Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
Vom Netzwerk:
und kaperten mehrere Schlachtschiffe. Deutsche Truppen lehnten es ab, sich neues Ansehen zu erkämpfen, indem sie für die Alliierten den Bolschewismus niederknüppelten. In Folkestone weigerten sich britische Soldaten, an Bord der Schiffe zu gehen, die sie nach Archangelsk bringen sollten.
    Und das Allerentsetzlichste – eine Meuterei in der amerikanischen Armee, die erste in der Geschichte von «Old Glory» ! Holzfäller und Bauernsöhne aus Michigan, an den Polarkreis verfrachtet und dem Kommando von britischen Offizieren unterstellt, hatten den Befehl erhalten, bei fünfundvierzig Grad unter null halb verhungerte, zerlumpte russische Arbeiter zu erschießen, und nun legten diese jungen Leute ihre Waffen nieder! 58 Der Zwischenfall wurde in den Zeitungen vertuscht, nicht aber in den höheren Kreisen von Militär und Diplomatie und auch nicht in den Bürogebäuden, wo bessere Herren und patriotisch gesonnene Damen die Zukunft der Welt entwarfen!
    Im Oktober unternahmen die Alliierten eine letzte militärische Anstrengung. Um Petersburg zu erobern, schickten sie den zaristischen General Judenitsch los und versorgten ihn mit Material und Truppen aus vielen Nationen. 59 Er kam bis auf ein paar Meilen an die Stadt heran, sodass die Sowjets ihre Hauptstadt nach Moskau verlegen mussten. Dennoch trieben die halb verhungerten und zerlumpten Kommunisten ihre Feinde zurück, und die bolschewistische Propaganda zettelte eine Revolution in Ungarn an und eine weitere in Bayern!
    Auch zu Hause mehrten sich die schlimmen Vorzeichen. Trotz der Razzien, Verhaftungen und Ausweisungen ließen sich zahlreiche Menschen nicht davon abhalten, öffentlich und laut zu sagen, dass wir kein Recht hätten, gegen ein friedliches Volk Krieg zu führen. Immer mehr zeigten sich unzufrieden mit der Entscheidung, die Soldaten im Ausland festzuhalten, obwohl der Krieg vorüber war. «Radikale» Zeitungen und Zeitschriften machten weiter die Runde, und zumindest in den großen Städten waren Massenkundgebungen nicht mehr zu verhindern.
    Allerdings führten die Proteste kaum zu Ergebnissen, denn die Regierung befand sich in einer eigentümlichen Lage. Der Präsident war zu einer Reise aufgebrochen, um dem Volk einzureden, es sei mit der Friedensregelung einverstanden. Er war auch nach Angel City gekommen, und Dad und Bunny hatten sich ihn angehört – in einer riesigen Halle, in der zehntausend gut gedrillte Menschen auf ein Zeichen hin aufstanden, jubelten und sich wieder hinsetzten, alles sehr ehrerbietig, wie in einer Monarchie. Die Stimme des großen Mannes klang angestrengt, sein Gesicht hatte eine ungesunde Röte, und seine Argumente waren ebenso jämmerlich wie seine Erscheinung. Einige Tage später kam die Nachricht, er sei zusammengebrochen und eilends nach Washington zurückgebracht worden, dort habe er einen Schlaganfall erlitten. Jetzt lag er hilflos da, dämmerte vor sich hin und war zu keiner Bewegung fähig, und das Land wurde von einem seltsamen Triumvirat regiert, einem katholischen Privatsekretär, einem Militärarzt und einer eleganten Dame der Washingtoner Gesellschaft. 60
    Doch irgendwo, vielleicht im Kabinett, hatte sich noch eine Spur Intelligenz erhalten, die die wachsende Gefahr im Ausland und zu Hause erkannte. An Weihnachten, als Bunny in Paradise war, Wachteln schoss und das Gedeihen von Ross Consolidated beobachtete, lief er eines Morgens dem Ford entgegen, der die Post aufs Gelände brachte. Er nahm die Morgenzeitung, und da stand auf der Titelseite eine Meldung aus Washington, der zufolge die Militärbehörde zu dem Schluss gekommen war, es sei nicht mehr nötig, dass wir die Transsibirische Eisenbahn kontrollierten; diese Aufgabe überließen wir nun den Japanern, wir kehrten heim. Bunny stieß einen Schrei aus, rannte ins Haus und rief nach Ruth. «Paul kommt heim! Paul kommt heim!» Und dann musste er sie ganz schnell auffangen und ihr auf einen Stuhl helfen!

KAPITEL 11
    Der Rebell
    1
    An der Southern Pacific University waren, ohne dass man darüber sprach, die Gesellschaftsschichten streng voneinander geschieden, und im Normalfall hätte sich ein Mann von Bunnys Reichtum, gutem Aussehen und guten Manieren nur mit den Mitgliedern der Studentenverbindungen, Männern wie Frauen, abgegeben. Falls sich ein junger Neger als gewandter Disputant oder der Teilnehmer eines Kurses für Putzmacherei oder Installation als begabter Hürdenläufer entpuppte, so durfte der Hürdenläufer über seine Hürden setzen und der

Weitere Kostenlose Bücher