Öl!
organisierten Arbeitern Ärger gehabt, und das hat sie verbittert. Sie sagen …» Und Dad zählte einzeln die Argumente auf, die sie ihm ins Gesicht geschleudert hatten: Gewerkschaften bedeuteten Bestechung, Gewerkschaften bedeuteten «Betriebsstörungen», Gewerkschaften bedeuteten Unordnung und Streiks, Gewerkschaften bedeuteten Sozialismus.
«Und was machen sie jetzt, Dad?»
«Sie lassen einfach keine Gewerkschaft zu, das ist alles. Ich hab gesagt: ‹Das sieht ganz so aus, wie wenn unser Verband Streikbrecher organisieren würde.› Und Fred Naumann – das ist der Vorsitzende – hat mich angeblafft: ‹Sie sagen es!› Es wird also Streikbrecher geben, falls, sobald und solang es auf den Ölfeldern Streik gibt, so hat es Raymond ausgedrückt, der Vizepräsident von Victor. Und Ben Skutt musste auch noch seinen Senf dazugeben …»
«Ben Skutt ?»
«Ja, der war auch da, anscheinend stellte er irgendwelche ‹Nachforschungen› für den Verband an – ein höflicheres Wort für Bespitzeln. Er wusste ganz genau, was ich am Tag vorher unsern Männern versprochen hab, und er hat gefragt, ob ich überhaupt weiß, welche unselige Wirkung meine Haltung hat – sie würd bedeuten, dass man die Streikenden moralisch unterstützt. Ich hab Ben gesagt, dass ich mir normalerweise die Freiheit nehm, zu sagen, was ich denk, und ich würd sie mir auch in dieser Sitzung nehmen und auch in den Zeitungen, falls die mich fragen. Naumann hat nur spöttisch gelächelt: ‹Ich glaub kaum, dass die Sie befragen werden, Mr Ross.›»
Und tatsächlich, sie fragten Dad nicht, weder jetzt noch später. Die Sitzung sollte geheim bleiben – das hieß, dass die einzelnen Mitglieder nicht zitiert werden durften, nur der Vorsitzende oder ein anderer lieferte der Presse eine offizielle Erklärung, der zufolge die Versammlung beschlossen habe, gegenüber den Drohungen der Gewerkschaft hart zu bleiben. In dieser Zeit müsse jeder, der Amerika liebe, das Wohl des Landes gegen die Feinde von außen und innen verteidigen, so stand es in beiden Morgenzeitungen.
«Was wirst du tun?», fragte Bunny.
«Was kann ich tun, mein Sohn?» Dads Gesicht war grau und tief zerfurcht; er war es nicht gewohnt, so lange aufzubleiben, das wusste Bunny, und wahrscheinlich hatte er bis in die Morgenstunden wach gelegen und sich Sorgen gemacht.
Dennoch musste Bunny es ihm noch schwerer machen. «Sollen wir uns denn von diesen Kerlen den Betrieb führen lassen, Dad?»
«Es sieht so aus, als müssten wir das, mein Sohn. Ich bin finanziell nicht in der Lage, allein gegen alle andern zu spielen.»
«Bei all dem Öl, das du hast?»
«Ich habe eine Menge Öl, aber das meiste ist noch unter der Erde, und für diese Aufgabe bräuchte ich ein paar Millionen Dollar auf der Bank.»
Dad erklärte nun, wie moderne Geschäfte abliefen. Ein Mann hatte nie genug Geld, ganz egal, wie viel er besaß; er griff immer nach vorn, machte sozusagen mit der Zukunft Geschäfte. Er legte Geld auf die Bank, und das gab ihm das Recht, mehr abzuheben, als er eingezahlt hatte; die Bank akzeptierte seinen «Wechsel», wie das hieß. Dad bohrte eine Menge neuer Bohrlöcher, er kaufte Maschinen und Material und bezahlte die Arbeiter im Voraus – alles im festen Vertrauen auf das Öl, das er im nächsten und übernächsten Monat fördern würde; er wusste, er bekam es, und die Banken vertrauten ihm wegen seines guten Rufs und seines Vermögens. Doch wenn Dad gegen den Verband ankämpfte, konnte er vergessen, dass es im Staat Kalifornien so etwas wie eine Bank gab, er musste alles bar bezahlen und alle Erschließungen stoppen und wäre, auf sich allein gestellt, nicht mehr in der Lage, seine Rechnungen zu bezahlen.
Bunny war bleich geworden, er hatte seinen Vater immer für einen der reichsten und unabhängigsten Männer im Staat gehalten. «Aber, Dad, dann gehört uns ja die eigene Firma nicht! Dann gehören uns nicht einmal unsere eigenen Seelen!»
Das brachte Dad auf eines seiner Lieblingsthemen. Geschäft sei Geschäft und kein Fünfuhrtee. Eigentum zu erwerben sei nicht leicht, und so mancher versuche, es einem wegzunehmen, das habe er seinem Sohn ja schon oft gesagt. Ohne Disziplin gebe es für Reichtum keine Sicherheit; reiche Männer müssten zusammenhalten. Das mochte hart klingen, wenn man es nicht verstand, aber das Leben war nun mal so. Zum Beispiel dieser Krieg da drüben in Europa, der war entsetzlich – schon bei dem Gedanken wurde einem ganz schlecht, aber es gab ihn nun
Weitere Kostenlose Bücher