Öl!
ihm alles Geld überlassen, was sie haben, damit die Heiden bekehrt werden – wir haben nämlich Missionen in England, Frankreich und Deutschland und solchen gottlosen Ländern, und Pap verspricht immer mehr, wie er hat, und muss es dann hergeben, weil’s ihm nicht mehr gehört, verstehst du, es gehört dann schon dem Heiligen Geist. Deshalb bin ich abgehauen.»
Wieder herrschte eine Weile Schweigen, dann fragte Paul: «Wegen was sind da so ein Haufen Leute drin?»
«Es geht um den Ölpachtvertrag; hast du nicht vom Öl gehört?»
«Doch, wir haben gehört, dass sie Öl gefunden haben. Auf unsrer Ranch soll’s auch Öl geben – zumindest hat mein Onkel Eby immer gesagt, dass er Anzeichen dafür gefunden hat, aber er ist tot, und ich hab nie was davon gesehen. Außerdem glaub ich nicht dran, dass unsere Familie jemals Glück haben wird. Allerdings soll Tante Allie hier ja jetzt bald ganz reich werden.»
Bunny schoss plötzlich ein Bild durch den Kopf – Mrs Groarty mit ihren üppigen Armen und Brüsten in dem glänzenden gelben Satinkleid. «Sag mal», fragte er, «wälzt sich deine Tante auch am Boden?»
«Du liebe Zeit, nein!», rief der andere. «Sie hat einen Katholiken geheiratet, Pap nennt sie die Hure von Babylon 9 , und wir dürfen nicht mehr mit ihr reden. Aber sie ist nett, und ich weiß, sie würd mir was zu futtern geben, deshalb bin ich hergekommen, wie ich keine Arbeit gefunden hab.»
«Warum hast du keine Arbeit bekommen?»
«Weil dir jeder was vorpredigt und dich wieder heimschicken will.»
«Warum hast du denn davon erzählt?»
«Das musst du. Sie fragen, wo du wohnst und wieso du nicht daheim bist, und lügen will ich nicht.»
«Aber du kannst doch nicht verhungern!»
«Lieber verhunger ich, als dass ich zum Gauner werd. Wie ich mit Pap Krach hatte, hat er gesagt, wenn man von der Heiligen Schrift abirrt, holt einen der Teufel, und dann lügt man und betrügt und spielt und treibt Unzucht. Und ich hab gesagt: ‹Ich werd’s dir beweisen. Ich glaub, ein Mensch kann auch ohne Teufel anständig sein.› Das hab ich mir vorgenommen, und ich werd’s ihm beweisen. Ich werd’s Tante Allie zurückzahlen, also hab ich dieses Essen nur geborgt.»
Bunny streckte die Hand im Dunkeln aus. «Da», sagte er.
«Was ist das?»
«Geld.»
«Nein, ich will kein Geld. Erst wenn ich es selber verdien.»
«Hör zu, Paul, mein Dad hat einen Haufen Geld, und er gibt mir, so viel ich will. Er ist hierhergekommen, um diesen Block von deiner Tante zu pachten, und das bisschen wird ihm nicht abgehen.»
«Nein, ich will nicht zum Schnorrer werden, dafür bin ich nicht weggelaufen. Du glaubst, weil ich mir aus der Speisekammer von meiner Tante was zum Essen geholt hab …»
«Nein, ich glaube gar nichts! Du kannst es als Darlehen bezeichnen, wenn du willst.»
«Steck dein Geld wieder ein», sagte der andere mit einem Anflug von Schärfe in der Stimme. «Ich werd nix als Darlehen bezeichnen, und du hast schon genug für mich getan, vergiss es also.»
«Aber, Paul …»
«Tu, was ich sag!»
«Dann komm morgen ins Hotel und iss mittags mit mir.»
«Nein, ich kann in kein Hotel, ich schau nicht manierlich aus.»
«Aber das macht doch nichts, Paul.»
«Das macht schon was! Dein Dad ist ein reicher Mann, der kann kein Bauernkind in seinem Hotel brauchen.»
«Das ist Dad egal, ehrlich! Er sagt, ich kenne nicht genug andere Jungen, ich wär immer allein und würd viel zu viel lesen.»
«Ja, aber solche Jungen wie mich würd er nicht haben wollen.»
«Er will, dass ich arbeite, Paul – ehrlich, du kennst Dad nicht. Er fände es gut, wenn du kämst, er fände es gut, wenn wir Freunde würden.»
Wieder schwieg Paul, während er diesen Vorschlag erwog, und Bunny wartete ängstlich wie auf ein Gerichtsurteil. Er mochte diesen Jungen! Er war noch nie einem Jungen begegnet, den er so mochte. Aber mochte der Junge auch ihn?
Wie es das Schicksal wollte, wurde das Urteil nie gesprochen. Paul sprang plötzlich auf die Füße und rief: «Was ist das?»
Bunny sprang ebenfalls auf. Aus Mrs Groartys Haus war Geschrei zu hören, das die Hammerschläge und Arbeitsgeräusche in der Umgebung übertönte. Die Rufe wurden lauter und immer lauter, und die Jungen flitzten zu dem offen stehenden Fenster.
Drinnen waren alle auf den Beinen, und alle schienen gleichzeitig zu schreien. Es war unmöglich, in dem Gewühl viel zu erkennen, aber direkt am Fenster führten zwei Männer ein kleines Drama auf: Mr Sahm, Stuckateur,
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