Öl!
etwas mit Russland zu tun haben wolle oder mit Streiks oder sonst etwas, was das Zartgefühl ihres Ölprinzen verletzen könnte. Diesmal kündigten die Plakate Viola Tracy in einer «Filmkomödie über Studentenstreiche» an, betitelt mit «Lockende Blicke». Vee als Schwarm des ganzen Campus war hinreißend; sie brach die Herzen von elf Footballstars auf einmal und vereitelte nebenbei den Anschlag einer Buchmacherbande, die eine Million Dollar auf den Ausgang eines wichtigen Spiels gesetzt hatte und versuchte, die Mannschaft dadurch lahmzulegen, dass sie das umschwärmte Vereinsmaskottchen entführte. Da Bunny weder für Buchmacher noch für Entführer Sympathien hegte, durfte er zuschauen, wie der Film gedreht wurde, und farbige Details aus eigenen Erfahrungen mit Studentenstreichen beisteuern.
Die Weltpremiere von «Lockende Blicke» sollte in New York stattfinden, in Anwesenheit des Stars.
«Bunny», sagte sie, «willst du nicht mitkommen und dich ein bisschen amüsieren?»
Bunny war noch nie an der Ostküste gewesen; es war ein verlockender Gedanke. Er hatte zwei Wochen Osterferien, und wenn er ein paar Tage Unterricht verpasste, konnte er das leicht nachholen. Er sagte, er wolle darüber nachdenken, und noch am selben Tag – sie waren nun im Kloster – eröffnete Annabelle das Feuer: «Könntest du Vee nicht begleiten und Dad mitnehmen? Etwas Abwechslung würde ihm sehr guttun.»
Er musterte ihre treuherzige Miene, und auf seinem Gesicht machte sich ein Grinsen breit. «Was geht da vor, Annabelle – du und Verne, ihr versucht, uns aus dem Weg zu räumen, weil es zum Streik kommt?»
Sie entgegnete: «Wenn deine Freunde dich wirklich gernhaben, wollen sie, dass du glücklich bist.» Und als er etwas von Davonlaufen und Feigheit murmelte, gab sie ihm eine verblüffende Antwort: «Heute Abend essen wir Lammbraten, da hast du es auch nicht für nötig gehalten, dir den Schlachthof anzuschauen.»
«Annabelle», versetzte er, «du bist eine Sozialphilosophin!»
Und sie fragte, ob man auf die Universität gehe, um komplizierte Bezeichnungen für den gesunden Menschenverstand zu lernen.
Die Verschwörung war offenbar perfekt eingefädelt; denn als Bunny heimkam, fragte Dad: «Hat dir Verne erzählt, was er von mir will?»
«Nein, Dad, was denn?»
«In New York findet eine Besprechung statt, an der einer von uns teilnehmen muss, und er wollte wissen, ob ich hier weg kann. Ich hab überlegt, ob es dich am College sehr zurückwirft, wenn du ein bisschen Ferien machst.»
Bunny ging mit sich zu Rate. Wozu war es gut, wenn er hierblieb? Beim ersten Streik hatte er erreicht, dass die Arbeiter nicht aus ihren Wohnungen geworfen wurden, aber nicht einmal das brächte er mehr zuwege, denn jetzt war Verne am Ruder, und der würde keinen Zoll nachgeben. Annabelles Gleichnis vom Lammbraten passte genau auf die Lage der Ölarbeitergewerkschaft. Das Schlachten konnte Wochen, ja Monate dauern, aber geschlachtet wurde auf jeden Fall, und Bunny konnte dabei nichts weiter tun, als seinen armen Vater zu quälen.
Und dann wurde auch noch Bertie in die Verschwörung mit einbezogen. Bertie wünschte sich, dass er wegfuhr. Sie gedachte demnächst die vornehmen Woodbridge Rileys zu besuchen und anschließend auf Thelma Normans Jacht mitzusegeln, und sie wollte nicht, dass ihr Bruder wieder in einen Ölstreik verwickelt wurde und womöglich einen Skandal in der Zeitung provozierte. Ob er nicht ein Mal an Dad denken und dafür sorgen könne, dass der alte Mann sich ausruhe? Bunny hatte die Auseinandersetzungen satt und sagte: «Einverstanden.»
5
Die beabsichtigte Reise warf ein skurriles Problem auf. Wie reiste man mit seiner Geliebten in diesem «Land der stolzen Pilgerväter» 96 ? Bunny erinnerte sich vage, gehört zu haben, dass Leute wegen eines fehlenden Trauscheins aus Hotels hinauskomplimentiert worden waren. Mussten er und Vee sich heimlich treffen? Er fragte sie, weil er annahm, dass sie Erfahrung in diesen Dingen hatte; und so war es auch. In den Zügen nahm man ein Abteil, und kein Mensch stellte irgendwelche Fragen. Was die Hotels anging, so stieg man in den vornehmsten Häusern ab und ließ die wissen, wer man war, dann bekam man anstandslos benachbarte Suiten mit einer Verbindungstür. Er solle sich Verne und Annabelle anschauen, sagte Vee; wenn es ihnen passte, wohnten sie in Angel City ganz ungeniert im ersten Haus am Platze, und keiner machte einen Mucks, weder die Hotelleitung noch die Zeitungen. Mehr als
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