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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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wünschte sich so weit
wie möglich davon weg.
    In diesem Panzer ist etwas, dachte sie. Und es musste mehr
sein als nur ein Mechanismus, um Konkurrenten das Fürchten zu
lehren.
    Eine Stimme ließ sich vernehmen. [Ja. Du hast Recht,
Rachmika. In diesem Panzer sind wir.]
    Rachmika stockte der Atem. Die Broschüre fiel ihr aus der
Hand. Sie hatte sich die Stimme nicht eingebildet. Sie war leise
gewesen, aber sehr klar, sehr deutlich. Und die fehlende Resonanz
verriet ihr, dass sie nicht irgendwo aus dem Zimmer kam, sondern aus
ihrem Kopf.
    »Ich will das nicht«, sagte sie laut, um vielleicht den
Zauber zu brechen. »Grelier, du Bastard, du hattest doch etwas
auf die Nadel gestrichen, nicht wahr?«
    [Die Nadel war sauber. Wir sind keine Halluzination. Wir haben
mit Quaiche oder seiner Heiligen Schrift nichts zu tun.]
    »Wer zum Teufel seid ihr dann?«, fragte sie.
    [Wer wir sind? Du weißt, wer wir sind. Unseretwegen hast
du die lange Reise unternommen. Wir sind die Schatten. Du wolltest
mit uns verhandeln. Weißt du es nicht mehr?]
    Sie stieß einen Fluch aus und schlug mit dem Kopf auf das
Kissen, das am Kopfende des Bettes lag.
    [Das hat doch keinen Sinn. Hör bitte auf, du tust dir
noch weh.]
    Sie fauchte nur und hämmerte sich mit den Fäusten gegen
die Schläfen.
    [Auch das wird nichts nützen. Rachmika, siehst du es denn
wirklich nicht ein? Du verlierst nicht den Verstand. Wir haben nur
einen Weg in dein Gehirn gefunden. Wir sprechen auch mit Quaiche,
aber er hat nicht so viele Maschinen im Kopf wie du. Bei ihm
müssen wir diskreter vorgehen. Wir können nur laut
flüstern, wenn er allein ist. Aber du bist anders.]
    »Ich habe keine Maschinen im Kopf. Und ich weiß auch
nichts von irgendwelchen Schatten.«
    Die Stimme veränderte Timbre und Resonanz, sodass es klang,
als flüsterte ihr ein kleiner, schüchterner Freund
Vertraulichkeiten ins Ohr.
    [O doch, du weißt von uns, Rachmika. Du erinnerst dich
nur noch nicht daran. Wir sehen all die Barrikaden in deinem Kopf.
Sie fallen allmählich ein, aber es wird noch ein Weilchen
dauern. Doch das macht nichts. Wir haben so lange gewartet, um einen
Freund zu finden. Wir können uns auch noch etwas länger
gedulden.]
    »Ich sollte wohl besser Grelier rufen«, sagte sie. Bevor
der Generalmedikus gegangen war, hatte er ihr gezeigt, wie die
pneumatische Gegensprechanlage funktionierte. Sie beugte sich vor.
Über dem Nachttisch war ein Gitter angebracht.
    [Nein, Rachmika], warnte die Stimme. [Tu es nicht. Er
wird dich nur genauer untersuchen, und das wäre dir sicherlich
nicht recht.]
    »Wieso nicht?«, fragte sie.
    [Weil er herausfände, dass du nicht bist, wofür du
dich ausgibst. Und das kannst du nicht wollen.]
    Ihre Hand zögerte über der Anlage. Warum nicht auf den
Knopf drücken und den Generalmedikus rufen? Sie konnte den
Dreckskerl nicht ausstehen, aber die Stimme in ihrem Kopf war ihr
noch mehr zuwider.
    Doch was sie gesagt hatte, erinnerte sie an ihr Blut. Im Geiste
sah sie vor sich, wie er ihr mit seiner Spritze die rote
Flüssigkeit aus dem Arm zog.
    [Ja, Rachmika, auch das gehört dazu. Du siehst es noch
nicht, aber wenn er die Probe analysiert, bekommt er einen Schock.
Vielleicht lässt er die Sache auf sich beruhen. Auf keinen Fall
sollte er mit einem Scanner in deinem Kopf herumkriechen. Dann
fände er nämlich die wirklich interessanten Dinge.]
    Ihre Hand verharrte immer noch über der Gegensprechanlage,
obwohl sie bereits wusste, dass sie den Knopf nicht drücken
würde. Die Stimme hatte Recht: Sie wollte wirklich nicht, dass
Grelier sich außer mit ihrem Blut auch noch mit ihr selbst
genauer beschäftigte. Sie konnte nicht sagen, warum, sie wusste
es nur, und das genügte.
    »Ich habe Angst«, sagte sie und zog die Hand
zurück.
    [Das brauchst du nicht. Wir wollen dir helfen,
Rachmika.]
    »Mir?«, fragte sie.
    [Euch allen], sagte die Stimme. Rachmika spürte, wie
sie sich zurückzog. Gleich würde sie wieder allein sein.
[Du müsstest uns nur einen kleinen Gefallen tun.]
    Dann war es vorbei. Rachmika versuchte zu schlafen.

 
Im interstellaren Raum

2675
     
     
    Scorpio schaute dem Techniker über die Schulter. An einer
Wand klebte ein großer flexibler Bildschirm, ein neues Produkt
der Replikatoren. Er zeigte einen Querschnitt durch das Schiff, eine
Kopie der letzten Version der von Hand gezeichneten Karte, mit der
sie die Manifestationen des Captains verfolgt hatten. Die Karte sah
allerdings eher wie eine vergrößerte Illustration aus
einem

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