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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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das hatte sie Bunny geschrieben. Er besuchte sie und hatte größte Mühe, sich seine Bestürzung über ihr Aussehen nicht anmerken zu lassen. Ein schreckliches Beispiel dafür, was geschah, wenn eine Frau ihrem Verlangen nach anständigen Mahlzeiten nachgab! Mamma hatte zugenommen, bis sie rund war wie eine Butterkugel und so weich, dass sie an einem heißen Tag wie heute fast zerfloss. «Verführerisch, vollschlank und vierzig» heißt es ja; und die Ärzte fügen noch hinzu: «… und Gallensteine», aber das wusste Bunny nicht und Mamma auch nicht. Ihm zu Ehren war sie wie eine Königin gekleidet, und ihr Pudel passte zu ihrer Figur – hätte Vee gesagt. Ihr Ehemann war Juwelier und schien seine Frau als Safe zu benutzen. Sie bestand darauf, Bunny einen Brillantring zu schenken, und als er ihr von dem Streik erzählte, schenkte sie ihm noch einen, den sollte er für die Streikkasse verkaufen. Ölmänner seien grausam, sagte Mamma – und wer wüsste das besser als sie!
    7
    Dad erledigte die Geschäfte, die ihn an die Ostküste geführt hatten. Er sprach nicht viel darüber, das war ungewöhnlich, und daran erkannte Bunny, dass sie nicht ganz hasenrein waren. Es dauerte nicht lang, da hatte er seinem Vater das Geheimnis entlockt. Es ging um die Pachtverträge im Zusammenhang mit den Ölreserven der Marine. Präsident Harding war ins Amt eingeführt worden und hatte wie geplant Barney Brockway zum Justizminister und Vernon Roscoes Protegé zum Innenminister ernannt. Bei Letzterem handelte es sich um Senator Crisby, einen alten Fuchs in der Partei, der Roscoe und O’Reilly einst geholfen hatte, eine mexikanische Regierung abzusägen und dafür eine andere einzusetzen; 98 sie hatten den Mexikanern mit einer amerikanischen Intervention gedroht, und dieser Crisby, damals Senator in Texas, hatte lauthals nach Krieg gebrüllt und hätte beinahe Erfolg gehabt. Er könne die Finger nicht von den Frauen lassen, sagte Dad, deshalb sei er ständig pleite und zu jeder Schandtat bereit.
    Jetzt sollte er den Ölmännern eine ganze Reihe wertvoller, praktisch kostenloser Pachtverträge zuschanzen; aber dazu musste erst einmal er selbst Geld extra bekommen. Überhaupt mussten eine Menge Männer eine Menge Geld extra bekommen. Das war das Problem bei Politikern: Man kaufte sie vor der Wahl, und nach der Wahl musste man sie noch einmal kaufen; sie waren nicht so verlässlich wie Geschäftsleute. Dad war hierhergereist, um einen Anwalt zu konsultieren, den Vernon für den bedeutendsten im ganzen Land hielt, und mit ihm eine kleine Aktiengesellschaft zu gründen, mittels derer man Regierungsbeamte legal kaufen konnte. Natürlich drückte Dad es nicht so plump aus, aber darauf laufe es doch hinaus, meinte Bunny hartnäckig, und wie das gehen solle? Dad antwortete, ein wirklich guter Anwalt bringe alles fertig. Es solle eine kanadische Firma werden, die nicht den Gesetzen der Vereinigten Staaten unterstellt sei, und wer ihre Aktien kaufe, bekomme am Ende die Pachtverträge. Das Problem sei nur, dass niemand genau wisse, wie viel die Pachtverträge wert seien, und Pete O’Reilly und Fred Orpan würden versuchen, Dad und Verne den Löwenanteil der Kosten zuzuschieben. Vernon sei wütend, wünsche, die beiden möchten zur Hölle fahren, und wolle, dass Dad eine Weile in New York bleibe, abwarte und sie austrickse. Ob Bunny sich entschließen könne, den Rest des Semesters zu schwänzen, vielleicht mit einem Tutor zu lernen und seine Prüfungen erst im Herbst abzulegen?
    Bunny sagte, die Universität sei ihm egal, ihn quäle nur eins: In was ließ sich Dad da mit dieser kanadischen Firma hineinziehen?
    Dad erwiderte, alles sei vollkommen in Ordnung, er habe den tüchtigsten Anwalt des Landes.
    Bunny fragte: «Bist du sicher, dass Verne dich nicht reinlegt?»
    Dad war empört. Wie Bunny nur auf einen solchen Gedanken komme, Verne sei doch der beste Geschäftsfreund, den Dad je gehabt habe! Der habe saubere Finger.
    «Ja, Dad, aber nicht, wenn er sie ins Öl taucht. Und wieso erledigt er seine Bestechungen nicht selbst? Warum ist er nicht auch nach New York gefahren?»
    «Verne muss doch mit diesem Streik fertigwerden, mein Junge; du weißt, er kann jetzt nicht weg. Er hat mir das abgenommen; sei froh!» Und treuherzig fügte er hinzu, dass die Ölmänner ihn nicht mit der Gewerkschaft verhandeln ließen, weil er «zu lasch» sei. Dieses Wort kam Bunny bekannt vor.
    Es stellte sich heraus, dass Vee und Dad die Köpfe zusammengesteckt

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