillschweigend beschlossen, dass Bunny auf keinen Fall nach Übersee gehen durfte, niemals, und wenn dieser Krieg noch zehn Jahre dauerte. Bunny würde zu denen gehören, die den Öl- und Benzinnachschub fürs Militär regelten und sich darum kümmerten, dass die verschiedenen Produkte auf dem neuesten Stand waren und zügig und pünktlich geliefert wurden. Wer weiß, vielleicht würde er eines Tages Aufträge vergeben, dann konnte er hie und da ein gutes Wort für Ross Consolidated einlegen!
    7
    Die Geschäftsverhandlungen liefen, und Dad schilderte in langen Briefen, welche Fortschritte sie machten – Briefe, die Bunny, wenn er sie gelesen hatte, zurückschicken musste und nicht im Zelt liegen lassen durfte. Erst gab es Gerüchte in den Zeitungen, dann genauere Berichte, mit denen die Öffentlichkeit auf die Gründung eines mächtigen Unternehmens vorbereitet werden sollte. Als Bunny im Spätsommer Heimaturlaub erhielt und nach Hause fuhr, bekam er dort die neuesten Nachrichten zu hören.
    «Nach Hause» bedeutete nicht mehr Beach City. Dad hatte nur gewartet, bis Bunny mit der Schule fertig war, dann war er umgezogen. Im vornehmen Viertel von Angel City hatte er über einen Immobilienmakler für fünfzehntausend Dollar im Jahr einen Prachtbau angemietet. Von außen sah man nur rosa Stuck und eine zu Glocken und Kugeln gestutzte Hecke, wie die Zunftzeichen eines Pfandleihers. Das Haus hatte eine große Veranda mit Schaukeln an Messingketten, reihenweise Farnen in gewaltigen Meeresmuscheln und riesigen Glasfenstern, die man nicht öffnen konnte. Drinnen standen Eichenmöbel im sogenannten Missionsstil 45 , so schwer, dass man sie kaum verrücken konnte, aber das war schon in Ordnung, Dad wollte sie gar nicht verrücken, er setzte sich immer auf den nächstbesten Stuhl, und der einzige Raum, von dem er Behaglichkeit erwartete, war sein Arbeitszimmer mit dem riesigen alten Ledersessel, dem Zigarrenvorrat und einer Karte vom Paradise-Gelände, die eine ganze Wand einnahm. Und noch etwas war Dad wichtig gewesen: Dass Großmamas bedeutendste Gemälde im Esszimmer hingen, darunter das Skandalbild mit den Deutschen und ihren Steinkrügen. Der übrige Kram der alten Dame, ihre Staffelei, die Ölfarben und eine Menge kleinerer Werke, lag in Kisten verstaut im Keller. Jetzt war Tante Emma die Hausherrin und Bertie, wenn sie daheim war, ihre schärfste Kritikerin.
    Auf dem Schreibtisch in Dads Arbeitszimmer stapelten sich ein Fuß hoch die Schriftstücke rund um das neue Unternehmen. Dad ging sie eins nach dem anderen durch und erklärte die Einzelheiten. Ross Consolidated sollte eine Gesellschaft mit siebzig Millionen Dollar Stammkapital werden, Dad würde zehn Millionen in festverzinslichen Papieren und Vorzugsaktien und weitere zehn Millionen in Stammaktien halten. Mr Roscoe bekäme dasselbe für sein Gelände am Prospect Hill und das am Lobos River, und die verschiedenen Bankiers erhielten jeweils fünf Millionen dafür, dass sie das Projekt finanzierten. Der Restbetrag,

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