Öl!
Arbeitgeber entgegenzutreten, einem «großen» Mann, gerüstet mit der Zauberwaffe Geld.
Der Streik wurde für Mittwochmittag ausgerufen, und alle Männer marschierten singend aus dem Gelände hinaus. Nur ein Zehntel waren der Gewerkschaft beigetreten, aber sie zogen ab bis auf den letzten Mann – mit den wenigen, die vielleicht gern geblieben wären, hätte man die Bohrlöcher ohnehin nicht betreiben können. Sie sperrten den Durchfluss, räumten alles ordentlich auf und marschierten nach Paradise, wo eine Massenkundgebung stattfand. Auf diesem Ölfeld arbeiteten fast dreitausend Mann, und alle kamen, dazu die meisten Stadtbewohner und mehrere Rancher; offenbar gehörte die Sympathie der Gemeinde ganz den Arbeitern.
Tom Axton hielt eine Rede, in der er die Beschwerdegründe der Männer darlegte und ihnen anhand eigener Erfahrungen klarmachte, wie man einen Streik organisierte. Vor allem dürften sie sich das Wohlwollen der Öffentlichkeit nicht verscherzen; sie müssten sich ans Gesetz halten und jedes Anzeichen von Chaos vermeiden; dies werde nicht leicht sein, denn der Arbeitgeberverband sei genauso gut informiert wie die Streikführer und werde alles Erdenkliche tun, um gewalttätige Ausschreitungen zu provozieren. Zu diesem Zweck würden sogenannte «Wachmänner» entsandt, und denen aus dem Weg zu gehen sei die schwierigste Aufgabe der Streikenden. Wenn man Axton Glauben schenken wollte, war das bei jedem Streik so; die Wachmänner, üble Gesellen aus der Unterwelt, würden von den großen Detektivbüros in der Stadt angeheuert und mit einer Pistole für die Gesäßtasche ausgerüstet. Ob die Whiskeyflasche in der anderen Tasche von den Arbeitgebern zur Verfügung gestellt wurde oder ob die Männer sie selbst kauften, wusste Tom Axton nicht. Jedenfalls würden sie lastwagenweise hierhergekarrt. Unterwegs hielten sie in San Elido an, im Büro des Sheriffs, das zu diesem Zweck Tag und Nacht geöffnet sei, würden alle auf einmal als Hilfssheriffs vereidigt und erhielten ein silbernes Abzeichen für den Rockaufschlag, und von da an sei alles, was sie täten, gesetzeskonform. Ein paar solche Hilfssheriffs standen in der Nähe und hörten sich Axtons Rede an – unnötig zu sagen, dass sie keinen Gefallen daran fanden.
Der Gewerkschaftsvorsitzende, der gekommen war, um den Streik zu leiten, hielt ebenfalls eine Rede, desgleichen der Gewerkschaftssekretär und der Führer der Zimmerergewerkschaft – es konnte gar nicht genug Reden geben, denn die Männer waren voller Begeisterung und aufgeschlossen für neue Ideen; es war eine Unterrichtsstunde im Fach Solidarität. Sie traten zu Hunderten der Gewerkschaft bei und zahlten den Beitrag aus ihren dürftigen Ersparnissen. Ausschüsse wurden gebildet und machten sich in einer alten Scheune, die man als Hauptquartier angemietet hatte, an die Arbeit. Es war der einzige einigermaßen große Raum, der bei dem derzeitigen Ölfieber zu haben war. Das Gebäude war brechend voll, es herrschte ein Kommen und Gehen und ziemliches Durcheinander, denn Funktionäre und freiwillige Helfer arbeiteten, als seien dem menschlichen Organismus Ruhe oder Schlaf unbekannt. Sie suchten nach kurzfristigen Unterkünften, denn nicht viele Ölbosse waren so großzügig, den Streikenden Unterschlupf zu bieten. Die Gewerkschaft hatte eine Menge Zelte bestellt und brauchte noch mehr, wenn die Mietverträge in den firmeneigenen Hütten ausliefen. Zum Glück hatten die meisten Männer ihre Familien nicht bei sich – der Ölarbeiter ist ein Zugvogel; wenn er zu einem neuen Feld weiterzieht, muss er ziemlich lange arbeiten, bis er genug Geld gespart hat, um Frau und Kinder nachkommen zu lassen.
Bunny fuhr am Samstagmorgen hin; zu diesem Zeitpunkt war der erste Begeisterungstaumel schon verflogen. Es war ein regnerischer Tag, die Männer hatten keinen Versammlungsort und drängten sich in kleinen Gruppen unter Hauseingänge oder Planen, wo immer sich ein frei zugängliches Schutzdach fand. Sie sahen etwas melancholisch drein, als fänden sie das Streiken nicht ganz so romantisch wie erwartet. Vor den Ölgrundstücken vor allem der großen Konzerne sah man Männer in Gummimänteln und -hüten auf und ab schreiten und argwöhnisch unter der Krempe hervorlugen; einige trugen Gewehre über der Schulter wie Schildwachen. Bunny fuhr zum Gelände seines Vaters, dort bot sich dasselbe Schauspiel, und es schnitt ihm ins Herz – es war die Verkörperung jenes Hasses in der Wirtschaft, der ihm so wehtat und
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