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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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Lohn. Doch als Paul ihn festnagelte, gab Dad zu, dass er tatsächlich einem Verband angehöre und in dieser Hinsicht seine persönliche Freiheit geopfert habe. Es müsse für die Unternehmer eben gewisse Regeln geben, damit sie einander nicht die Kehle durchschnitten, und Dad war fair genug einzuräumen, dass er als Arbeiter vielleicht dasselbe Bedürfnis verspüren würde.
    Paul erfreute Dad mit der Bemerkung, wenn alle Unternehmer so fair wären wie Mr Ross, wäre es leicht, mit ihnen zu verhandeln, aber es sei nun einmal so, dass viele von ihnen nur auf Druck reagierten, und Druck könnten die Arbeiter einzig als Gruppe ausüben. Warum arbeiteten die Zimmerleute nur acht Stunden? Weil sie im ganzen Land organisiert waren, man bekam keine guten Zimmerleute zu anderen Bedingungen. Die Ölarbeiter hingegen waren unzureichend organisiert, deshalb gab es bei ihnen diese Zwei-Schichten-Regelung, eine unmenschliche Einrichtung, die auch der Grund dafür sei, dass die Männer Bunnys Leseraum nicht benutzten. Dies sagte Paul mit einem Lächeln, um seinen Worten den Stachel zu nehmen. Er wusste, dass es Bunny wehtat und Dad dabei auch nicht wohl zumute war. Dad konnte seinen Ölarbeitern keinen Achtstundentag genehmigen, selbst wenn er es wollte, weil der Erdölarbeitgeberverband ihm diesbezüglich seine persönliche Freiheit und seinen Unternehmungsgeist genommen hatte. Paul fuhr fort, der Verband werde sich diesem Thema in Kürze stellen müssen, denn die Ölarbeiter organisierten sich, und zwar hier in Paradise, wie Mr Ross ohne Zweifel wisse.
    Dad hatte schon davon gehört; er gab sogar zu, dass der Verband ihm Tagesberichte schicke, um ihn auf dem Laufenden zu halten. Aber er mache sich keine Sorgen; wenn seine Arbeiter eine Gewerkschaft wollten, werde er schon irgendwie damit zurechtkommen – er habe sein Leben lang versucht, fair zu sein, und die Männer wüssten das, zumindest die meisten. Paul antwortete, Mr Ross müsse die Grundtatsache sehen, dass die Kosten in allen Bereichen gestiegen seien, seit in Europa Krieg herrsche; auch der Ölpreis steige, aber der Arbeitgeberverband halte an dem alten Tarif fest, und das sei nicht fair, das sorge für Unruhe. Die Unternehmer, die die Gewerkschaften bekämpften, seien kurzsichtig, denn damit trieben sie die Männer nur den IWW in die Arme, den «Industrial Workers of the World» 28 . Dad erschrak, denn die «Wobblies», wie sie genannt wurden, standen im Ruf, gefährliche Leute zu sein, geradezu Anarchisten, die sich die Bohrlöcher aneignen und sie im Namen der Arbeiter selbst betreiben wollten; es gab schreckliche Gerüchte über etwas namens «Sabotage», denen zufolge die Arbeiter, wenn sie keinen in ihren Augen gerechten Vertrag bekamen, die Unternehmer abstraften, indem sie deren Eigentum beschädigten, ja sogar Bohrlöcher in Brand setzten. Gab es tatsächlich IWW auf dem Gelände? Paul antwortete, es wäre nicht fair, wenn er die Männer nennen würde, das würde ihn zum Spitzel machen, aber die Wobblies seien in der Tat auf jedem Ölfeld und in jedem Industriezweig zu finden, man könne sie nicht raushalten, man könne nur durch eine anständige Politik ihren Einfluss gering halten.
    Paul hatte das Problem von Kapital und Arbeit studiert, wie er alles studierte, was ihm in die Finger kam. Er hatte Bücher gelesen, von denen Bunny noch nicht einmal den Titel gehört hatte – die kamen in der Highschool nicht vor, denn, so erklärte Paul, sie veranschaulichten die Seite der Arbeiterschaft. Paul hatte mit einem Vertreter der Ölarbeitergewerkschaft gesprochen, einem ausnehmend klugen Mann, der seit Jahren auf Ölfeldern arbeitete und die Bedingungen genau kannte. Bunny war ungeheuer interessiert und sagte, den Mann würde er gern kennenlernen, ob Dad das nicht auch wolle? Dad gab die Antwort, die er zurzeit immer gab: Er stecke bis zum Hals in Arbeit wegen der neuen Rohrleitung und der Geschichte mit der Raffinerie, aber später, ja, da würde es ihn vielleicht schon interessieren. Dad machte sich immer vor, dass er irgendwann in der Zukunft Zeit haben würde!
    Bunny dagegen konnte seinethalben so viele Gewerkschafter treffen, wie er wollte; er würde in seinem Leben bestimmt noch mit vielen verhandeln müssen. Paul sagte, Tom Axton sei zwar angeblich inkognito hier, aber in Wirklichkeit würden ihn alle Bosse kennen, erst gestern sei er bei Excelsior Pete rausgeflogen. Er werde bestimmt gern mit Bunny reden, es müsse nur klar sein, dass dies nicht sein Recht

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