Öl!
Begriff. Auch Bunny kam plötzlich und unerwartet in diesen Genuss, da Dad seinen geheimen Einfluss geltend machte, und er fuhr heim, um die Kursbewegungen von Ross Consolidated zu verfolgen. Die B-Aktien, zu einem Eröffnungspreis von hundertacht Dollar ausgegeben, waren nach zwei Tagen restlos ausverkauft und wurden nun auf dem Markt mit 147 ¾ notiert. Es handelte sich um «nennwertlose» Aktien – noch so eine neue Finte, die Vernon Roscoes raffinierte Anwälte empfohlen hatten; auf diese Weise konnte man bestimmte bundesstaatliche und nationale Steuern umgehen. Außerdem musste man niemals Dividenden in Form von Gratisaktien ausschütten, um die Höhe des Gewinns zu verschleiern. Mr Roscoe war in finanziellen Dingen ein regelrechter Magier, so ziemlich der klügste Bursche, der Dad im Spiel mit dem Öl je über den Weg gelaufen war.
Dad war eine immense Last von den Schultern genommen, denn nun würde die riesige Roscoe-Maschinerie das Öl vermarkten und das Geld eintreiben. Dads Aufgabe waren die Neuerschließungen, der Teil des Spiels, der ihm wirklich Freude machte. Er gehörte zum Direktorengremium des neuen Konzerns und war gleichzeitig Vizepräsident mit einem Jahresgehalt von hunderttausend Dollar und der Aufgabe des Auskundschaftens und Bohrens; er würde umherreisen, die Geländeanlagen planen, die Bohrlokationen auswählen und sich darum kümmern, dass jedes Loch ordnungsgemäß angefördert wurde, ehe es einem anderen Verantwortlichen, dem Betriebsleiter, übergeben wurde. Dad beabsichtigte, Bunny in seiner Abteilung anzustellen, anfangs mit, sagen wir mal, sechstausend im Jahr, bis alle kapiert hatten, dass er etwas vom Geschäft verstand; sie hätten ein herrliches Leben, würden in ganz Südkalifornien herumfahren und Öl aufspüren, genau wie in Paradise!
Das klinge gut, sagte Bunny, aber er brauche noch ein bisschen Zeit, um drüber nachzudenken und sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass er nun nicht nach Sibirien oder Frankreich fahre.
Dad sagte, in Ordnung, natürlich, er solle nix überstürzen, aber Bunny merkte, es schmerzte ihn ein wenig, dass sein Sohn und Stammhalter nicht das Richtige tat.
10
Sie fuhren nach Paradise, um zu sehen, was es Neues gab, und die erste Neuigkeit war Ruth, die im Rascum-Häuschen einen Lunch für sie hergerichtet hatte. Bunny war entsetzt, sie sah zehn Jahre älter aus als bei seinem letzten Besuch, sie war blass, und ihr Lächeln wirkte gezwungen. Sie hatte alles Bemühen um weibliche Reize aufgegeben, das Haar saß streng zurückgekämmt und zu einem Knoten gewunden oben auf dem Kopf, und der Rock reichte ihr bis zu den Knöcheln, ein halbes Bein länger, als es Mode war. Ruth sei drauf und dran, zur alten Jungfer zu werden, sagte Meelie, und das alles nur, weil sie sich wegen Paul das Herz aus dem Leib gräme.
«Ach, ich weiß, er ist tot!», rief Ruth. «Überlegen Sie mal, Paul ist vor fünf Monaten fortgegangen, in dieser Zeit hätte er mir doch jede Menge Briefe geschrieben!»
Es war in der Tat seltsam; Dad dachte ein bisschen nach und sagte dann: «Ja, wir haben lang genug gewartet, jetzt wollen wir’s wissen.»
«O Mr Ross, wie meinen Sie das?», rief Ruth und rang die Hände.
«Na, wir werden diese Armee in Sibirien ja nicht bis auf den letzten Mann verloren haben, und es gibt bestimmt Mittel und Wege, sich mit ihr in Verbindung zu setzen.»
Ruth war noch blasser geworden. «Oh, ich weiß gar nicht, ob ich es wirklich rausfinden will! Wenn ich erfahren sollte, dass er tot ist … wenn ich es mit Sicherheit weiß …»
«Schau, mein Kind», sagte Dad, «das Unglück, das man sich ausmalt, ist immer viel schlimmer wie das wirkliche. Ich möcht über meinen Zimmermann Bescheid wissen, und ich werd mich drum kümmern!»
Er ging zum Telefon und rief bei Mr Jake Coffey, Heu und Futtermittel, in San Elido an. «Hallo, Jake. Ja, uns geht’s allen prima, wie steht’s mit dir, alter Knabe? Hör mal, du hast doch den Burschen als Kandidaten aufgestellt – ich hab den Namen vergessen, den Kongressabgeordneten hier aus dem Bezirk. Also, ich hab ihn nie um einen Gefallen gebeten, aber ich find, ich hab ein Recht darauf, wenn man bedenkt, was ich hingeblättert hab, damit er gewählt wird. Also, schick ihm ein Telegramm und sag, er soll sich mal ins Kriegsministerium rüberbequemen und eine Anfrage stellen von wegen Aufenthaltsort und Befinden von Paul Watkins. Hast du was zum Schreiben da?»
Dad drehte sich zu Ruth um. «Wie heißt das jetzt?
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