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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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zum
Stillstand, zog sich zurück und schwemmte die Trümmer mit.
Eine Spur der Verwüstung, gezeichnet von Schutt und rechteckigen
Löchern blieb zurück. Ganze Gebäude waren einfach
verschwunden. Große Muschelbauten, die ungenügend
beschwert oder verankert gewesen waren, schwammen auf der
Oberfläche. Das Meer holte sich sein Eigentum wieder.
    Innerhalb der Bucht wurde die Flutwelle mehrmals reflektiert und
zerfiel in kleinere Brandungen, die nicht mehr so viel Schaden
anrichteten. Nach etwa einer Minute war wieder alles ruhig. Aber nach
Vaskos Schätzung war etwa ein Viertel von Lager eins einfach
nicht mehr da. Er konnte nur hoffen, dass die Bewohner der besonders
gefährdeten Uferstreifen vor allen anderen evakuiert worden
waren.
    Allmählich verblasste der grelle Lichtschein. Das Schiff war
jetzt hoch über ihnen, es gewann an Fahrt, wühlte sich
durch die dünneren Luftschichten und erreichte schließlich
das All. Ohne ihr markantes Wahrzeichen bot die Bucht einen
ungewohnten Anblick. Vasko hatte sein ganzes Leben hier verbracht,
doch jetzt erkannte er sie kaum wieder. Das war fremdes Territorium,
auf dem er sich nie wieder zu Hause fühlen würde. Doch er
hatte leicht reden. Er brauchte nicht zurückzukehren, um sich
zwischen den Trümmern ein neues Leben aufzubauen. Er nahm
bereits Abschied von Ararat, der Welt, die ihn zu dem gemacht hatte,
was er war.
    Der Sessel erwartete ihn. Er nahm Platz; das Rumpfmaterial
schmiegte sich an ihn und passte sich seiner Figur an. Kaum saß
er richtig, als das Shuttle seinerseits in Steilflug
überging.
    Sie hatten die Sehnsucht nach Unendlichkeit bald eingeholt.
Sein Gespräch mit Antoinette fiel ihm wieder ein. Er hatte
gefragt, ob der Captain wirklich fähig sei, Ararat zu verlassen.
Möglich sei es, hatte sie geantwortet, aber es wäre kein
schneller Start. Wie die meisten Raumschiffe dieser Art war das
Lichtschiff darauf ausgelegt, mit einem Ge konstant bis an die Grenze
der Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Doch Ararats Schwerkraft
lag auf Meereshöhe nur knapp unter einem Standard-Ge. Bei
normalem Schub vermochte sich das Schiff so weit gegen diese Kraft zu
behaupten, dass es eine feste Höhe halten konnte. Die Landung
war daher kein Problem gewesen: Es brauchte lediglich langsam und
kontrolliert der Schwerkraft nachzugeben. Mit dem Start war es
anders: Dabei hatte das Schiff nicht nur die Schwerkraft, sondern
auch den Luftwiderstand zu überwinden. Für Notmanöver
– bis zu zehn oder mehr Ge – war Reserveenergie vorhanden,
aber diese Reserven reichten nur für Sekunden, nicht für
viele Minuten, wie man sie brauchte, um in den Orbit zu gehen oder
planetare Fluchtgeschwindigkeit zu erreichen. Um Ararat zu verlassen,
mussten die Triebwerke also knapp über das normale Ein-Ge-Limit
gefahren werden, sodass sie einen leicht höheren Schub gaben,
ohne überlastet zu werden. Die
Beschleunigungsüberschreitung betrug etwa ein Zehntel Ge.
    Der Start wäre langsamer als bei der primitivsten chemischen
Rakete, hatte Antoinette gesagt, sogar langsamer als das bessere
Feuerwerk, mit dem man einst den ersten Astronauten (sie behauptete,
sein Name sei Neal Gagarin gewesen, und Vasko glaubte ihr) in den
Orbit geschossen hatte. Aber die Sehnsucht nach Unendlichkeit war um ein Vieltausendfaches schwerer als die schwerste chemische
Rakete. Und die alten chemischen Raketen mussten sehr schnell auf
Fluchtgeschwindigkeit kommen, weil sie nur Treibstoff für ein
paar Minuten Schub hatten. Die Sehnsucht nach Unendlichkeit konnte dagegen über viele Jahre beschleunigen.
    Ein Blick nach draußen zeigte ihm, dass das Lichtschiff ein
wenig schneller wurde, als es die dünneren Luftschichten
erreichte, aber das Shuttle konnte immer noch mühelos mithalten.
Alles schien so langsam vor sich zu gehen wie in einem Traum, aber
das war wohl ein gefährlicher Irrtum.
    Sobald absehbar war, dass der Flug zumindest für einige
Minuten glatt und kontrolliert verlaufen würde, verließ
Vasko seinen Sitz und ging nach vorne. Scorpio und der Pilot hatten
sich auf die Kontrollliegen geschnallt.
    »Irgendeine Nachricht von der Unendlichkeit?«, fragte Vasko.
    »Kein Wort«, antwortete der Pilot.
    »Hoffentlich ist Antoinette nichts passiert«, sagte
Vasko, bevor ihm einfiel, dass sich nach letzter Zählung noch
vierzehntausend weitere Menschen auf dem Lichtschiff befanden.
    »Sie kommt schon klar«, beruhigte ihn Scorpio.
    »In ein paar Minuten werden wir vermutlich wissen, ob die
Botschaft

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