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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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satt, Gewerkschaftsführer zu kaufen, ich kann mir ’ ne billigere Methode vorstellen, mit denen fertigzuwerden.»
    Bunny erschrak. «Stimmt das wirklich, Mr Roscoe? Haben Sie Funktionäre der Ölarbeiter kaufen können?»
    Verne schob sich ein paar Zoll über den Schreibtisch und streckte Bunny seinen langen Finger ins Gesicht. «Dass wir uns richtig verstehen, Kleiner», sagte er. «Ich kann jeden Funktionär kaufen, genau wie ich jeden Politiker kaufen kann oder jeden anderen, den ein paar Trottel in ein Amt wählen. Und ich weiß, was du von mir denkst: ‹Das ist ein alter Viehtreiber ohne Ideale, er hat ’nen Sack voll Geld und meint, damit kann er anstellen, was er will.› Aber das ist nicht das Entscheidende, mein Junge – das Entscheidende ist, ich hatte Grips genug, Geld zu machen, und ich hab den Grips, es richtig einzusetzen. Geld wird erst zur Macht, wenn es eingesetzt wird, und ich kann mir Macht nur deshalb kaufen, weil die Leute wissen, dass ich damit umgehen kann, andernfalls würden sie sie mir verdammt noch eins nicht verkaufen. Hast du das kapiert?»
    «Ja, aber was fangen Sie mit dieser Macht an, Mr Roscoe?»
    «Ich such nach Öl, hol es an die Oberfläche, raffinier es und verkauf es an jeden, der dafür zahlt. Solange die Welt Öl braucht, ist das mein Beruf; wenn sie ohne Öl auskommt, mach ich was anderes. Und wenn einer was von dem Kuchen abhaben will, soll er das tun, was ich auch getan hab: losziehen, schwitzen, arbeiten und sich an dem Spiel beteiligen.»
    «Aber die Arbeiter können diesen Rat wohl kaum alle befolgen, Mr Roscoe. Nicht jeder kann Unternehmer sein.»
    «Nein, Kleiner, darauf kannst du Gift nehmen, das können nur die, die den nötigen Grips dazu haben. Die anderen müssen arbeiten; und wenn sie für mich arbeiten, kriegen sie ’nen anständigen Lohn, pünktlich jeden Samstagabend, egal, wie viel Ärger und Projekte ich gerade hab. Aber wenn so ein Großmaul daherkommt und sich zwischen mich und meine Männer stellt und sagt, ich darf sie nur beschäftigen, wenn ich ihn beteilige, dann sag ich: ‹Ab in die Jutespinnerei!›»
    4
    Was Bunny von diesem Gespräch mit nach Hause nahm, war Vernon Roscoes letzte Mahnung. «Merkst du nicht, mein Junge, dass dein Vater ein kranker Mann ist? Du wirst ihn nicht mehr allzu viele Jahre haben, und eines Tages, wenn es zu spät ist, wachst du auf und kapierst, was du ihm angetan hast. Dieser alte Mann hat keinen anderen Gedanken auf Erden, als wie er’s dir leichter machen kann. Du kannst natürlich sagen, das braucht’s nicht, aber trotzdem, dafür lebt er nun mal. Und du? Du spuckst auf sein Leben! Ja, genau das tust du, mach dir nichts vor. Was er geleistet hat, ist nichts wert, alles ist betrügerisch und dreckig, und die einzigen Menschen mit Idealen oder Rechten sind ein Haufen Taugenichtse, die ihn hassen, weil er es zu was gebracht hat und sie es nie zu was bringen werden. Und wenn du glaubst, der alte Mann spürt das nicht, wenn du nicht merkst, dass es ihm das Herz abdrückt, gut, dann lass es dir von mir gesagt sein, und mach die Augen auf, ehe es zu spät ist. Wenn du schon das Geld deines Vaters ausschlagen musst, dann wart um Himmels willen zu, bis er tot ist, dann gehört es dir.»
    Kaum war Bunny aus dem Büro getreten, dachte er nicht mehr über die Sorgen der Ölarbeiter nach. War es um Dads Gesundheitszustand wirklich so schlecht bestellt? Und konnte man ihn nicht irgendwie dazu bewegen, weniger zu arbeiten? Musste er unbedingt immer dabei sein, wenn Ross Consolidated eine neue Bohrung anförderte, sei es in Lobos River, in Paradise oder in Beach City? Und was geschah mit Dad, wenn dieser Arbeitskampf sich tatsächlich zuspitzte?
    Im Vorfrühling trafen sich die Gewerkschaftsführer zu einer Besprechung und teilten der Ölbehörde mit, es sei nicht länger hinnehmbar, dass die Unternehmer die Vorschriften der Regierung offen missachteten; entweder müsse die Behörde sich durchsetzen, oder die Arbeiter würden die Dinge selbst in die Hand nehmen. Die Behörde rührte keinen Finger, und als die Gewerkschaftsfunktionäre an den Unternehmerausschuss schrieben, wurden die Briefe ignoriert. Ein Streik war unvermeidlich, und je länger er aufgeschoben wurde, desto schlechter war es für die Männer.
    Dann geschah etwas Merkwürdiges. Vee Tracy kam zu Bunny; sie hatte gerade einen weiteren Film fertiggestellt – kein Propagandawerk diesmal, nein, sie hatte Schmolsky sehr bestimmt wissen lassen, dass sie nie mehr

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