Offenbarung
nach einer Antwort zu suchen. Als die Zeit kam, die
Sonde auf Haldora abzuschießen, baute Quaiche das cybernetische
Kontrollsystem, das für die Kommunikation mit der Sonde
gebraucht wurde, in den Panzer ein. So wurde er zu unserem
Gefängnis.]
»Ich kann euch nicht helfen«, wiederholte Rachmika.
[Du musst uns helfen. Der Panzer ist stark, aber die
Zerstörung der Morwenna wird er nicht überstehen.
Und ohne uns hast du niemanden mehr, mit dem du die Verhandlungen
führen kannst. Du könntest eine neue Verbindung aufbauen,
aber du weißt nicht, ob dir das gelingt. Inzwischen bist du den
Unterdrückern hilflos ausgeliefert. Sie kommen immer näher.
Viel Zeit bleibt nicht mehr.]
»Ich kann das nicht«, sagte sie. »Ihr verlangt zu
viel von mir. Ihr seid nur eine Stimme in meinem Kopf. Ich
werde es nicht tun.«
[Du wirst es tun, wenn du weißt, was gut für dich
ist. Wir wüssten gern noch sehr viel mehr über dich,
Rachmika, aber eines ist jetzt schon klar: Du bist ganz sicherlich
nicht das, wofür du dich ausgibst.]
Sie hob den Kopf vom Kissen und strich sich das strähnige,
feuchte Haar aus den Augen. »Und wenn schon?«
[Meinst du nicht, es wäre besser, wenn Quaiche davon
nichts erführe?]
Der Generalmedikus saß allein in seinem Privatbüro im Blutzoll-Offizium in einer der mittleren Etagen des
Glockenturms. Hier war er zu Hause, hier fühlte er sich wohl. Er
summte leise vor sich hin. Selbst das leichte Schlingern der Morwenna – es war stärker geworden, seit sie auf der
nicht planierten und mit Schlaglöchern übersäten
Straße fuhr, die zur Brücke führte – empfand er
als angenehm. Die ständige Bewegung steigerte seine Arbeitslust.
Er hatte seit vielen Stunden nichts gegessen. Seine Hände
zitterten vor Ungeduld, während er auf den Abschluss der Analyse
wartete. Quaiche am Leben zu erhalten, hatte ihn schon vor viele
Herausforderungen gestellt, aber diese intellektuelle Erregung hatte
er nicht mehr gespürt, seit er unter Königin Jasmina Herr
über die Körperfabrik gewesen war.
Er brütete schon lange über den Ergebnissen von Harbins
Blutuntersuchung. Er hatte in den Genen des Jungen nach einer
Erklärung für die Gabe gesucht, die sich bei dessen
Schwester so stark manifestierte. Nichts wies darauf hin, dass Harbin
in gleichem Maße hyperempfänglich für
Gesichtsausdrücke gewesen wäre, aber das konnte auch
bedeuten, dass die einschlägigen Gene nur bei seiner Schwester
aktiviert worden waren. Grelier wusste nicht genau, wonach er suchte,
aber er hatte eine ungefähre Vorstellung von den kognitiven
Bereichen, die davon betroffen sein müssten. Rachmika litt
sozusagen an inversem Autismus, an Stelle von tiefer
Gleichgültigkeit besaß sie eine überstarke
Sensibilität für die emotionale Befindlichkeit der Menschen
in ihrer Umgebung. Er hatte gehofft, bei einem Vergleich von Harbins
DNA mit der genetischen Datenbank des Blutzoll-Offiziums, die
nicht nur Proben der Bewohner von Hela, sondern auch Informationen
enthielt, die ihm von den Ultras verkauft worden waren, eine Anomalie
zu entdecken. Die Software müsste fähig sein, auch etwas
ausfindig zu machen, was nicht sofort ins Auge fiel.
Aber Harbins Blut war geradezu lächerlich normal, es gab
keinerlei Besonderheiten. Grelier war noch einmal in die Blutbank
gegangen und hatte die Zweitprobe geholt, für den Fall, dass es
bei der Etikettierung zu einer Verwechslung gekommen wäre. Doch
das Ergebnis war das gleiche: In Harbins Blut gab es keinen Hinweis
auf die ungewöhnlichen Eigenschaften seiner Schwester.
Vielleicht, überlegte Grelier, war die Anomalie nur in ihrem
Blut vorhanden, das Ergebnis einer statistischen Mischung der
Elterngene, die bei Harbin aus irgendeinem Grund nicht zum Tragen
gekommen war. Sollte sich aber ihr Blut als ebenso uninteressant
herausstellen, dann müsste er daraus den Schluss ziehen, dass
ihre Hypersensibilität erlernt war, eine Fähigkeit, die
jedermann erwerben konnte, wenn er den richtigen Reizen ausgesetzt
war.
Der Analysator meldete mit einem Klingelzeichen, dass er seine
Arbeit beendet hatte. Grelier lehnte sich zurück und wartete,
bis die Ergebnisse auf dem Bildschirm erschienen. Harbins Analyse
– Histogramme, Tortengrafiken, genetische und zytologische
Karten – standen schon bereit. Jetzt erschienen auch die Daten
von Rachmika Els’ Blut. Die Analysesoftware begann sofort, nach
Korrelationen und Abweichungen zu suchen. Grelier knackte mit den
Fingerknöcheln. Sein Gesicht spiegelte
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