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Öland

Öland

Titel: Öland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Alvar getötet hat … Sind damals viele
     nach Öland gekommen?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete Astrid. »Es waren insgesamt
     wohl nur ein paar Hundert, denen es gelungen ist; nur wenige haben die Flucht aus dem Baltikum überlebt, aber die
     meisten sind an der småländischen Küste an Land gegangen.
     Sie wollten heim, nach Deutschland und so. Aber Schweden
     hatte Angst vor Stalin, darum hat man sie zurückgeschickt.
     Das war ziemlich feige, aber davon haben Sie bestimmt schon
     einmal gehört.«
    »Ja, aber das ist ziemlich lange her«, sagte Julia.
    Sie hatte eine vage Erinnerung, dass sie in ihrer Schulzeit
     etwas über Kriegsflüchtlinge aus Russland gehört hatte, aber
     schwedische oder öländische Geschichte hatte sie damals
     nicht interessiert.
    »Und was haben Sie sonst noch in Marnäs erlebt?«, bohrte
     Astrid weiter.
    »Ich war mit diesem Polizisten essen«, antwortete Julia.
    »Lennart Henriksson.«
    »Ach«, sagte Astrid. »Ja, das ist ein netter Kerl. Und so gut
     aussehend.«
    Julia nickte.
    »Haben Sie mit ihm auch über Nils Kant gesprochen?«
    Julia schüttelte erst den Kopf, dachte dann nach und sagte:
    »Ich habe erwähnt, dass ich an Kants Grab gewesen bin.
     Aber wir haben nicht weiter darüber gesprochen.«
    »Es ist besser, ihn in Lennarts Gegenwart nicht zu erwähnen«, riet Astrid. »Das regt ihn immer so furchtbar auf.«
    »Warum das denn?«
    »Das ist eine alte Geschichte«, erwiderte Astrid und nahm
     einen Schluck aus ihrem Weinglas. »Lennart ist der Sohn von
     Kurt Henriksson.«
    Sie sah Julia an, als wäre damit alles erklärt.
    Aber Julia schüttelte nur verständnislos den Kopf.
    »Von wem?«, fragte sie.
    »Von dem Kriminalkommissar aus Marnäs«, erklärte Astrid.
     »Oder Landpolizeikommissar, wie es damals genannt wurde.«
    »Und was hat er getan?«
    »Er sollte Nils Kant für den Mord an den beiden Deutschen
     festnehmen«, sagte Astrid.

STENVIK, MAI 1945
    N ils Kant zersägt sein Gewehr.
    Er steht mit gebeugtem Rücken in dem heißen Holzschuppen, wo die Birkenscheite bis unters Dach gestapelt sind. Es
     sieht aus, als könnte der Holzstapel jederzeit über ihm zusammenstürzen. Auf dem großen Hackklotz liegt seine
     Husqvarna, deren Lauf fast durchgesägt ist. Nils hat seinen
     linken Stiefel auf den Gewehrkolben gestellt und zieht mit
     beiden Händen an der Bogenfeile. Langsam, aber sicher sägt
     er sich durch den Lauf und verscheucht ab und zu Fliegen,
     die im Schuppen surren und sich ständig auf sein verschwitztes Gesicht setzen wollen.
    Im Garten ist alles still. Seine Mutter Vera ist in der Küche
     und packt seinen Rucksack. Angespanntes Warten erfüllt die
     warme Frühsommerluft.
    Nils sägt und sägt, dann endlich hat sich das Blatt durch
     den letzten Millimeter Stahl gefressen, der Lauf löst sich und
     fällt mit einem kurzen, klingelnden Laut auf den Steinboden.
    Er hebt ihn auf, steckt ihn in ein kleines Loch am Boden
     des Holzschuppens und legt die Säge auf den Hackklotz zurück. Er nimmt zwei Schrotpatronen aus der Jackentasche
     und lädt das Gewehr.
    Dann verlässt er den Schuppen und stellt die Flinte in den
     Schatten neben der Tür.
    Er ist bereit.
    Seit den Schüssen in der Alvar sind vier Tage vergangen,
     mittlerweile wissen alle in Stenvik, was passiert ist. DEUTSCHE SOLDATEN TOT AUFGEFUNDEN – MIT SCHROTFLINTE
     HINGERICHTET, hat die Schlagzeile verkündet, die sich einmal quer über die Titelseite der gestrigen Ausgabe von Ölands-Posten gezogen hat. Die Überschrift ist so groß gewesen wie
     damals vor drei Jahren, als der Wald vor Borgholm aus der
     Luft bombardiert worden ist.
    Die Schlagzeilen lügen – Nils hat niemanden hingerichtet.
     Er ist in ein Feuergefecht mit zwei Soldaten geraten und hat
     gewonnen.
    Aber das sehen nicht alle so. Nils ist gestern Abend ins Dorf
     gegangen und auf dem Weg dorthin an den Windmühlen
     vorbeigekommen, wo er den stummen Blicken der Müller begegnet ist. Er hat kein Wort mit ihnen gewechselt, aber gespürt, dass sie hinter seinem Rücken über ihn geredet haben.
     Der Tratsch hat bereits begonnen. Und die Geschichten und
     Gerüchte darüber, was draußen in der Alvar passiert ist, verbreiten sich wie Ringe auf dem Wasser.
    Er geht ins Haus.
    Seine Mutter Vera steht schweigend am Küchentisch, kehrt
     ihm den Rücken zu. Er sieht, dass ihre Schultern unter der
     grauen Bluse vor Sorge ganz angespannt sind.
    Auch Nils findet für seine Befürchtungen keine Worte.
    »Es wird

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