Öl!
Strohhut, und während er rasch an ihnen vorüberschritt, starrte er sie finster an und nickte kaum als Antwort auf Dads freundliches «Guten Abend». Dad sagte: «Komischer Kauz», und Bunny behielt ein ernstes Gesicht mit einer großen, markanten Nase und einem breiten Mund mit hängenden Mundwinkeln in Erinnerung.
Sie fuhren weiter zu ihrem Lager, machten Feuer und kochten sich ein fantastisches Abendessen, eine Pfanne mit Wachteln und Speck, dazu heißen Kakao, Toast von dem Brot, das Meelie und Sadie mitgebracht hatten, und Dosenpfirsiche, die Bunny eingekauft hatte. Nach dem Essen sah Bunny Ruth drüben beim Ziegenpferch stehen, und er schlenderte zu ihr hinüber. Sie blickte sich ängstlich um, ob nicht jemand in der Nähe war, dann flüsterte sie: «Paul war hier!»
Bunny fuhr zusammen. «Paul?», fragte er verblüfft. Und dann kam ihm blitzartig die Erkenntnis. «Das war Paul, dem wir auf der Straße begegnet sind!»
Er beschrieb Ruth sein Aussehen, und sie meinte, ja, das sei Paul gewesen, er sei «getrampt», um sie wie versprochen zu besuchen, und habe ihr fünfzehn Dollar mitgebracht, von seinem Lohn abgespart. «Ich habe gesagt, das brauchen wir jetzt nicht mehr, aber er hat es dagelassen.»
Da rief Bunny: «Oh, warum ist er nicht stehengeblieben und hat mit Dad und mir geredet? Er hat uns kaum zugenickt!»
Ruth war sichtlich verlegen; es war nicht leicht, ihr weitere Worte über Paul zu entlocken. Aber Bunny blieb hartnäckig; er wolle Paul unbedingt kennenlernen, sagte er, und ihm komme es so vor, als würde Paul ihn nicht mögen. Erst das bewegte Ruth, ihm zu erzählen, was Paul gesagt hatte. «Er war außer sich, weil Pap die Ranch verkauft hat. Er sagt, das hätten wir nicht tun dürfen.»
«Aber was hättet ihr denn machen sollen?»
«Er sagt, wir hätten die Ziegen verkaufen, die Bank bezahlen und Erdbeeren anpflanzen sollen, so wie andere Leute hier in der Gegend. Wir hätten zurechtkommen und unabhängig bleiben können …»
«Paul ist so stolz!», rief Bunny. «Er weigert sich, Hilfe anzunehmen!»
«Nein, darum geht es eigentlich nicht», sagte Ruth.
«Worum denn dann?»
«Na ja, es ist nicht gerade höflich, wenn ich es weitersage …» Wieder war Ruth verlegen.
«Worum geht es denn, Ruth? Ich möchte Paul so gern verstehen.»
«Also, er sagt, dein Pap ist ein großer Ölbaron, und er sagt, auf dieser Ranch gibt es Öl, und du weißt das, weil er es dir erzählt hat.»
Nun herrschte Schweigen.
«Ist dein Pap ein Ölbaron?»
Bunny zwang sich zu einer Antwort. «Dad ist Geschäftsmann, er kauft Land und alles Mögliche andere. Er hat eine Gemischtwarenhandlung und verkauft Maschinen und verleiht Geld.» Das war es, was zu sagen Dad ihm aufgetragen hatte, und es war, wie wir wissen, die reine Wahrheit; dennoch kam sich Bunny wie ein Lügner vor. Er führte Ruth in die Irre – die sanfte, unschuldige, vertrauensselige Ruth mit den offenen, ehrlichen Augen und dem freundlichen, lieben Gesicht, Ruth, die unfähig war zu gehässigen Gedanken oder einer selbstsüchtigen Regung, deren ganzes Leben ein einziges, unentwegtes Opfer für den geliebten Bruder sein sollte! Oh, wie war es nur so weit gekommen, dass er Ruth etwas vormachen musste?
Wieder sprachen sie über Paul. Er hatte fast den ganzen Nachmittag oben in den Bergen gesessen und seiner Schwester von sich erzählt. Er kam ganz gut zurecht; er hatte eine Stelle bei einem alten Juristen, den es nicht störte, dass er von zu Hause weggelaufen war, sondern der ihm sogar half, sich zu verstecken. Dieser Mann war ein sogenannter Freigeist – er fand, jeder Mensch habe das Recht zu glauben, was er wolle. Paul war sein Gärtner und Hausmeister, der alte Rechtsanwalt gab ihm Bücher zum Lesen, und Paul konnte sich weiterbilden. Es klang wunderbar und schrecklich zugleich – Paul hatte ein Buch über die Bibel gelesen, in dem es hieß, sie sei eigentlich nur ein altes hebräisches Geschichts- und Märchenbuch, voll von Widersprüchen, Mord und Totschlag, Unzucht und allerlei anderem, was man unmöglich Gottes Wort nennen könne. Paul wollte, dass Ruth es auch las, und Ruth machte sich schreckliche Sorgen – aber Bunny merkte, dass sie sich um Pauls Seele sorgte, nicht um ihre eigene.
Dann ging Bunny zurück zu Dad und erzählte ihm, es sei Paul gewesen, dem sie auf der Straße begegnet seien, und Dad sagte «So?» und wiederholte: «Komischer Kauz.» Dad interessierte das nicht, er hatte nicht die leiseste Ahnung von Bunnys
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