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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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schlossen sich drei anderen jüdischen Studenten an, die sich einen zerbeulten Ford zugelegt hatten und als Obstpflücker arbeiteten; sie zogen von Feld zu Feld, schliefen unter den Sternen und ernteten Aprikosen, Pfirsiche, Zwetschken und Trauben für die Konserven- und Trockenobstfabriken. Bunny war der Einzige aus der kleinen Gruppe von «Roten», der den Sommer über nicht arbeiten musste, und er war der Einzige, der nicht wusste, was er mit sich anfangen sollte.
    In früheren Zeiten, als er und Dad immer nur ein Loch auf einmal bohrten, hatte Bunny sich tüchtig ins Zeug gelegt und bei allem geholfen, was es zu tun gab. Damals war er noch ein «Bürschchen» gewesen, und den Männern hatte das gefallen. Jetzt war er volljährig, und sie erwarteten von ihm, dass er seriös auftrat. Auch die Firma war volljährig, eine riesige Maschinerie, in der jedes Zahnrad seinen Platz hatte und in die man nicht eingreifen durfte. Bunny konnte sich nicht einmal um die Pflanzen zu Hause kümmern, ohne dem Gärtner in die Quere zu kommen. Er hatte sich vorgenommen, einige von Pauls Büchern zu studieren, aber er hatte noch nie gehört, dass jemand acht Stunden am Tag studierte, und Paul konnte er auch nicht vertreten, nicht einmal zeitweise, weil er als Zimmerer nicht gut genug war.
    Es war eine Welt, in der manche Menschen in einem fort arbeiteten und andere in einem fort spielten. In einem fort zu arbeiten war stumpfsinnig, und niemand tat das, wenn er es nicht musste; aber in einem fort zu spielen war ebenso stumpfsinnig; solche Leute unterhielten sich niemals über Themen, bei denen Bunny gern zugehört hätte. Sie sprachen mit einer Ernsthaftigkeit über ihr Spiel, als handelte es sich um Arbeit: Tennisturniere, Golfturniere, Polospiele – lauter vertrackte Methoden, einen kleinen Ball über ein Feld zu befördern! Es war schon in Ordnung, wenn jemand, der Bewegung und Erholung brauchte, im Freien auf einen kleinen Ball einschlug; aber einen Lebensinhalt daraus zu machen, dem man alle Zeit und alle Gedanken widmete, den man wie eine Religion praktizierte, über den man Bücher las und schrieb und stundenlang diskutierte …! Wenn Bunny sich diese erwachsenen Männer und Frauen in ihrer komplizierten «Sportkluft» ansah, schien ihm, sie hypnotisierten sich irgendwie selbst, um sich einzureden, dass sie ihr Leben wirklich genossen.
    7
    Wieder einmal kam Bertie daher und gab sich Mühe, ihren Bruder in diese Welt des Spielens zu locken, in die er aufgrund seines Erbes und seiner natürlichen Gaben von Rechts wegen gehörte. Bertie hatte ihre Affäre mit Eldon Burdick beendet. Er sei eine «Niete» gewesen, erklärte sie Bunny, immer habe er seinen Kopf durchsetzen wollen. Nun hatte sie eine neue Affäre, eine äußerst leidenschaftliche, vermutete Bunny, da seine Schwester ihre Gefühle sogar ihm offenbarte. Es handelte sich um den einzigen Sohn des verstorbenen August Norman, des Gründers von Occidental Steel. Der Junge heiße Charlie und sei ein wenig ungebärdig, sagte Bertie, aber ach, so faszinierend – und reich wie Krösus. Er habe niemanden, der sich um ihn kümmere, nur eine ziemlich einfältige Mutter, die immer noch jung und verrückt sein wolle, sich wie ein junges Mädchen anziehe und sich das Gesicht operieren lasse, damit es nicht «absacke». Sie besäßen eine tolle Jacht unten im Hafen und hätten Bertie gebeten, ihren Bruder mitzubringen. Da könne er ihr doch beistehen – bei seinem guten Aussehen und so weiter dürfte ihm das ein Leichtes sein.
    Es musste seine Schwester schlimm erwischt haben, wenn sie auf seinen spröden gesellschaftlichen Charme baute, dachte Bunny. Aber er ging hin, und während sie in Richtung Hafen fuhren, gab Bertie ihm Nachhilfeunterricht und wies ihn zurecht – keinesfalls dürfe er über seine schrecklichen bolschewistischen Ansichten reden, und wenn jemand den peinlichen Vorfall an der Southern Pacific erwähne, müsse er die Sache ins Lächerliche ziehen. Letzteres hatte Bunny bereits gelernt, und so verhielt er sich dementsprechend und merkte, dass es ganz einfach war, denn Charlie Norman gehörte zu jenen brillanten jungen Leuten, die zu allem, was aufs Tapet kam, etwas Witziges zu sagen wussten, und wenn ihm nichts Besseres einfiel, machte er aus einer hingeworfenen Bemerkung ein schlechtes Wortspiel.
    Da lag die «Sirene», ein schwimmendes Herrenhaus, überall weißer Lack, schimmerndes Messing, handgeschnitztes Mahagoni und handbemalte Seidenpolster. Die Matrosen,

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