Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Öland

Öland

Titel: Öland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
Vom Netzwerk:
Wochen Sommerferien wieder aufs Festland fuhren.
    Aber wir haben nicht Sommer, ich muss bald nach Hause
     fahren, dachte Julia an der Tür stehend, die Autoschlüssel in
     der Hand. Laut sagte sie zu Gerlof:
    »Lena und ich haben immer in einem Etagenbett geschlafen, wenn wir hier waren … Ich lag oben.«
    Gerlof nickte.
    »Es war schon eng in den Ferien, wenn wir alle da waren,
     aber es hat sich keiner beschwert.«
    »Nein. Ich erinnere mich auch nur daran, wie toll es mit
     unseren Cousinen und Cousins war, den ganzen Sommer …
     Es schien immer die Sonne, zumindest in meiner Erinnerung«, sagte Julia und sah auf die Uhr. »Aber jetzt sollten wir
     schlafen gehen …«
    »Jetzt schon?«, fragte Gerlof und rückte die Seekarte gerade. »Hast du gar keine Fragen?«
    »Fragen?«, wiederholte Julia erstaunt.
    »Ja«, Gerlof zog den Schutzbezug des Sessels ab und legte
     ihn zusammen.
    »Frag doch einfach!«, forderte er sie auf.
    Er setzte sich schwerfällig hin, aber in diesem Augenblick
     klingelte Julias Handy in ihrer Jackentasche im dunklen Flur.
    Das digitale Geräusch klang fehl am Platz in der Stille, und
     sie ging schnell hin.
    »Hallo, hier ist Julia?«
    »Hallo, wie geht’s?« Es war Lena, die Einzige, die ihre Handynummer kannte. »Bist du gut angekommen?«
    »Ja, bin ich.«
    Was sollte sie noch sagen? In der dunklen Fensterscheibe
     betrachtete sie das Spiegelbild ihres angespannten Gesichts
     und wollte ihrer Schwester eigentlich nichts von dem erzählen, was bisher geschehen war. Nichts von Jens’ Sandale und
     auch nichts von dem Todesfall im Steinbruch.
    »Hier ist alles in Ordnung«, sagte sie schließlich.
    »Hast du Gerlof getroffen?«
    »Ja, wir sind gerade im Sommerhaus.«
    »In Stenvik?«, fragte Lena. »Ihr werdet da ja wohl nicht
     übernachten?«
    »Doch«, erwiderte Julia. »Wir haben das Wasser aufgedreht
     und den Strom angestellt.«
    »Papa darf aber nicht kalt werden«, sagte Lena streng.
    »Das wird ihm schon nicht«, reagierte Julia verunsichert,
     schämte sich und schämte sich anschließend dafür, dass sie
     sich schämte. »Wir sitzen hier und unterhalten uns … Was
     wolltest du denn?«
    »Nun … Es geht um das Auto. Marika hat angerufen, sie will
     wahrscheinlich nächstes Wochenende zu einem Theaterkurs
     in Dalsland fahren, und dafür bräuchte sie das Auto. Ich habegesagt, das klappt … Du bleibst doch nicht länger auf Öland,
     oder?«
    »Ich bleibe noch ein bisschen«, antwortete Julia.
    Marika war Richards Tochter aus erster Ehe. Marika und
     Lena hatten sich nie gut verstanden, aber offensichtlich gut
     genug, dass sie sich Lenas Wagen leihen durfte.
    »Wie lange denn?«
    »Schwer zu sagen … Ein paar Tage.«
    »Wie bitte, wie lange?«, rief Lena. »Drei Tage, okay? Dann
     kommst du am Sonntag mit dem Wagen vorbei?«
    »Am Montag«, sagte Julia schnell.
    Welchen Wochentag Lena auch genannt hätte, sie hätte
     immer noch einen draufgelegt.
    »Komm bitte, so früh es geht, ja?«, sagte Lena.
    »Ich versuche es«, versprach Julia. »Lena …«
    »Prima. Grüß Papa, Tschüss dann.«
    »Lena … Warum hast du das Foto von Jens in die Kommode
     gelegt?«, fragte Julia schnell.
    Aber Lena hatte schon aufgelegt.
    Julia stellte ihr Telefon aus und seufzte.
    »Wer war denn dran?«, fragte Gerlof.
    »Deine andere Tochter«, antwortete Julia. »Ich soll schön
     grüßen.«
    »Aha«, sagte Gerlof. »Will sie, dass du zurückkommst?«
    »Ja. Sie will mich im Auge behalten.«
    Julia setzte sich zu Gerlof ins Wohnzimmer. Ihr Holundertee mit Honig stand auf dem Tisch. Er war mittlerweile fast
     kalt geworden, aber sie trank ihn trotzdem.
    »Macht sie sich Sorgen um dich?«, fragte Gerlof.
    »Ein bisschen«, antwortete Julia.
    Auf jeden Fall Sorgen um ihr Auto, dachte Julia.
    »Hier ist es sicherer als in Göteborg«, behauptete Gerlof
     und lächelte.
    Aber dann schien er sich zu erinnern, was am Morgenim Steinbruch geschehen war, und sein Lächeln verschwand.
     Er sah zu Boden und schwieg. Auch Julia sagte kein Wort.
    Langsam wurde die Luft im Wohnzimmer wärmer.
     Draußen war es stockfinster. Es war kurz vor neun. Julia
     überlegte, ob es Bettzeug gab. Eigentlich müsste welches
     da sein.
    »Ich habe keine Angst vor dem Tod«, sagte Gerlof plötzlich.
     »Als ich jung war und zur See fuhr, hatte ich große Angst davor, Angst, auf Grund zu laufen oder gegen eine Mine zu fahren, Angst vor Stürmen, aber jetzt bin ich zu alt dafür … Und
     der Großteil

Weitere Kostenlose Bücher